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Energiekommissar verschweigt Subventionen für Atom- und Kohleenergie

Oettinger will wahre Kosten unter den Teppich kehren und läßt Subventionsbericht ändern

Ein Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zeigt auf, dass EU-Energiekommissar Günther Oettinger Vergleichszahlen zur Förderung von Atom- und Kohleenergie aus einem Subventionsbericht zur EU-Energiepolitik streichen ließ.

Ein früherer Entwurf der EU-Kommission, bezifferte die Förderung von erneuerbare Energien in den Mitgliedsstaaten im Jahr 2011 mit 30 Milliarden Euro. Atomkraft wurde im selben Jahr, noch ohne Einbeziehung von Haftungen mit 35 Milliarden Euro subventioniert, fossile Kraftwerke direkt mit 26 Milliarden Euro (indirekt 40 Milliarden Euro). Darüber hinaus ließ Oettinger in der neuen Version des Subventionsberichts das Ziel, eine übermäßige Förderung von Erneuerbaren zu verhindern, einfügen.

"Es besteht der dringende Verdacht, dass Oettinger auf direkten Zuruf der Atom- und Kohlelobby handelt, wenn er die Kosten dieser Energiequellen unter den Teppich kehrt und gleichzeitig die Förderung von Erneuerbaren in Frage stellt", ist Julia Kerschbaumsteiner, Energiesprecherin von Greenpeace, entsetzt. Erst am vergangenen Freitag haben sich die zehn mächtigsten Vertreter der Energiewirtschaft in der so genannten 'Magritte Gruppe', der unter anderem Vattenfall, E.ON und Enel angehören, dafür ausgesprochen, die Förderung von Erneuerbaren zu beenden, da diese zu einem "Überangebot" führten und so die Energiepreise zu stark senkten.

"Kommissar Oettinger muss sich endlich entscheiden, ob er Erfüllungsgehilfe der Atom- und Kohlelobby oder Förderer der Energiewende sein will. Subventionen für gefährliche und schmutzige Energie müssen eingestellt werden", fordert Kerschbaumsteiner.

Schluss mit 100-Milliarden-Subvention für schmutzige Energie!

Die heute aufgedeckte Affäre um den ganz offensichtlich geschönten Subventionsbericht macht einen viel größeren Skandal sichtbar: In den Mitgliedsstaaten der EU sind nicht die Zukunftstechnologien, sondern fossile und atomare Energieträger jene, die am höchsten gefördert werden.

Mit nicht weniger als 35 Milliarden Euro haben die Mitgliedsstaaten im Jahr 2011 die Atomenergie direkt subventioniert, weitere 26 Milliarden Euro wurden für fossile Kraftwerke bezahlt. Dazu kommen indirekte Subventionen von 40 Milliarden Euro für Atom und Fossil. Oberösterreichs Energielandesrat Rudi Anschober sagt: "Und in diese Unsummen sind die indirekten Subventionen für die Atomenergie durch lächerlich geringe Haftungssummen noch gar nicht eingerechnet. Gegen letzteres habe ich bereits Beschwerde bei der Kommission eingebracht. Noch im heurigen Jahr erwarte ich darüber eine Entscheidung. Die EU muss rigoros auf die Subventionsbremse steigen - zunächst mit einem vollständigen Ende für die Subvention von Fossil und Atom. Unter dieser elementaren Grundvoraussetzung ist anschließend schrittweise auch ein planbarer und berechenbarer Abbau der Unterstützung für Erneuerbare denkbar. Oettingers aktuelle Affäre ist ein Alarmruf, ein völlig fehlgeleitetes Energiesystem raschest zu reformieren - aus ökologischen und wirtschaftspolitischen Gründen. Österreichs Bundesregierung muss dazu eine sofortige Initiative in Brüssel starten."

Auch der Gegenwert der Haftungen muss berücksichtigt werden

FPÖ-Vizeparteiobmann und Energiesprecher NAbg. Norbert Hofer ist ebenfalls entsetzt. "Wir fordern die Aufnahme aller Subventionszahlungen an die AKW-Konzerne sowie aller Ausgaben im Rahmen der nötigen Haftpflichtversicherungen in den Subventionsbericht zur Energiepolitik."

Es müsse auch der Gegenwert der von der öffentlichen Hand übernommen Haftungen in den Subventionsbericht aufgenommen werden, erinnert Hofer in diesem Zusammenhang an den enormen Schaden, den der Gau in Fukushima bereits verursacht hat und auch noch künftig verursachen wird. "Risikotechnologien, wie auch die Agro-Gentechnik, dürfen weder direkt noch indirekt gefördert werden, handelt es sich doch gerade in diesen Bereichen um unerforschte Gefahren für die Zukunft unserer Kinder", verlangt Hofer.

Grüne. Oettinger ist rücktrittsreif

"EU-Energiekommissar Oettinger hat jahrelang gegen erneuerbare Energien gewettert, vor allem mit dem Argument zu hoher Kosten. Jetzt fällt sein Kreuzzug gegen saubere Ökoenergie wie ein Kartenhaus zusammen, weil seine eigenen BeamtInnen ihm vorrechnen, dass die Subventionen für Atomkraft und fossile Energie deutlich höher ausfallen als jene für erneuerbare Energien. Öttinger läßt die Zahlen einfach aus dem EU-Bericht streichen. Nach diesem Skandal der Sonderklasse ist der EU-Energiekommissar endgültig rücktrittsreif", sagen die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig und Energiesprecherin Christiane Brunner.

Sie fordern die noch amtierende Bundesregierung auf, unverzüglich auf EU-Ebene aktiv zu werden und für volle Transparenz und Kostenwahrheit bei Energieträgern einzutreten. Die von Oettinger veranlasste Streichung der Subventionszahlen soll rückgängig gemacht werden. Zudem soll die EU-Kommission endlich dafür sorgen, dass die Betreiber von Atomkraftwerken die vollen Kosten im Falle von Atomunfällen übernehmen müssen und nicht die SteuerzahlerInnen, wie das derzeit der Fall ist. Ein entsprechendes EU-Gesetz wurde nach dem Super-Gau von Fukushima versprochen, ist aber bis dato nicht umgesetzt. Haftpflichtversicherungen für Atomkraftwerke sind auch in den aktuellen Berechnungen nicht enthalten. Bestehende Versicherungen sind viel zu niedrig. So sind AKW in Frankreich zum Beispiel lediglich mit 200 Millionen Euro je Kraftwerk versichert. Der Unfall im wenig bevölkerten Fukushima wird laut Schätzungen um die 100 Milliarden Kosten verursachen.

Der aktuelle Bericht der EU-Kommission ("COMMUNICATION FROM THE COMMISSION - Delivering the internal electricity market and making the most of public intervention"), , soll nächste Woche als Grundlage für die weitere Ausrichtung der EU-Energiepolitik veröffentlicht werden. Im ursprünglichen Dokument war angegeben, dass im Jahr 2011 in den EU-27 erneuerbare Energien mit 30 Milliarden Euro, fossile Energien hingegen mit 66 Milliarden (26 Milliarden direkte Subventionen und 40 Milliarden indirekte Subventionen auf Grund nicht internalisierter Kosten für Gesundheit) und Atomenergie mit 35 Milliarden Euro subventiert wurde (die realen Kosten für AKW-Unfälle blieben dabei aber unberücksichtigt).


Ursprünglicher Entwurf der EU-Kommission

Neuer Entwurf der EU-Kommission



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /