Erste geförderte Sockelsanierung in Passivhausqualität

Innovatives Pilotprojekt in der Eberlgasse 3 in Wien-Leopoldstadt trägt zur Erreichung des Passivhausstandards bei

Bei dem Wohngebäude in der Eberlgasse handelt es sich um ein Gründerzeithaus, dessen einst gegliederte Straßenfassade durch einen Bombenschaden zerstört wurde. Dadurch ist es möglich, die Gebäudehülle entsprechend den Passivhausqualitätskriterien zu dämmen.

Neben den technischen Voraussetzungen ist bei diesem Projekt durch den besonderen Einsatz der Hauseigentümer auch die Akzeptanz der MieterInnen für die Sanierung in Passivhausqualität, die bauliche Eingriffe in allen Wohnungen notwendig macht, gegeben.

"Eine Sanierung in Passivhausqualität erfordert die Erfüllung besonderer Voraussetzungen. So müssen die entsprechenden technischen Maßnahmen möglich sein, vor allem aber müssen die Mieterinnen und Mieter, in deren Wohnungen Einbauten erforderlich sind, ihre Zustimmung dazu geben. Es freut mich daher ganz besonders, dass wir - auch dank des großen Engagements der Hauseigentümer, die den Mieterinnen und Mietern mit Rat und Tat zur Seite stehen - nun erstmals eine geförderte Passivhaussanierung in Wien durchführen können", erklärt dazu Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Die Stadt Wien unterstützt das Pilotprojekt, das 1,1 Mio. Euro kosten wird, durch einen Landeszuschuss mit rund 490.000 Euro sowie ein Landesdarlehen mit rund 257.000 Euro.

"Der Heizwärmebedarf im Wohngebäude Eberlgasse wird im Zuge eines ganzen Bündels an Maßnahmen um enorme 140,16 kWh/(m2a) - von 151,27 kWh/(m2a) auf den Passivhausstandard 11,11 kWh/(m2a) - gesenkt. Eine umfassende Evaluierung des Pilotprojekts wird weitere Erkenntnisse zur Passivhaussanierung bewohnter Gründerzeitgebäude liefern. Die Sanierungsmaßnahmen bei aufrechten Mietverhältnissen entsprechen somit nicht nur dem sozial orientierten und weltweit als vorbildlich geltenden Wiener Weg der Sanften Stadterneuerung, sondern fügen diesem nun ein weiteres Highlight hinzu", betont der Wiener Wohnbaustadtrat.

"Ein Highlight, das natürlich auch den 2. Bezirk - in dem in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche innovative geförderte Neubauprojekte, so u.a. am Areal des ehemaligen Nordbahnhofs, realisiert wurden, sehr freut. Dass wir nun auch die erste geförderte Passivhaussanierung Wiens verzeichnen können, sehe ich als weiteres Zeichen für die hohe Dynamik und Attraktivität des boomenden Wohnbezirks Leopoldstadt", zeigte sich Bezirksvorsteher Karl-Heinz Hora begeistert.

Andreas Kronberger, engagierter Miteigentümer, Projektentwickler und Bewohner des Hauses Eberlgasse 3 meint: "Das erste Gründerzeit-Passivhaus wird nicht nur den thermisch-energetischen Lückenschluss zum Neubau, sondern auch die Kombination der Vorteile eines Altbaus und Neubaus mit hohen Komfort- und Sicherheitsstandards, Barrierefreiheit sowie individuellen Freibereichen für jede Wohneinheit bieten. Darauf sind wir natürlich sehr stolz. Mein Ziel ist es zudem, die Einschränkungen für die Mieterinnen und Mieter während der Sanierung möglichst gering zu halten."
Der Weg vom Gründerzeit- zum Passivhaus

Tatkräftig unterstützt wird Andreas Kronberger während der Sanierungszeit vom Team des Bauphysikbüros Schöberl & Pöll GmbH sowie den ExpertInnen des wohnfonds_wien.

Der folgende Überblick über die wichtigsten Maßnahmen gibt einen Eindruck vom Umfang des innovativen Projekts:

100% der Wohnnutzfläche werden auf Kategorie A angehoben
sämtliche Fassaden werden instandgesetzt und wärmegedämmt
Rundumwärmedämmung des Lifts
Passivhausfenster und -Balkontüren werden eingebaut
die Kellerdecken werden mit einer Wärmedämmung versehen
eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit einem zentralen Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung (Rückgewinnungsgrad von 82%) wird eingebaut
für die Komfortlüftungsanlage wird in jeder Wohnung ein Installationsschacht sowie partiell, dort wo unbedingt notwendig, eine abgehängte Decke errichtet, um die Frischluftverteilung gewährleisten zu können
zusätzlich erfolgt der Einbau einer Grundwasser-Wärmepumpe für Warmwasser und Heizung
darüber hinaus wird eine Photovoltaikanlage am Dach zur Abdeckung des haushaltsbezogenen Strombedarfs der Dachgeschosswohnungen errichtet Maßnahmen, wie der Zubau eines Dachgeschosses mit 2 Wohnungen, die Zusammenlegung von vier auf zwei Wohnungen, der Zubau von sechs Balkonen sowie der Zubau eines Personenlifts runden die Sockelsanierung in Passivhausqualität ab.

Bestmögliche Unterstützung für die MieterInnen

Fünf Wohnungen werden im Rahmen einer sogenannten Huckepacksanierung - die Stadt Wien unterstützt die MieterInnen hierbei noch einmal durch günstige Darlehen - umfassend hinsichtlich des Wohnkomforts verbessert. Die MieterInnen können fast während der gesamten Dauer der Arbeiten in ihren Wohnungen verbleiben. Während der intensivsten Phase (ca. zwei bis drei Wochen) ziehen zwei MieterInnen kurzfristig in eine freie Wohnung im 1. Obergeschoß, in zwei weiteren Fällen wird der persönliche Urlaub der MieterInnen genutzt, um in deren Abwesenheit die gröbsten Arbeiten durchzuführen. Ein Mieter ist in eine bereits neu ausgebaute Wohnung im Dachgeschoß übersiedelt.

Während der Dauer der Arbeiten wurde zwischen den Eigentümern und den MieterInnen eine reduzierte Miete vereinbart. Mit Hilfe der Fördermittel wird zudem die Belastung der MieterInnen im Schlichtungsstellenverfahren möglichst gering gehalten. Nach Sanierung beläuft sich der Netto-Mietzins nach dem Kostendeckungsprinzip zur Refinanzierung der Darlehen (für 15 Jahre) auf ca. 6,20 Euro/m2. Nach Rückzahlung der Darlehen wird sich die Nettomiete am Wiener Richtwert - derzeit 5,16 Euro/m2 - orientieren.

Projektdaten
Nutzfläche: 830,80 m2 nach Sanierung (inkl. DG-Ausbau)
Sanierung: 8 Wohneinheiten mit 618,42 m2 Nutzfläche
DG-Ausbau: 2 Wohneinheiten mit 212,38 m2 Nutzfläche
Nach Sanierung: 10 Wohneinheiten
Beginn der Sanierungsarbeiten: Dezember 2012 Fertigstellung: Frühjahr 2014
HWB vor Sanierung: 151,27 kWh/(m2a)
HWB nach Sanierung: 11,11 kWh/(m2a)


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /