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DER STANDARD-Kommentar: "Jenseits des Bioschweinderls"

von Conrad Seidl - Ohne EU-Kontrolle würde Österreich keine Strategie für Naturschutz entwickeln

Wien (OTS) - Unsere Vorstellung von der Landwirtschaft wird vom fröhlich plaudernden Bioschweinderl in der Fernsehwerbung, von Ansichtskartenbildern ("viel Waldrandoptik" verlangen die Touristiker) und von hübsch aufgeputzten Lebensmitteltheken in den Supermärkten geprägt. Da macht das Essen Freude!
Das lassen wir uns auch etwas kosten. Wenn schon nicht beim Einkauf, wo Sonderangebot um Sonderangebot an die Regale lockt, so doch auf dem Umweg über Agrarförderungen. Das Schöne daran: Diese Förderungen sind von der Europäischen Union kofinanziert, Österreich holt sich also einen Teil seiner Mitgliedsbeiträge von der EU wieder zurück.

Die EU will aber wissen, was Österreichs Landwirtschafts- und Umweltministerium mit dem Geld so anstellt. Da gibt es kein augenzwinkerndes "Passt schon", da muss streng gerechnet werden. Das EU-Programm für ländliche Entwicklung ist aufgrund seiner flächendeckenden Wirkung das wichtigste Mittel zur Verwirklichung von Naturschutz- und Umweltzielen, daher müssen die für den ländlichen Raum eingesetzten Mittel auch tatsächlich für eine Verbesserung der Umwelt herangezogen werden und dürfen nicht einfach als Wohltaten für die Land- und Forstwirte ausgeschüttet werden.

Bei der Prüfung der entsprechenden Programme zeigt sich die EU-Kommission sehr faktenkundig. Der Brief, in dem sie Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter zu seinen Vorschlägen zur Entwicklung des ländlichen Raumes auf den Zahn fühlt, ist in vielen Details von jener Kritik inspiriert, die der Naturschutzbund und andere Umweltorganisationen bereits im April geäußert haben: Damals schon wiesen die Naturschützer darauf hin, dass das Agrarbudget mit Kürzungen von an die 100 Millionen Euro beim Agrarumweltschutzprogramm ÖPUL und bei einzelnen Schutzprojekten den Naturschutz in die Sackgasse führen könnte.

Die EU-Kommission greift nun genau diese Argumente auf. Ganz klar wird abgelehnt, dass in Österreich Förderungen nach dem Gießkannenprinzip und nach bundesweit gleichen Kriterien vergeben werden, also "dass fast alle Arten von Vorhaben im ganzen Land vorgeschlagen werden. (...) Sind die Probleme, die durch Umsetzung von Vorhaben gelöst werden sollen, überall gleich wichtig? Auch die Differenzierung von Prämien scheint im österreichischen Programm zu fehlen."

Das alles heißt nicht, dass die österreichische Agrarförderung nicht funktionierte. Tatsächlich hat es in den vergangenen 20 Jahren deutliche Fortschritte bei der Ökologisierung der Landwirtschaft gegeben. Aber auf solchen Lorbeeren kann sich der einzelne Bauer nicht ausruhen, und die Agrar- und Umweltpolitik schon gar nicht. Dabei geht es heute gar nicht mehr darum, die gerne behauptete Führungsrolle Österreichs im Natur- und Umweltschutz aufrechtzuerhalten - längst muss darauf geschaut werden, dass Österreich im internationalen Vergleich nicht zurückfällt.

Denn im Umweltschutz in der Fläche, beim Schutz von Gewässern und Lebensräumen, von Wild- und Nutztieren müsste Österreich noch viel mehr tun. Das kostet Geld - und dieses Geld wird ohnehin von Brüssel aufgedoppelt. Aber damit es fließt, muss die Republik die internationalen Spielregeln einhalten und zeigen, dass sie eine nachvollziehbare Strategie für bundesweiten Naturschutz hat.


Quelle: Der Standard


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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /