© Gerd Altmann / geralt- pixabay.com
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Atom-Subventionen: 75.000 Unterschriften gegen AKW Hinkley Point

Elektrizitätswerke Schönau (EWS) und über 30 Umwelt- und Verbraucherverbände gegen staatliche Subventionen für britisches Atomkraftwerk

Berlin- Bereits über 75.000 Menschen haben sich einer offiziellen Beschwerde der EWS bei der EU-Kommission angeschlossen, um gegen die Genehmigung massiver staatlicher Subventionen für den Neubau des britischen AKWs Hinkley Point C zu protestieren.


Auf der heutigen Pressekonferenz des deutschen Ökostrom-Anbieters Elektrizitätswerke Schönau in Berlin vertritt die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 die internationalen UnterstützerInnen der Kampagne gegen die Atom-Subventionen für das AKW Hinkley Point C. "Wir als österreichische Umweltschutzorganisation sind stolz darauf, als Partner der Elektrizitätswerke Schönau die Kampagne zu unterstützen", sagt Dr. Reinhard Uhrig, Atomsprecher von GLOBAL 2000, auf der Berliner Pressekonferenz. "Österreich ist ohnehin stark vertreten im Kampf gegen die Fehlentscheidung. Die Republik Österreich wird Nichtigkeitsklage zum Schutze des Wettbewerbsrechts einlegen, die Ökostrom AG klagt gemeinsam mit anderen Stromanbietern und GLOBAL 2000 hat als NGO Beschwerde bei den Vereinten Nationen eingelegt." Die Massenbeschwerde wird von über 30 nationalen und internationalen Umweltverbänden und Bürgerinitiativen unterstützt, darunter die Deutsche Umwelthilfe, .ausgestrahlt und GLOBAL 2000.

Nach Entscheidung der "alten" EU-Kommission von Jose Manuel Barroso vom 8. Oktober 2014 stellen die britischen Fördermaßnahmen eine erlaubte Beihilfe dar. Es geht hier nämlich um einen staatlich garantierten Abnahmepreis von umgerechnet 12,5 Euro-Cent pro Kilowattstunde, eine staatliche Kreditgarantie von 23,7 Milliarden Euro und zusätzlich um die Zusage einer Kompensation der Eigentümer bei politischer Entscheidung zum Atomausstieg. Es handelt sich dabei zwar um kein (direktes) EU-Geld, die von der derzeitigen britischen Regierung ausgehandelten Milliarden-Subventionen fehlen aber natürlich in anderen Bereichen - unter anderem in der Förderung der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz, die schlussendlich allen EU-BürgerInnen zugutekommen.

"Wir - vom britischen Milliarden-Deal betroffene - SteuerzahlerInnen haben nach derzeitigem Stand kein Recht, die Entscheidung der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. Umso mehr begrüßen wir, dass unsere gewählte Regierung der Republik Österreich das tun wird - die Nichtigkeitsklage wird den Bescheid stoppen, der die Basis des EU-Wettbewerbsrechts in die Luft sprengen würde", betont Uhrig.

GLOBAL 2000 selbst schöpft alle Rechtsmittel bei der Aarhus Kommission der Vereinten Nationen aus, um die Beschwerde- und Klagsrechte der Zivilbevölkerung zu stärken, die derzeit von Rechtsmitteln gegen Beihilfe-Entscheidungen ausgeschlossen ist. Dazu wurde am 11. März 2015 - dem Fukushima-Gedenktag - Beschwerde bei der Aarhus Kommission eingereicht, erste Verfahrensschritte werden für Juni 2015 erwartet.

Gemeinsam mit Zehntausenden Bürgerinnen und Bürgern wollen wir den politischen Druck auf die EU-Kommission erhöhen und die angekündigten Klagen Österreichs und Luxemburgs vor dem Europäischen Gerichtshof flankieren’, so Sebastian Sladek, Geschäftsführer der Elektrizitätswerke Schönau. ‘Nur so können wir eine umweltfreundliche, nachhaltige und bürgernahe Energieversorgung gegen die Interessen der großen Energiekonzerne und Atomlobbyisten durchsetzen.’

Ausgelöst wurden die Beschwerdewelle und die Klagen durch eine Ausnahmegenehmigung der EU-Kommission im Oktober 2014, welche der britischen Regierung wettbewerbswidrige Subventionen für den AKW-Neubau in Hinkley Point gestattet: Bewilligt wurde eine Garantievergütung von rund 11 Cent pro Kilowattstunde Atomstrom über einen Zeitraum von 35 Jahren. Hinzu kommt ein jährlicher Inflationsausgleich, eine Bürgschaft über 21,6 Milliarden Euro für die Baukosten sowie Kompensationszahlungen für den Fall einer energiepolitischen Richtungsänderung. Nach Berechnungen der Financial Times wächst die zugesicherte Leistung bis zum Ende des Förderzeitraums auf 35 Cent je Kilowattstunde.

‘Die immensen und offensichtlich notwendigen Subventionen für den Reaktorneubau in Hinkley Point zeigen eindeutig, dass der Neubau von Atomkraftwerken vollkommen unwirtschaftlich ist’, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH), die sich neben 31 anderen Organisationen der Beschwerde angeschlossen hat. ‘Gemeinsam mit anderen europäischen Umweltverbänden wollen wir mit der Beschwerdewelle ein klares Signal gegen den Ausbau der Atomenergie und für eine nachhaltige und kooperative Energiepolitik in Europa setzen.’

Das Strategiepapier zur Energie-Union, welches die EU-Kommission Mitte Februar vorstellte, weist jedoch einen ganz anderen Weg: Kommissionsvize SefCovic kündigte an, er werde noch dieses Jahr einen ‘illustrativen Ausbauplan" für AKWs in Europa vorlegen. Zudem wurde durch die Presse bekannt, dass von dem geplanten 300 Milliarden Euro schweren Wachstumspaket der EU voraussichtlich 80 bis 100 Milliarden Euro in den Neubau und die Nachrüstung von Atomreaktoren fließen sollen.

‘Schon seit Längerem beobachten wir, dass die Nuklearindustrie auf europäischer Ebene massiv für eine Renaissance der Atomenergie wirbt’, so Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, die ebenfalls die Beschwerde unterstützt. ‘Dem AKW-Neubau in Hinkley Point kommt dabei eine Schlüsselrolle für weitere Atomprojekte in Europa zu. Sollte die Bewilligung der Subventionen für Hinkley Point C aufrechterhalten werden, kommt dies einem Dammbruch für weitere Atomprojekte in Europa gleich. Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, dass sie sich in Brüssel konsequent gegen die Bewilligung einsetzt.’

Kein Geld für Atom – Stoppt Brüssel!

Auf der Kampagnenseite ‘Kein Geld für Atom – Stoppt Brüssel!’ können Interessierte schnell und einfach eine eigene Beschwerde an die EU-Kommission richten: Über 68.000 Menschen haben bislang davon Gebrauch gemacht. Hinzu kommen noch rund 7.000 Beschwerden, die postalisch bei den EWS eingegangen sind.

Sebastian Sladek ist der festen Überzeugung: ‘Die Entscheidung der EU-Kommission öffnet dem Bau neuer Atomkraftwerke in Europa Tür und Tor. Daher möchten wir alle Bürgerinnen und Bürger dazu auffordern, sich unserer Beschwerde bei der EU-Kommission anzuschließen. Während die Bundesregierung zögert, wollen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern ein klares Zeichen setzen, um den Einstieg in ein neues nukleares Zeitalter in Europa zu verhindern.’

Die Übergabe der Beschwerdebriefe soll im zeitlichen Umfeld der Klageeinreichung der österreichischen Regierung erfolgen. Bis dahin erwartet das Bündnis mehr als 100.000 Beschwerden, die im Rahmen einer öffentlichkeitswirksamen Aktion an die EU-Kommission übergeben werden.

Alle Informationen und Hintergründe www.ews-schoenau.de/kampagne



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /