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Das tschechische Energiekonzept – ein mäßiger Fortschritt im Rahmen der atomaren Pläne

Jakub Siska zum staatlichen Energiekonzept Tschechiens

"Das staatliche Energiekonzept aus dem Jahre 2004 war in vielen Teilen bereits veraltet und hat eine Vielzahl von Veränderungen, die im europäischen Energiesektor stattgefunden haben, nicht mehr ausreichend reflektiert", so erklärte Industrie- und Handelsminister Jan Mládek den Anlass zur Ausarbeitung einer novellierten staatlichen Energiekonzeption.

Er hat dabei zweifellos Recht, dass der Übergang von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien dabei ist, die Politik und Gesellschaft weitreichend zu verändern, wobei wir den Großteil dieser Veränderungen noch vor uns haben.

Das nun aktualisierte Energiekonzept zeigt jedoch, dass die Tschechische Republik auf diesen Trend nur im allernötigsten Ausmaß reagiert und keine Vorreiterrolle übernehmen wird.

Die Stromerzeugung wird weiterhin auf konventionellen Techniken beruhen, wobei die Kohlekraft durch Atomenergie zu ersetzen ist. Zu diesem Zweck plant die Regierung den Bau von ein bis zwei neuen Reaktorblöcken, eine langfristige Verlängerung der Betriebsdauer der vier bestehenden Reaktorblöcke in Dukovany sowie bei den Raumordnungsplänen die Vorbereitung von Grundstücken für den Bau von weiteren Kernkraftwerken nach dem Jahr 2040.

Die Investitionskosten von Hunderten von Milliarden Kronen für neue Reaktoren sowie deren fragliche Wirtschaftlichkeit im Betrieb wird vom Konzept ignoriert, auch wenn diese Faktoren internationalen Erfahrungen zufolge entscheidende Hürden darstellen. Derweil will Minister Jan Mládek 32 Milliarden Kronen für die Projektvorbereitung und die erforderlichen Genehmigungen ausgeben.

Die Produktion der Erneuerbaren Energieträger soll im Rahmen dieses Konzeptes anwachsen, wenn auch nicht übermäßig. Im Jahre 2040 soll deren Anteil an der Stromherstellung mindestens 18, maximal aber 25 Prozent betragen.

Solche und höhere Werte verzeichnen viele Staaten bereits heute, und ihr diesbezüglicher Vorsprung wird sich in den nächsten 25 Jahren noch vergrößern. Auf die Tatsache, dass die Tschechische Republik für den Ausbau der erneuerbaren Energieträger über vergleichbare Bedingungen wie zum Beispiel Deutschland verfügt, haben Studien schon mehrfach hingewiesen.

Die neueste Studie, entstanden in Kooperation der ‘Kammer für Erneuerbare Energien’ und der ‘Fakultät für Atmosphärenphysik’ der Akademie der Wissenschaften, kam zum Schluss, dass die Tschechische Republik ihre gesamte in AKWs geplante Stromproduktion durch die Windkraft decken könnte, allerdings sechsmal billiger.

Das Industrie- und Handelsministerium hat nicht versucht, diese Studie zu berücksichtigen oder ihre Ergebnisse zu wiederlegen, es ignoriert sie schlicht.

Bemerkenswerte Zahlen präsentiert das Konzept bezüglich des zukünftigen Stromverbrauchs. Während der Verbrauch seit 2010 stagniert, soll er Schätzungen des Konzepts zufolge bereits ab dem nächsten Jahr in allen drei Szenarien wieder zu wachsen beginnen.

Laut des sogenannten ‘hohen Szenarios’ soll der Stromverbrauch im Jahre 2040 sogar um mehr als ein Drittel höher sein als heute. In Deutschland hingegen wurde im vergangenen Jahr der niedrigste Stromverbrauch seit 1990 verzeichnet und alle Prognosen rechnen mit einem weiteren Rückgang - und zwar bei Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts.

Die einzige eindeutig positive Nachricht im aktualisierten Energiekonzept ist daher die Vorhersage, dass bis 2040 unser Kohleverbrauch um 73% sinken wird, dies vor allem aufgrund der Modernisierung der Heizwerke und deren Distributionsnetze sowie durch die Stilllegung veralteter Wärmekraftwerke.

Laut des sogenannten ‘optimierten Szenarios’ müssen nicht einmal die bestehenden Limits beim Kohleabbau durchbrochen werden. Eine Feststellung, die für einige tschechische Politiker ein kaum zu schluckender Wermutstropfen sein wird.



Übersetzung ins Deutsche: Viktor Weinstein, Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu

Übersetzung aus dem Tschechischen Original, gesendet am 21.5.2015 in der Sendung ‘Názory a argumenty’ im Tschechischen Rundfunk R Plus (http://www.rozhlas.cz/plus/nazory/_zprava/1492779)


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /