© Brigitte Baldrian/ Atomkraft gefährdet Energiewende
© Brigitte Baldrian/ Atomkraft gefährdet Energiewende

oekostrom AG Klage gegen AKW Hinkley Point C fertig

Wie im März angekündigt reicht die oekostrom AG als erster und bislang einziger österreichischer Stromversorger Nichtigkeitsklage beim Gerichtshof der Europäischen Union gegen die Erweiterung des britischen Atomkraftwerkes Hinkley Point ein.

"Wir denken nicht nur, dass die Klage gute Erfolgsaussichten hat, sondern auch, dass wir damit den weiteren Ausbau von Atomkraft nahe der österreichischen Grenze - wie im ungarischen Paks und an den tschechischen Standorten Temelin und Dukovany - aufhalten können", so Lukas Stühlinger, Finanzvorstand der oekostrom AG. "Nun ist die Klage fertig und wird in den nächsten Tagen eingebracht."

Zwtl.: Hintergrund

Die britische Regierung plant, den Ausbau des Atomkraftwerkes mit 23 Milliarden Euro zu subventionieren. Die Beihilfe wurde im Spätherbst 2014 von der Europäischen Kommission genehmigt und am 28. April 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union entsprechend veröffentlicht. Die oekostrom AG kritisiert, dass mit dem Projekt eine gefährliche Technologie ohne Zukunft subventioniert wird und sieht darin einen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht. Die Europäische Kommission hatte ihre Beihilfen-Entscheidung unter anderem mit dem gemeinsamen Interesse der Mitgliedstaaten argumentiert.

oekostrom AG sieht fehlerhafte Kommissions-Entscheidung

Aus Sicht der oekostrom AG hat die EU-Kommission den ihr zugestandenen Ermessensspielraum für die Genehmigung von Beihilfen überzogen, zumal es juristisch fundierte Argumente gegen die Rechtmäßigkeit der Beihilfe gibt. So argumentiert die Kommission beispielsweise mit Bezugnahme auf den EURATOM-Vertrag aus 1957, dass die Nutzung der Atomkraft im gemeinsamen Interesse der Mitgliedstaaten der Union liegt. "Dem widersprechen wir vehement. Wenn Mitgliedstaaten wie Österreich sich heute klarer denn je als Atomkraftgegner positionieren, kann der 60 Jahre alte EURATOM-Vertrag keinesfalls so weit ausgelegt werden, dass man darin eine legitime Grundlage für die Förderung etablierter Atomkrafttechnologie findet", argumentiert Lukas Stühlinger.

Darüber hinaus geht die Kommission von einem Marktversagen aus, das durch die Beihilfe behoben wird. Stühlinger: "Da fragt man sich, welchem ‚Marktversagen‘ man hier eigentlich entgegenwirkt? Wenn sich eine Technologie nach mehr als 60 Jahren nicht als marktreif entpuppt, liegt es nahe, dass dies weniger am Markt als an der Technologie selbst liegt."

Jedenfalls sieht die oekostrom AG aber die Förderung von Atomkraft im Widerspruch zu den Energie- und Klimazielen der EU: Die Europäische Union verlangt von ihren Mitgliedern effiziente, dezentrale, erneuerbare Energiesysteme. "Gerade der Aufbau solcher Systeme wird aber durch zu Nullpreisen eingespeiste Großmengen an Atomstrom wirtschaftlich gefährdet", so Stühlinger. "Das stellt eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten einer Technologie dar, die in den Energie-Förderrichtlinien der Union nicht einmal vorkommt."

Mit der Klage gegen Hinkley Point Atomprojekte in direkter österreichischer Nachbarschaft verhindern!

Derzeit stehen gleich mehrere Ausbauprojekte für Atomkraft in unmittelbarer Nähe Österreichs in den Startlöchern:

Ungarn / Paks II (Luftlinie Wien-Paks: 260 km), Tschechien / Temelin (Luftlinie Linz-Temelin: 100 km), Tschechien / Dukovany (Luftlinie Wien-Dukovany: 100 km). Zum Vergleich: Tschernobyl ist mehr als 1.000 Kilometer Luftlinie von Wien entfernt.

"Atomkraft ohne Förderung ist derzeit nicht finanzierbar, daher werden auch diese anderen Projekte Förderungen benötigen - auch dann wird es wieder eine Beihilfen-Entscheidung der Kommission geben müssen. Wenn wir es schaffen, die Beihilfenentscheidung der Kommission zu kippen, dann werden neue AKW-Projekte in Ungarn oder Tschechien praktisch unmöglich. Deshalb stehen wir hier auf und tun etwas!", fasst Lukas Stühlinger zusammen.

Die Klage wird gemeinsam mit mehreren deutschen Energieversorgern in den nächsten Tagen beim Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg eingebracht. Mit einer Entscheidung des Gerichts wird im Laufe des Jahres 2016 gerechnet.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /