© oekonews
© oekonews

Klimavertrag: Fortschritt und klarer Handlungsauftrag

Klares Ziel für Ausstieg aus fossilen Energien- Umfassendes Handeln ist notwendig, auch in Österreich - Meinungen aus Österreich

Wien - ‘Das Ergebnis der Klimakonferenz von Paris 2015 hat einen entscheidenden Fortschritt gebracht’, zeigt sich Bundeskanzler Werner Faymann erfreut über die Einigung uf die vereinbarten Klimaziele, die eine Steigerung der Welterwärmung auf maximal zwei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts vorsehen. Unumstritten sei nun auch die Zielsetzung, aus der Nutzung fossiler Energieträger auszusteigen. Das hatte Faymann bereits bei der Eröffnung der COP21 Konferenz vor zwei Wochen als wichtiges Signal gefordert. ‘Österreich hält weiterhin an dem ehrgeizigen Ziel fest, den Anteil der erneuerbaren Energie bei der Stromproduktion bis zum Jahr 2030 auf 100 Prozent zu steigern’, bekräftigte der Bundeskanzler, der auch unterstrich, dass ‘Atomenergie kein Mittel zur Erreichung der Klimaziele ist.’

Alle Länder gefordert, damit positive Dynamik entsteht

"Der neue Weltklimavertrag ist ein starkes Signal und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Globaler Klimaschutz hat jetzt eine breite Beteiligung, die aber erst noch mit Leben erfüllt werden muss", sagt Vizekanzler und Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner. "Alle Länder müssen mitmachen und sind gefordert, konkrete Klimaschutzmaßnahmen im Sinne des Abkommens zu setzen, damit eine positive Dynamik entsteht. Nur dann wird der Einstieg in eine nachhaltige Energiezukunft auch langfristig erfolgreich sein", meint Mitterlehner.

Entscheidend ist, dass nach dem freiwilligen Bekenntnis aller Länder tatsächlich weltweit Anstrengungen zur CO2-Reduktion gesetzt werden. Besonders gefordert sind die global größten CO2-Emittenten wie die USA und China. "Wir brauchen gleiche Spielregeln. Die Europäische Union ist schon jetzt der CO2-effizienteste Wirtschaftsraum und zusätzlich mit dem Beschluss der verbindlichen Klima- und Energieziele 2030 in Vorleistung getreten. Damit bleibt Europa auch in Zukunft ein globaler Vorreiter im Klimaschutz", betont Mitterlehner.

Österreich hat im internationalen Vergleich ein besonders nachhaltig ausgerichtetes Energiesystem und ist daher für die künftigen Herausforderungen gut aufgestellt. "Wir werden 2016 eine neue Energie- und Klimastrategie erarbeiten, die den Weg zur Erfüllung der EU-Ziele darstellt und auch längerfristige Perspektiven aufzeigen wird", kündigt Mitterlehner an. "Das wettbewerbsfähige Energiesystem der Zukunft ist vernetzt, erneuerbar und effizient", betont Mitterlehner.

Staatengemeinschaft hat globalen Intelligenztest bestanden

Petra Bayr, SPÖ Bereichssprecherin für globale Entwicklung, begrüßt das Klimaschutzübereinkommen: "Erstmals haben wir ein weltweit getragenes, völkerrechtlich verbindliches Dokument sowie einen Aktionsplan, die beide wichtige Werkzeuge sein werden, die Erwärmung der Erde zu begrenzen und damit nicht mehr handhabbare Veränderungen des Planeten hintan zu halten." Auch wenn klar ist, dass die wirklich großen Aufgaben in der Umsetzung des Abkommens noch vor uns liegen, freut sich Bayr, "dass die Staatengemeinschaft diesen globalen Intelligenztest bestanden hat und sich gemeinsam einer der drängendsten Herausforderungen für die gesamte Menschheit pro-aktiv stellen wird."

Aus entwicklungspolitischer Sicht wichtig sind die vorgesehenen Ausgleichszahlungen an die Länder des globalen Südens. "Nachdem die Klimaerwärmung vor allem durch wirtschaftliche Aktivitäten des Nordens entstanden ist, aber die Länder des Südens besonders darunter leiden, ist ein finanzieller Ausgleich gerecht", so Bayr. Absolut relevant seien dabei nun Transparenz und Ehrlichkeit.

Österreich muss auf Energieautarkie setzen

FPÖ-Umweltsprecher NAbg. Walter Rauch erklärt, Österreich hätte im Sinne des Klimaschutzes eine Energieautarkie erwirken müssen. Sie wäre wesentlich effizienter und kostengünstiger gewesen.

WKÖ fordert österreichischen Masterplan für Energietechnik

Die WKÖ fordert einen österreichischen Masterplan für Energietechnik, um neue Marktchancen zu nutzen. "Dem französischen Vorsitz ist zu gratulieren, dass er mit großem Aufwand und Geschick ein Ergebnis zu Stande gebracht hat, das man als Fortschritt bezeichnen kann. Der neue Weltklimavertrag kann aber nur als Weichenstellung gesehen werden, der hoffentlich in einigen Jahren abgestimmte, verbindliche Verpflichtungen zur Emissionsreduktion rund um den Globus folgen werden. Diese Hoffnung konnte der Pariser Vertrag, wie allgemein erwartet wurde, nicht erfüllen," stellt Stephan Schwarzer, Leiter der WKÖ-Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik fest. "Dadurch bleibt auch der jährliche vorweihnachtliche Wunsch nach einem Global Level Playing Field für die Wirtschaft weiterhin unerfüllt."

Das Paris-Abkommen ist mit bedeutenden Instrumenten der Klimafinanzierung ausgestattet. Die in Kopenhagen 2009 zugesagten 100 Mrd. USD für Klimafinanzierung müssen jährlich weiter erhöht werden. Dies soll den Wandel des weltweiten Energiesystems zu einem nachhaltigeren antreiben. Der österreichischen Wirtschaft bieten sich unter diesem Vorzeichen vielfältige Chancen als Technologieführer weltweit auf vielen Märkten. "Nun liegt es an der österreichischen Regierung, einen Masterplan für Green Jobs in der Energietechnikbranche zu erstellen, um deren beträchtliche Potenziale für Wachstum und Beschäftigung in Österreich zu nutzen".

Ein konkreter Auftrag zum Handeln

"Der Vertrag von Paris macht klar wohin die Reise geht. Wir wissen aber auch, dass das noch ein großes und hartes Stück Arbeit wird", so Eva Glawischnig, Bundessprecherin der Grünen. Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen meint, es warte noch viel Arbeit auf Politik, NGOs und die Zivilgesellschaft, um für eine neue Klimapolitik einzustehen.
Für Österreich bedeutet das Abkommen, dass bis zur Mitte des Jahrhunderts der Treibhausgasausstoß auf Null reduziert sein muss und die erneuerbaren Energien auf 100 Prozent ausgebaut sein müssen. "Wir können die österreichische Klima- und Energiepolitik auf völlig neue Beine stellen. Wir brauchen einen konkreten Plan der Entscheidungsträger, wie wir diese Ziele umsetzen können. " so Glawischnig.

Der Vertrag, der von allen 195 Staaten am Samstagabend in Frankreich unterzeichnet wurde, hat jedoch auch seine Schattenseiten: "Leider sind die Instrumente im Vertragsentwurf nicht ausreichend stark verankert, um die Einhaltung der ambitionierten Ziele zu garantieren. Viel wird weiterhin davon abhängen, was bis zum Inkrafttreten des Vertrags 2020 passiert und ob die nationalen Klimaschutzpläne schon zum erstmöglichen Zeitpunkt 2018 ausreichend nachgeschärft werden", bemängelt Brunne und: "Ebenfalls besorgniserregend ist, dass die gesamten Emissionen aus dem weltweiten Flug- und Schiffsverkehr aus dem Vertrag ausgenommen wurden."

Wichtiges Signal für die Welt, aber weitere Maßnahmen notwendig

Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft begrüßt die Beschlüsse der Klimakonferenz von Paris als wichtiges Signal für den weltweiten Einstieg in eine nachhaltige Energiezukunft. "Zwar wurden nicht alle Wüsche erfüllt und es fehlen auch noch einige notwendige weitere Schritte, aber das Signal das die Weltgemeinschaft mit diesem Abkommen gesetzt hat, eindeutig", erklärte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie.

Österreichs E-Wirtschaft tritt für eine globale rechtlich bindende Vereinbarung der Maßnahmen zur Erreichung des 2 °C-Zieles und zur Bekämpfung des Klimawandels zwischen allen Vertragsparteien ein. Dafür erforderlich ist ein global gültiges Regime aus Politik und Maßnahmen, das klare Signale und Investitionssicherheit in CO2-arme Technologien fördert. Schmidt: "Ein Beschluss über Ziele und Maßnahmen ist aber noch nicht genug, denn danach folgen die Mühen der Umsetzung. Die richtige Arbeit beginnt daher jetzt." Positiv sei zu sehen, dass das Abkommen von Paris so angelegt ist, dass weitere notwendige Nachbesserungen und zusätzliche Schritte in Richtung mehr Klimaschutz in den kommenden Jahren bereits jetzt in ihrer Struktur erkennbar seien. Die E-Wirtschaft fordert langfristige Sicherheit für Bevölkerung, Wirtschaft und Investoren. Dafür müssten allgemein gültige und transparente Regeln zu Zeitplan, Messung, Reporting und Evaluation für alle Wirtschaftszweige erstellt werden.

Die E-Wirtschaft wird eine wesentliche, wenn nicht führende Rolle bei der langfristigen Dekarbonisierung Europas einnehmen und somit auch neue Lösungen für die kostengünstige Reduktion von CO2-Emissionen in anderen Anwendungsbereichen bringen. Oesterreichs Energie hat im November 2015 eine Stromstrategie für Österreich bis 2030 vorgestellt, die zum Kern einer Energiestrategie für die kommenden Jahrzehnte werden könnte. Damit kann sie einen maßgeblichen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten, die Nutzung erneuerbarer Energien und die Energieeffizienz in Österreich steigern und tausende neue Arbeitsplätze schaffen. Unter anderem sieht die Stromstrategie vor, in den kommenden 15 Jahren die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien im Inland um 20 Milliarden Kilowattstunden auf 88 Milliarden Kilowattstunden jährlich zu steigern und damit den Anteil erneuerbarer Energien im Stromsystem auf 85 Prozent anzuheben.

Wirksame Sofort-Maßnahmen fehlen

Team Stronach Wirtschafts- und Agrarsprecher Leo Steinbichler bemängelt: "Es fehlen wirksame Sofort-Maßnahmen. So hätte man den Spekulationsgeschäften mit Lebensmitteln von heute auf morgen ein Ende setzen können, das wäre ein Erfolg gewesen. Wichtige sozial-ökonomischen Aspekte wurden völlig außen vor gelassen, erinnert er an die Hundertausenden Kleinbauern in den Entwicklungs- und Schwellenländern, "denen ihre Lebensgrundlage entzogen wurde, zu Gunsten gigantischer Anbauflächen für Palmöl-, Soja und Zuckerrohr. Davon profitieren Großkonzerne wie Unilever, Nestle und co, doch es ist genau dieser Raubbau an Mensch und Natur, der mit Schuld ist am Klimawandel", mahnt Steinbichler.

Dass die Industiestaaten die weniger entwickelten Länder finanziell unterstützen sollen, sei zwar ein richtiger Schritt, "aber das ist so, als ob man einem Kleinbauern erst seinen Hof wegnimmt und dann nach ein paar Jahren einen Hundert-Euro-Schein in die Hand drückt. Damit ist es nicht getan", erklärt Steinbichler. "Wir haben mit unserer Wirtschaftsweise die katastrophalen Auswirkungen auf das Klima mitversuracht. Doch gerade die Zerstörung der kleinbäuerlichen Strukturen - auch bei uns in Europa- ist die Wurzel allen Übels", warnt der Team Stronach Mandatar.

Eine weitere Sofortmaßnahme wäre laut Steinbichler, "die sinnlosen Transporte von Lebensmitteln, die für Verarbeitungs- und Verpackungszwecke um die halbe Welt gekarrt werden, endlich zu unterbinden. Hier werden Unmengen an CO2 in die Luft geblasen!"

Steinbichler hofft nun auf Nachbesserungen durch die einzelnen Staaten, "hier könnte Österreich mit gutem Beispiel vorangehen", appelliert er an Agrar- und Umweltminister Rupprechter, "Österreich als Vorbildregion zu positionieren und zu einer regionalen und nachhaltigen Wirtschaftsweise zurückzuführen."

Erfolg von Paris ist ein enormer Arbeitssauftrag

"Morgen beginnt die Arbeit an der Umsetzung des Verhandlungserfolges von Paris. Und es gibt enorm viel zu tun. Auch in Österreich braucht es zur Umsetzung des Weltklimavertrages einen Neubeginn der Klimaschutzpolitik. Bund und Länder müssen dazu rasch an einen Tisch und einen Etappenplan zum Ausstieg aus den fossilen Energieträgern entwickeln. Es braucht dafür eine neue gemeinsame Klimaschutzstrategie und als Teil davon eine gemeinsame Strategie für Energiewende und Verkehrswende", schlägt oö. Landesrat Rudi Anschober vor. "In Oberösterreich hole ich bereits morgen die Landesexpert/innen an den Tisch. Oberösterreich hat mit der Energiewende das Schlüsselprojekt für die drastische Absenkung der CO2-Emissionen bereits vor 10 Jahren gestartet und wir haben dabei gute Erfolge. Jetzt müssen wir rasch überprüfen, was wir an Optimierungen, Beschleunigungen und Zusätzen benötigen, um das Weltklimaübereinkommen in Oberösterreich umsetzen zu können." Schließlich verweist Anschober darauf, dass der Weltklimavertrag zusätzlich auch eine große Chance für grüne Technologien bringt: "Es entsteht nun in den nächsten Jahren weltweit ein riesiger Markt für grüne Technologien von Effizienz- über Einsparungstechnologien bis hin zu den Erneuerbaren. In manchen Bereichen sind z.B. Unternehmen aus Oberösterreich bereits jetzt Weltmarktführer. Falls wir nun klug und engagiert handeln und die Bremser ihren Widerstand aufgeben, kann der Durchbruch für den globalen Klimaschutz nun auch zu einer großen Chance für den oö. Arbeitsmarkt werden."
Ein klarer Handlungsauftrag liegt vor uns, soviel scheint fix. Nun liegt es an der Politik, rasch mit der Umsetzung zu beginnen, auch in Österreich. Nachdem wir berets in manchen Bereichen Vorreiter sind, sollten wir als "Musterland" vorangehen und könnten gleichzeitig das Know-How für neue Marktchancen auch auf anderen Märkten nutzen, denn umsteigen müssen nicht nur wir.



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /