© Oikocredit/ Oikocredit Vorstandsvorsitzender Friedhelm Boschert und sein Stellvertreter Günter Lenhart.
© Oikocredit/ Oikocredit Vorstandsvorsitzender Friedhelm Boschert und sein Stellvertreter Günter Lenhart.

Was macht denn Ihr Geld so?

Sozial investieren heißt Armut und Flucht ersparen

Im Rahmen eines Pressegesprächs stellte Oikocredit Austria seinen Jahresbericht 2015 vor.
Am Podium informierten Dr. Friedhelm Boschert, Vorstandsvorsitzender Oikocredit Austria und DI Günter Lenhart, stv. Vorsitzender Oikocredit Austria über die aktuellen Entwicklungen.

Die Bilanz von Oikocredit Austria ist äußerst positiv: Mehr als 5.000 Mitglieder stellen derzeit ein Anlagekapital von 88 Mio. Euro. International gehört Oikocredit mit insgesamt einer Milliarde Kapital zu den großen Social Investors. 2015 betrug der Nettozuwachs 102 Mio. Euro, davon kamen 12,5 Mio. aus Österreich, das damit ein Achtel des weltweiten Kapitals aufbringt.

Boschert legt großen Wert darauf, dass für Oikocredit beides gleich wichtig ist: Kapital und Mitglieder. Menschen, die mit ihrer sozialen Geldanlage bewusst zur Armutsbekämpfung beitragen wollen und sich mit den Zielen von Oikocredit identifizieren. Impact Investment zeigt eine andere Dynamik als die rein profitorientierte Finanzwelt. Die EZB hat die Zinsen auf null gesenkt, damit Banken den Unternehmen wieder mehr Kredite geben. Oikocredit braucht solche ‘Anstöße’ nicht. Als Social Impact Investor trägt Oikocredit erfolgreich zur Verbesserung der sozialen Lebensbedingungen in Entwicklungsländern bei. ‘Die engagierte Arbeit von Oikocredit wäre undenkbar, ohne die vielen freiwilligen Unterstützer und ethisch sozial bewusst agierenden Anleger, die über den Verwendungszweck ihres Geldes nachdenken’, analysiert Boschert den lebensdienlichen Aspekt der Geldanlage bei Oikocredit.

Geld allein ist nicht genug

Der größte Anteil der Kredite (etwa 80%) wird nach wie vor ausgesuchten, sozial engagierten Mikrofinanzinstituten in 69 Ländern der Welt zur Verfügung gestellt. Etwa 20% der Gelder dienen der Finanzierung von Genossenschaften, sozial geführten Klein- und Mittelbetrieben und erneuerbarer Energie.

Nutznießer der Kleinstkredite, die je nach Region zwischen 50-500 Euro variieren, sind hauptsächlich Menschen mit weniger als 2 Dollar Einkommen pro Tag. Über seine rund 800 Partnerorganisationen erreicht die Genossenschaft Oikocredit etwa 37 Mio. Menschen. Etwa 86% der Kreditnehmerinnen sind Frauen, weil sie in den meisten Fällen die wirtschaftliche Verantwortung für das Wohl der Familie übernehmen und die Kinder in die Schule schicken.

Lenhart streicht heraus, dass Oikocredit nicht nur Geld vergibt. ‘Begleitung, Bildung und Betreuung der Menschen sind für uns ein zentrales Anliegen, weil die Menschen im globalen Süden nicht die gleichen Bildungschancen haben wie wir in Europa. 170 Oikocredit Mitarbeiter sind in den Ländern vor Ort für Beratung und Coaching tätig. Außerdem kümmern wir uns auch darum, dass die Partnerorganisationen nachhaltig arbeiten können. Enorm wichtig sind uns auch unsere Mitglieder, weil wir stärker bewusst machen wollen, dass jeder durch sein Kauf- oder Veranlagungsverhalten zu einer wesentlichen Änderung der Wirtschaft und Politik beitragen kann. Konsumverhalten kann vieles ändern. Wir gehen in Schulen und Universitäten, um über Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit und Armutsbekämpfung zu sprechen und die Bewusstseinsbildung darüber zu fördern.’


Migration- Ein Thema für Investition?

Oikocredit kann nichts gegen Kriege oder Katastrophen unternehmen. Oikocredit ermöglicht Menschen in ihren Heimatländern Existenzen zu gründen und schafft damit Arbeitsplätze und neue Lebensperspektiven. Mit einem lebenserhaltenden Einkommen ändert sich die Perspektive. Menschen, die in ihren Heimatländern eine Chance für sich und ihre Familie sehen, sind weniger anfällig gegenüber Versprechungen von Schleppern, in Europa eine bessere Welt vorzufinden. Migration wird dann verhindert, wenn Menschen v o r O r t Hilfe zur Selbsthilfe geboten wird. Deshalb setzt Oikocredit auch einen Schwerpunkt in Afrika. Migrationsexperten erwarten, dass Millionen Menschen in den nächsten Jahren von Afrika nach Europa ziehen wollen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Oikocredit hat den Portfolioanteil für Afrika von 8% auf 18 % erhöht und setzt damit ein klares Zeichen der Hilfe. Sehr oft liegt der Schwerpunkt im Bereich der Landwirtschaft, wie Boschert erklärt:
‘Nicht nur Rohstoffe anbauen, sondern weiterverarbeiten. Dann bleibt die Wertschöpfung im Land. Oder ein Startpaket für afrikanische Kleinbäuerinnen: Zwei Ziegen und zehn Hühner für 150 Dollar. Ein großes Thema für Oikocredit ist das Investment in erneuerbare Energie. Zum Beispiel Solar-Leselampen für Schulkinder, da die meisten Häuser nicht an das Stromnetz angeschlossen sind. Auch die Produktion dieser Solarlampen schafft neue Arbeitsplätze und Bildung wird gefördert. Sie überwindet letztendlich Armut.’

Ein größeres Herzeige-Projekt befindet sich in Sambia: Ein kleines Unternehmen hat einen ausgefischten See mit neuem Fischbestand ökologisch sinnvoll wiederbelebt und sorgt dafür, dass die Bewirtschaftung fortan nachhaltig erfolgt. Wichtig bei all diesen Projekten ist für Oikocredit das Zusammenspiel der ökonomischen, ökologischen und sozialen Wirkung.



www.oikocredit.at


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /