© Anne Günther/FSU  - Prof. Dr. Andrea Balducci von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
© Anne Günther/FSU - Prof. Dr. Andrea Balducci von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

„Vollgas“ im Elektroauto

Andrea Balducci ist Professor für Angewandte Elektrochemie der Universität Jena

Jena- Von Null auf Hundert in anderthalb Sekunden – das ist der aktuelle Weltrekord in Sachen Beschleunigung unter den Automobilen. Gehalten wird er von einem Elektrofahrzeug. Schneller als jeder Formel 1-Wagen kommt das von Schweizer Studierenden konzipierte Gefährt auf Touren und ist damit kein Einzelfall.

‘Mit dem richtigen Energiespeicher lässt ein Elektrofahrzeug jedes, mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor betriebene, Auto stehen’, weiß Prof. Dr. Andrea Balducci von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Inhaber der neuen Professur für Angewandte Elektrochemie erforscht und entwickelt sogenannte ‘Superkondensatoren’ – elektrochemische Speichersysteme, die die in ihnen gespeicherte Energie extrem schnell abgeben können. Diese Arbeit wird der Wissenschaftler von nun an in Jena am gemeinsam von der Universität Jena und dem Fraunhofer IKTS Hermsdorf / Dresden betriebenen ‘Center for Energy and Environmental Chemistry Jena’ (CEEC Jena) weiterführen, wohin er jüngst vom Helmholtz-Institut Ulm wechselte.

Bereits während seiner Doktorarbeit hat sich der heute 40-jährige Italiener mit Superkondensatoren befasst. Solche schnellen Energiespeicher seien nicht nur im Bereich der Elektromobilität gefragt. ‘Sie kommen auch als Back-up-Systeme etwa auf Intensivstationen in Krankenhäusern zum Einsatz’, sagt Balducci. Im Rahmen seiner Forschungsarbeit entwickelt er neue Elektrolyte und andere Komponenten für solche Superkondensatoren, um diese leistungsfähiger, kostengünstiger und sicherer zu machen. Dafür untersucht der Chemiker, der seit Anfang des Jahres im renommierten Wissenschaftsranking des Institute for Scientific Information (ISI) zu den meist zitierten Forschern im Bereich Ingenieurwissenschaften zählt, unter anderem innovative Materialien, z. B. flüssige Salze, sogenannte ionische Flüssigkeiten, welche aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften den Einsatz von Superkondensatoren auch unter extremen Bedingungen erlauben.

Außerdem wird Prof. Balducci im kommenden Jahr die weltweit führenden Forscher auf diesem Gebiet nach Jena holen: Im Juli 2017 wird er Gastgeber des ‘International Symposium on Enhanced Electrochemical Capacitors’ (ISEE´Cap2017) sein, das an der Uni Jena stattfinden wird.

Andrea Balducci hat an der Universität Bologna Chemie studiert. Für seine Doktorarbeit ging er nach Toulouse, wo er 2006 im Rahmen eines binationalen Promotionsverfahrens (Cotutelle) an den Universitäten Bologna und Toulouse promovierte. Danach wechselte er als Postdoc an die Technische Universität Graz ins Team von Prof. Dr. Martin Winter, ‘einem der bekanntesten Elektrochemiker der Welt’, wie Balducci sagt. Als Winter 2008 an die Uni Münster wechselte, folgte ihm Balducci und baute dort eine eigene Nachwuchsgruppe zu Superkondensatoren und Lithium-Ionen-Batterien auf. Nach seiner Habilitation an der Uni Münster im Jahr 2014 ging er an das auf Batterieforschung spezialisierte Helmholtz-Institut Ulm, wo er mit Prof. Dr. Stefano Passerini, einem der einflussreichsten Wissenschaftler auf seinem Gebiet, zusammenarbeitete.

Etwa zeitgleich mit dem Ruf an die Uni Jena erhielt Andrea Balducci auch ein Angebot aus Dresden. ‘Aufgrund der Attraktivität des Standortes’, habe er sich jedoch für Jena entscheiden. ‘Neben Münster und Ulm entsteht hier gerade ein drittes nationales Zentrum für Energieforschung’, ist er überzeugt. Er freue sich darauf, diesen Forschungszweig mit aufzubauen. Daneben sei das Thema Familienfreundlichkeit ein großes Plus von Jena. Er und seine Frau, die ebenfalls als Wissenschaftlerin arbeitet, haben sich mit den beiden kleinen Töchtern bereits gut eingelebt. ‘Es gibt an der Universität viele jüngere Professorinnen und Professoren und man lernt sich über die Kinder schnell kennen und findet zahlreiche Anknüpfungspunkte.’

GastautorIn: Dr. Ute Schönfelder für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /