Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Gewofag baut Effizienzhäuser mit Fenster- und Heizungssensor

Simple Technik führte zu energetischem Optimum

In Riem haben sich einfache Lösungen bewährt. © Gewofag

Michael Hardi, Ressortleiter Bau bei der Gewofag München, hat viel Erfahrung mit energieeffizientem Geschosswohnungsbau. Viele Jahre hat die Gesellschaft entsprechend dem Standard KfW-Effizienzhaus 70 nach der EnEV 2014 gebaut. Nach langjährigen Vergleichsmessungen in sechs baugleichen Gebäuden mit unterschiedlicher Ausführung bei Dämmung, Heiztechnik und Lüftung ist für ihn klar: Bei komplizierter Gebäudetechnik kommt es oft zu Fehlern, die die Energiebilanz ruinieren. Als energiesparsamste und benutzerfreundlichste Variante hat sich die simple Koppelung von Fenstersensor und Heizung erwiesen. 

 

Hardi hat sich die Daten, die in den Gebäuden erhoben wurden vorgenommen, um die Frage zu beantworten, wie die Gewofag nach dem Auslaufen des Förderstandards KfW-Effizienzhaus 70 künftig baut. Das Ergebnis lag für Hardi nach Gesprächen mit anderen Kollegen aus der Wohnungswirtschaft auf der Hand: "Wir bauen weiterhin den früheren KfW-70-Standard, so wie es der Stadtrat vorgegeben hat. Dieser liegt zirka 15 Prozent über dem heutigen gesetzlichen Standard. Wir versuchen dabei, ohne allzuviel Technik auszukommen."

Die Datenerfassung lief über sechs Jahre und wurde von Befragungen der Nutzer begleitet. In allen Objekten wurde über Fensterlüfter und Abluftanlage in den Bädern für den vorgeschriebenen nutzerunabhängigen Mindestluftwechel gesorgt. Dennoch ergab sich bei der Befragung, dass knapp die Hälfte aller Nutzerinnen und Nutzer das Küchen- und das Badezimmerfenster dauerhaft oder überwiegend gekippt lässt. Auch im Schlafzimmer werden die Fenster häufig den ganzen Tag gekippt. Die Datenanalyse aller Fenster ergab Öffnungszeiten von im Mittel etwa 8 bis 9 Prozent der gesamten Tageszeit. Darauf reagiert Hardi: "Wir binden bei unserem Fenstersensor den Nutzer ein. Macht er das Fenster auf, wird automatisch die Heizung heruntergedrosselt. Wenn wir Energie einsparen wollen, müssen wir die Menschen einbinden, nicht nur mit der Technik arbeiten."

Nutzern war die Lüftung zu laut

Lüftungsanlage, Wandheizung und Einzelraumsteuerung kamen in der Nutzerbefragung nicht gut weg. Zwar sei die Luftqualität gut, aber die Lüftung zu laut, die Einstellung der Heizungen zu schwer verständlich. In der Energiebilanz haben die beiden Varianten mit Einzelraumregelung und Lüftung mit Wärmerückgewinnung am schlechtesten abgeschnitten, da die Bewohner damit nicht gut zurecht kamen, Sieger war das Haus mit einem simplen Kontakt zwischen Fenster und Heizung: Wenn das Fenster auf ist, wird die Heizung runtergeregelt.

Daraus zieht Hardi eine klare Konsequenz: Mit noch mehr Dämmen und noch mehr technischem Aufwand erreiche man nicht viel, besonders nicht bei der Klientel, die auf günstigen Wohnraum angewiesen ist. "Der Großteil der Bevölkerung weiß, dass wir ein Klimaproblem haben. Viele machen sich im Alltag aber nur wenig Gedanken darüber, weil sie mit den täglichen Herausforderungen beschäftigt sind. Es ist wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass Klimaschutz auch etwas mit dem Geldbeutel zu tun hat. Bei unserer Lösung spüren die Mieter außerdem: Es wird kalt. Und dann machen sie das Fenster zu", unterstreicht er. Die Mehrheit wolle einfach nur wohnen und sich nicht mit Technik beschäftigen.

Direktes Feedback mache Sinn. "Eine Wandheizung würde bei offenem Fenster nachheizen, ist träge und schwer zu bedienen, da merkt man nicht, wenn es kalt wird. Bei einer Lüftung mit Wärmerückgewinnung tritt derselbe Effekt ein. Dann verliere ich unter Umständen durch die gekippten oder geöffneten Fenster viel mehr Wärme, als ich über die Anlage rückgewinnen kann."

Mit möglichst einfachen Lösungen wurde Hardi gerne auch künftig bauen, doch das werde zunehmend schwierig. "Durch die gestiegenen gesetzlichen Vorgaben sind die Anforderungen an noch mehr Technik und Dämmung hoch, gleichzeitig sollen wir günstig bauen. Das ist eine große Herausforderung."

"Am liebsten ohne WDVS"

Die Gewofag baut wo immer möglich monolithisch in Ziegelbauweise, ohne WDVS, "Das geht aber bei einem KfW-55-Haus nicht mehr so ohne Weiteres", so Hardi. Mit gefüllten Dämm-Ziegeln lassen sich nur beschränkte Höhen bauen, bei sechs oder mehr Stockwerken sei Schluss.

Der Grund für die WDVS-Abstinenz ist die Debatte um HBDC in EPS: "Auch wenn neues Polystyrol ohne den gefährlichen Abfall HBCD ist, wissen wir nicht, wie sich die gesetzliche Vorgabe entwickelt und ob sich die Einschätzung für neue Brandschutzmittel ändert und in gegebenenfalls zehn Jahren das nicht mehr benutzt werden darf, was wir heute verwenden." Wo aus statischen Gründen keine Ziegel in Frage kommen setzt Hardi ab liebsten auf Mineralwolle. Das ist aber teurer, so dass dann teilweise doch Polystyrol verwendet wird.

KfW 55 ist mit der von der Gewofag praktizierten Standardbauweise nur mit Fernwärme zu erreichen. Steht die nicht zur Verfügung, wird es teuer: "Ein höherer Standard als KfW 55 lässt sich ohne Fernwärme nur mit großem Kostenaufwand realisieren."

Den derzeitigen Standard 15 Prozent besser als die geltende Energieeinsparverordnung baut die Gewofag für 2850 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, wenn man die Kostengruppen 200 bis 700 und Bruttopreise heranzieht. Die oft für einen Vergleich herangezogenen Kostengruppen 300 bis 400 schlagen dabei mit 2200 Euro brutto pro Quadratmeter Wohnfläche zu Buche. Dazu gehört auch, dass Hardi versucht, ohne viel Technik auszukommen. So wird nur eine Abluftanlage ohne Wärmerückgewinnung installiert, keine Hybridheizungen und vorzugsweise Verwendung von Fernwärme. "Wenn Fernwärme nicht verfügbar ist, müssen wir alternative Konzepte zur Heizenergieversorgung wählen. So sind zum Beispiel die Passivhäuser am Piusplatz entstanden. Die Häuser haben aufgrund der Energie für die Lüftungsanlagen einen höheren Primärenergiebedarf als der Niedrigenergiestandard. Dass die tatsächlichen Werte von den ausgerechneten abweichen, ist eine wichtige Erkenntnis", merkt Hardi an. Grund hierfür seien das Nutzerverhalten in Bezug auf den Warmwasserbedarf und die höheren Pufferspeicherverluste. von Pia Grund-Ludwig


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