Zehn Jahre Ökosoziales Forum Wien

Vordenken im Sinne der Nachhaltigkeit zur Lösung aktueller Herausforderungen

Wien - Diese Woche, am Mittwochabend, feierte das Ökosoziale Forum Wien im Festsaal des Alten Rathauses unter dem Motto "Zukunft teilen - Der ökosozialen Idee weiter den Weg bereiten" sein zehnjähriges Jubiläum.

Im Rahmen des Ökosozialen Forums Wien werden seit nunmehr zehn Jahren von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen Themen wie Bevölkerungswachstum und Altersstruktur, Energieeffizienz, nachhaltiger Energieeinsatz, das Spannungsfeld zwischen Stadt-Landwirtschaft und Umweltschutz oder Fragen der Mobilität in Ballungszentren erörtert. Das besondere des Ökosozialen Forums Wiens ist, so Präsidentin Gerlind Weber, dass globale Aufgabenstellungen auf die lokale Ebene der Bundeshauptstadt Wien übertragen werden.

Wie einer der Gründungsväter des Vereins, der ehemalige Vizekanzler, Josef Riegler, in seiner Rede betonte, leistet diese überparteiliche Plattform eine wesentliche Vordenkarbeit zur nachhaltigen Lösung aktueller Herausforderungen.
"Dieser Verein ist dazu konzipiert, Trends und Entwicklungen zu analysieren und Gestaltungsimpulse für die Kommunalpolitik zu erarbeiten", erklärte Riegler. Zur Umsetzung gibt es, unter der Geschäftsführung von Mag.a. Sigrid Egartner, nicht nur prominent besetzte Expertentagungen, sondern auch wissenschaftliche Studien, so Präsidentin Weber.

Riegler: Balance zwischen Wirtschaft, Ökologie und Sozialem

Herausforderungen sind auf alle Fälle ausreichend vorhanden. Der blindwütige Marktfundamentalismus der vergangenen 20 Jahre habe die Menschheit in eine gefährliche Sackgasse geführt, sagte Riegler. Angesichts von Fehlentwicklungen und Pleiten, wie der derzeitigen Finanzmarktkrise, seien nun nicht nur unmittelbare "Feuerwehrmaßnahmen" erforderlich. "Was wir brauchen, ist ein umfassender Ordnungsrahmen für die Wirtschaft, um den neuen Formen der Ausbeutung, schreiender Ungerechtigkeit und Naturzerstörung Einhalt zu gebieten", so der Ehrenpräsident des Ökosozialen Forums Österreich.

Beispielsweise müssten wichtige internationale Organisationen, wie etwa die WTO mit "neuen Spielregeln der Balance zwischen leistungsfähiger Wirtschaft, Ökologie und Sozialem bei gleichzeitiger Respektierung der kulturellen Vielfalt und Eigenständigkeit" ausgestattet werden, betonte der ehemalige Vizekanzler. Die ökosoziale Marktwirtschaft sei somit aktueller denn je. Doch nicht nur auf globaler, sondern auch auf lokaler Ebene könne einiges bewegt werden, so Riegler. "Im Wettstreit der Ideen gibt es nur wenige Korrekturelemente. Eines dieser Elemente ist das über den Parteien stehende Ökosoziale Forum Österreich und sein Ableger, das Ökosoziale Forum Wien", betonte der Dritte Wiener Landtagspräsident, Heinz Hufnagl, in Vertretung von Bürgermeister Michael Häupl. Dieser ist neben Riegler der zweite Gründungsvater der zehnjährigen Arbeitsplattform, die laut Hufnagl auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Bundeshauptstadt spielen soll.

Liessmann: Zukunft nicht Lösung sondern Aufgabe

Der Umgang mit der Zukunft stand auch im Mittelpunkt des Festvortrags von Konrad Paul Liessmann, dem Vizedekan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft der Universität Wien. Vielen Menschen diene die Zukunft als "große Entsorgungsanstalt für die offenen Fragen der Gegenwart", gab der Philosoph zu bedenken. "Vielleicht stößt der ökosoziale Gedanke auch deshalb auf - ich formuliere vorsichtig - zurückhaltende Resonanz, weil wir die Zukunft weniger als Aufgabe, sondern vielmehr als Lösung betrachten, um die wir uns nicht sonderlich viel kümmern müssen", so Liessmann.

Man könne sich die Zukunft "aber auch zur Aufgabe machen" und nach dem "Prinzip Verantwortung" Lebensmöglichkeiten künftiger Generationen gestalten. "Wer will, dass die Kämpfe um die natürlichen Ressourcen dieser Erde nicht die Gestalt eines Weltbürgerkrieges annehmen, kann nicht nur darauf bauen, dass in Zukunft alle diesbezüglichen Knappheiten durch technische Innovationen beseitigt werden. Er wird danach trachten, den Umgang mit diesen Ressourcen so zu gestalten, dass sie in der Tat mit künftigen Generationen 'geteilt' werden können", so der Wissenschafter des Jahres 2006.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /