©  ivabalk auf Pixabay  / AKW Temelin
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Liegt die Zukunft Tschechiens rein in der Atomkraft?

Für Österreicher:innen nicht vorstellbar: Die Energiezukunftsmeinung in der tschechischen Republik

Prag- Die tschechische Regierung hat dem Druck von einigen NGOs nicht nachgegeben, ihre Haltung zum Thema Atomkraft zu ändern. Immer noch will sie den Schwerpunkt der Stromerzeugung auf die Nutzung bestehender AKW-Kapazitäten und auf den Bau neuer Kernkraftwerke legen. Dazu wird derzeit das Energiekonzept des Industrieministeriums aktualisiert. "Ohne Atomkraft wird es nicht gehen, Tschechien hat keine Wasserkraft und die Sonne scheint zu wenig, Windkraft ist auch keine Lösung für eine volle Abdeckung des Bedarfs," so ist aus Ministerien zu hören.

Die Atomkraftwerke Dukovany und Temelín liefern heute 36 Prozent des Stroms, und der Kernkraftanteil soll in Zukunft gesteigert werden, auf rund 56 Prozent. Mehr als vierzig Prozent des Stroms sollen in Zukunft vor allem aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden.
Angesichts geografischer Gegebenheiten wird dies aber sogar als zu großer Wurf gesehen. Der Wasserkraftanteil von 3% wird kaum zu erhöhen sein, als soll der Rest aus Biomasse, und Sonnenenergie kommen (Wind wird kaum mitgedacht) und vielleicht noch ein bisschen Gas.

Windkraftanlagen decken derzeit ein Prozent des Stromverbrauchs, und ihre Leistung und ihr Wirkungsgrad sind gering, so die Regierung. Außerdem, so eine weitere Meinung, sind die Anschaffungskosten zu hoch. Bis sich Windkraft amortisiert, ist die Lebensdauer der Anlage schon bald abgelaufen! Einzig und allein Photovoltaik scheint für die Regierung ein wenig bessere Aussicht zu haben, eingebunden in kommunale Energieprojekte, oder in jene großer Konzerne. "Vieles entspricht nicht unserem Bild einer Energiewende, was da kommuniziert wird. Es ist schlicht und einfach nicht korrekt," so einer meiner Bekannten, der jobmäßig viel Zeit in Tschechien verbringt. Bis 2033 will man trotzdem alle Kohlekraftwerke schließen, die Zeit rennt davon.

"Eine Möglichkeit wäre, den Energiesektor endlich zu dezentralisieren und und administrative Voraussetzungen für das Entstehen lokaler regionaler Energiesysteme zu schaffen. Mit Biogas, Photovoltaik, auch Windkraft, mit der Revitalisierung kleinerer bestehender Wasserkraftwerke, mit Energieeffizienz, mit Wärmepumpen und Energiespeichern wäre es möglich, ein System zu schaffen, das vor Ort Strom und Wärme erzeugt, Energie die zur großem Teil vor Ort verbraucht wird, Systeme, die auch Überschusse erzeugen und ins öffentliche Netz einspeisen könnten. Solche Lösungen sind machbar, werden vor Ort von manchen noch als Herausforderung gesehen, aber sind sicher schneller und günstiger als Atomkraftwerke umsetzbar." so ein Vertreter einer tschechischen NGO.

"Die Regierung denkt, dass teure Mega-Kraftwerke, mit Atomkraft betrieben, oder auch kleinere modulare Reaktoren, die in der Praxis jedoch nicht erprobt sind, einen Energienotstand abwenden. Es wird nicht bedacht, dass sie uns in die Lage bringen könnten, zu teuer und auch ineffizient zu sein. Wie soll es außerdem geschafft werden, den ersten der sieben ermittelten Standort in Temelin bereits 2032 in Betrieb zu nehmen, wenn man sich bisherige Entwicklungen beim Neubau von Atomkraftwerken in Europa ansieht? Es wäre mehr als nur sinnvoll, diese Pläne zu ändern, denn saubere grüne Energiequellen sind billiger und können rascher ausgebaut werden. Aber noch fehlt die Einsicht... zumindest bei vielen staatlichen Stellen!" sagt er weiter. "Ich bin zutiefst überzeugt, dass es andere Wege geben könnte. Mein Vater hat mir gesagt, er erinnert sich noch an die öffentlichen Aussagen vor der Zwentendorf Abstimmung in Österreich, dass man ohne Kernkraft nicht genug Strom haben wird und die Lichter ausgehen. Darum habe ich die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben!"

"Rethink, Rebuild, Repower" hat der einstige tschechische Staatspräsident und Menschenrechtskämpfer Vaclav Havel gesagt...vielleicht sollte so manches noch überdacht werden.

JELE


Artikel Online geschaltet von: / stevanov /