Ökostrom: Stillstand statt Aufschwung

Die Ökostromverbände kritisieren die geplante Netzgebührenerhöhung und fordern eine rasche EU-Genehmigung des Ökostromgesetzes- Dringendes Handeln notwendig

Die geplante Neuregelung der Netzgebühren bedroht österreichische Stromerzeuger und besonders die Ökostromerzeuger. Deshalb lehnen die Ökostromverbände (Biomasse-Verband, IG Windkraft, Kleinwasserkraft Österreich und Photovoltaik Austria) den Vorschlag der Energie-Control Kommission für die neue Systemnutzungstarife-Verordnung strikt ab. Außerdem fordern die Ökostromerzeuger eine Beschleunigung des laufenden EU-Genehmigungsverfahrens der Ökostrom-Novelle. Investitionen im Ausmaß von 3,8 Mrd. Euro können derzeit nicht umgesetzt werden.

Die Aufbringung der Strom-Netzgebühren soll neu geordnet werden. Bisher waren wesentliche Komponenten der Netznutzungsgebühren von den Verbrauchern und nicht von den Erzeugern zu tragen. Dies ist auch international so üblich. In Zukunft sollen nun, so lautet der Vorschlag der E-Control, auch die inländischen Erzeuger massiv bei den Netzkosten mitbezahlen. Geplant ist eine drastische Erhöhung der Netzgebühren für österreichische Erzeuger zwischen 130 und 270% (auf 0,25 bis 0,41 Cent/kWh).

Freie Fahrt für Atomstrom und Gebührenschock für Ökostrom

Dies, so die Ökostromverbände, bedeutet eine massive Benachteiligung der heimischen Stromerzeuger gegenüber ihren europäischen Konkurrenten. Letztere haben in ihren Heimatländern keine Netzgebühren zu tragen. Exportieren sie den Strom nach Österreich, haben sie damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Besonders betroffen sind die österreichischen Ökostromerzeuger. Sie bekommen einen gesetzlich vorgeschriebenen Fixpreis für ihren Strom. Wenn sie nun, was in dieser Höhe niemals absehbar war, für die Netzgebühren zur Kasse gebeten werden, können sie diese Kosten nicht weitergeben. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit ihrer Projekte. Für einen typischen Windpark bedeutet der Vorschlag der E-Control beispielsweise einen Einbruch der Wirtschaftlichkeit um knapp die Hälfte!

Auf den Punkt gebracht heißt das: Freie Fahrt für sämtliche Stromimporte, egal ob aus Gas-, Kohle- oder Atomkraftwerken und gleichzeitig ein absolut existenzbedrohender Gebührenschock für inländische Ökostromerzeuger - und das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten!

Harsche Kritik an der E-Control

Durch die Aufteilung der Netzgebühren auf Verbraucher und Erzeuger soll der Anschein einer Netzgebührensenkung für Verbraucher erweckt werden. "Das Ganze ist ein billiger Taschenspielertrick der Regulierungsbehörde, die um jeden Preis niedrige Netzgebühren vorweisen will, auch wenn das beim Verbraucher nie ankommen wird", enttarnt DI Martina Prechtl, Geschäftsführerin von Kleinwasserkraft Österreich, das Ansinnen der Energie-Control-Kommission: "Wir zweifeln eine tatsächliche Entlastung der Stromkunden ernsthaft an. Die zusätzlichen Gebühren für die Erzeuger werden sich nämlich in den Rechnungen der Stromkunden wieder finden, und am Ende des Tages bezahlt alles erst wieder der Verbraucher. Anstatt für transparente Marktbedingungen zu sorgen, wie es ihre Aufgabe wäre, erweckt die E-Control so nur den Anschein einer Senkung der Netztarife."

"Dieser Anschlag auf die Ökostrombranche muss abgewendet werden", fordert Dr. Hans Kronberger, Präsident von Photovoltaik Austria.

EU-Genehmigung der Ökostrom-Novelle: Investitionen um 3,8 Mrd. Euro werden blockiert

Aber damit ist noch nicht genug! Das andere Thema, das den Ökostromproduzenten derzeit unter den Nägeln brennt, ist das Inkrafttreten der im Juni vom österreichischen Parlament beschlossenen Ökostromgesetzesnovelle. Sie liegt derzeit bei der EU-Kommission zur Genehmigung. Nach der unglücklichen Novelle 2006 birgt dieses Gesetz zumindest eine Hoffnung, dass der seit zwei Jahren stockende Ökostromausbau (bei entsprechenden Einspeisetarifen) wieder ein wenig an Fahrt gewinnt. Auch die gefährdeten Biogasanlagen können in ihrer Existenz geschützt werden. Derzeit deutet vieles darauf hin, dass sich das Genehmigungsverfahren in die Länge zieht und das Gesetz nicht, so wie geplant, mit 1.1. 2009 in Kraft treten kann. Die Ökostromerzeuger hängen damit vollkommen in der Luft. Der Ball liegt beim Wirtschaftsministerium, das bis Ende November insgesamt 23 Fragen der EU-Kommission beantworten muss.

"Das Wirtschaftsministerium muss im Genehmigungsverfahren engagiert, kompetent und mit hohem Nachdruck agieren. DieÖkostrombranche braucht rasch klare Rahmenbedingungen", fordert Dr. Heinz Kopetz, Präsident des Biomasse-Verbandes.

"Im Zweifel muss man das Verfahren aufteilen, die Genehmigung der unproblematischen Teile könnte dann rasch erfolgen. Dann können wir den Ausbau von Ökostromanlagen endlich fortsetzen. Allein die Umsetzung der im Gesetz geplanten Ziele bedeuten ein sofort aktivierbares Investitionsvolumen von 3,8 Mrd. Euro. In Zeiten einer herannahenden Rezession ist das ein wichtiger Konjunkturimpuls", meint dazu Mag. Stefan Hantsch, Geschäftsführer der IG Windkraft.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /