Ein offener Brief von ENERGIA 2000 aus der Slowakei

Ein "Hilferuf" an die zuständigen Stellen der EU Kommission - gibt es entsprechende Antworten ?

Die Informationen, die die Probleme der Fertigstellung beider Mochovce Blöcke mit Baugenehmigung aus dem November 1986 betreffen, sind sehr dürftig. Wie steht es mit der Finanzierung nach dem Zerfall des Konsortiums von 8 Banken und dem Ausscheiden der Generaldirektorin Straka-Ovesny aus der für die Finanzierung federführende Bank Slovenska Sporitelna (Tochter der Ersten Bank)? Das alles wirft große Schatten auf das Vorhaben. Offiziell war am 3.11.2008 bei dem ENEF (European Nuclear Energy Forum) Treffen in Bratislava der Start für die Technologie des Weiterbaus der alten Anlagen gegeben, den aus den 70-er Jahren aus der Sowjetunion stammenden Anlagen.

Laut einer Presseerklärung von 15.7.2008 "European Commission- Opinion on units 3 and 4 the Slovak Nuclear Power Plant of Mochovce" werden von den Betreibern und Aufsichtsbehörden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen abverlangt. Die durch die EU Kommssion verlangten Auflagen wurden am gleichen Tag der Veröffentlichung im 1. Programm der STV SR in der Hauptsendung der Nachrichten des Staatsfernsehens vom Premier zu Empfehlungen degradiert, an die Enel sich nicht halten muss.

Die Probleme, wie fehlendes Containment, ein nach alten Normen vor Jahrzehnten konstruierter Bausubstanz und seit mehr als 16 Jahren nur oberflächliche "Rostpflege" werden zum unverantwotlichen Risiko. Dies alles soll durchführt werden ohne Einladung der Nachbarländer und der Öffentlichkeit zugesagten UVP (Umweltverträglichkeits- Prüfung). Bei Anfrage von Energia 2000 nach den UVP-Unterlagen und nach dem Erörterungstermin beim zuständigen Beamten im Umweltministerium SR am 21.11.2008 bekam man keine konkrete Information mit einem Verweis an die Zuständigkeit bei Enel!!

Erfahrungen mit anderen UVP-Terminen lassen befürchten, dass die UVP Unterlagenankündigung und der Termin kurz vor Feiertagen festgelegt wird. Mit Zusagen und Anpreisungen nimmt man es scheinbar nicht sehr ernst. In einer Veröffentlichung in der Juli-August 2008 Ausgabe von BUSINESS JOURNAL SLOVAKIA wird über Mochovce angegeben: "Nitra the oldest town in Slovakia,....and scientifik resources, the Nitra Region will soon be able to boast being a European leader in the nuclear arena: in 2013, it will be home to Europe's youngest and most modern nuclear power plant (NPP), which, with a total production capacity of more than 1800 megawatts, will aim to provide almost half of Slovakia`s elektric power needs, .... "

Die Zuständigkeit für die Durchführung dieses Vorhabens ist bei Wirtschaftsminister Jahnatek, der sich nach der Begehung des Kraftwerks im August 2008 skeptisch geäußert hat, und davon sprach, dass die slowakische Regierung gezwungen ist, Variantenmodelle vorzubereiten. Die Öffentlichkeit wird mit Wechselbädern irre geführt. Jetzt soll die Fertigstellungsfinanzierung durch SE-Einnahmen (woher??) gesichert sein. Schon zwei Wirtschaftsminister bekamen "Schusswaffenwarnung" (der für die zwei ersten Blöcke zuständige Minister Jan Ducky, war in kürzester Zeit als Exminister erschossen. Der andere Pavol Rusko hat mit Enel geheimgehaltene 66% SE Verkaufsverträge verhandelt und war nach vorzeitigem Ausscheiden wegen Finanzaffären angeschossen worden und musste die private Fernsehanstalt Markiza verkaufen). Man muss sich sehr viele Fragen stellen.

Wie steht es mit der Strahlensicherheitskultur?

Die für die Sicherheit zuständige Behörde UJD ist von verschiedenen Seiten unter massiven Druck geraten, weil sie - technisch und finanziell nicht ausreichend ausgestattet - in kürzester Zeitspanne entscheiden sollte. Die slowakische Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny veröffentlichte in der ENERGIE Sparte am 24.6.2007 unter den Überschriften "Die Liqidation der Nuklearanlagen benötigt Miliarden", "Die Sanierung des havarierten KKW A1 verlangt nach 20 Miliarden und bezahlen müssen es die Verbraucher."

Die Probleme werden hier ungewöhnlich offen angesprochen, als problematisch werden die Folgen der zweiten Havarie (sehr lange geheimgehaltene Nuklearruine KKW A1) beschrieben. Die Leiterin der UJD Behörde, Marta Ziakova meint, dass "die Liquidation bestimmt mehr als 20 Miliarden SK kosten werde. Wiederholt kann man neue Überraschung erwarten." Die Tatsache, dass die kontrollierten Betreiber die Kontrollbehörde finanzieren sollen, wird als bestimmtes Risiko dargestellt. "Das Amt war bis jetzt aus dem Staatshaushalt finanziert. Die UJD Leiterin sagt, dass die Entlohnung der Mitarbeiter im Vergleich zu den KKW Angestellten wesentlich niedriger ist."

Was die Sicherheit der Anlagen betrifft, schreibt der Autor des Beitrags, so kann "die Bevölkerung ruhig schlafen. Die Wahrscheinlichkeit der Explosion ist klein und die Sicherheit der KKW Anlagen wird ständig erhöht. Am Sichersten sollten die vorbereiteten Blöcke 3 und 4 in Mochovce sein ....schlimmer sind die KKW Anlagen in Bohunice dran, die sind 10 mal weniger sicher und ein ernstes Ereignis sollte sich nach den Berechnungen der Kontrolleure einmal in hunderttausend Jahren ereignen." Man muss sich fragen, ob die alten sowjetischen Anlagen aus der 60er und 70er Jahren, die havarierten KKW A1 Anlagen mit hochradioaktiven flüssigen Abfällen und Schlämmen in Speichern mit längst abgelaufener Lebensdauer (z.B. 1987), sicher sind in einem seismisch und tektonisch unsicheren Gebiet? Die Beamten schließen die Augen vor der Realität und machen sich mehr Sorgen um ihren Job als um die möglichen Folgen eines Erdbebens.

Dabei hat z.B. am 13.3.2006 ein Erdbeben der Stärke 3,4 bei Kostolany mit dem Epizentrum nur 13 km von der KKW Anlage in Bohunice entfernt stattgefunden. Und im gleichen Gebiet hat auch ein großes Erdbeben 1906 mit der Stärke 5,7 stattgefunden. Ist das aus geologischer Sicht (siehe Betriebsverbot der KKW Anlagen Mülheim Kärlich) und geologischer Zeitbetrachtung vernachlässigbar?

Die gesamte Risikobewertung bei KKW Technologien in den 70er Jahren war für Erdbeben mit 20% geschätzt, heute muss mit 80 - 85% gerechnet werden. Das Gebiet Mochovce ist nicht besser dran. Die Anlagen sind seit Anfang der 80er Jahre im Ausbau - am Rande der Vulkangebirge "Stiavnicke hory" mit einem nur 20 km entferntem schlafendem Vulkan "Putikov vrsok". Die gemessene Seismizität an der Lokalstation ist alarmierend: z.B. im Jahr 1991 Levice mit Magnitude 3,8 und am 23.9.2004 mit Magnitude 3,4. Dabei hat man Erfahrungen aus Japan, wo am 16.7.2007 die KKW Anlagen Kashiwazaki mit wesentlich sichererem Standard verstrahlt worden sind. Es kam auch zum Transformatorbrand und das alles bei 20 Sekunden dauerndem Erdbeben mit einer Stärke von 6,8.

Finanzierungsmangel ist "Normalzustand":

TASR publizierte am 6.11.2008, dass das Wirtschaftsministerium eine Revision-Erklärung für den Staatshaushalt 2009 vorgelegt hat. Wie der Gewinn von 37% SE Staatseigentum beteiligt wird, wird in der Meldung der Presseagentur nicht erwähnt. Weitere Informationen gibt es am 17.11.2008 publiziert auch in "The Slovak Spectator" über Regierungsmassnahmen: "Mochovce... Goverment calls a reasonable price". Beschwerden über Preisverhandlungen mit dem Anlagenteilelieferanten und Nichteinhaltung der vorher ausgemachten Preise lassen für das Staatsbudget keine gute Erwartungen zu.

Die UN ECE Vicepresidentin Brigita Schmögnerova wird am 20.11.2008 damit zitiert, dass es an Unterstützungsmitteln für die Energieeffizienz (20%), Erneuerbare Energie (15%) und Industrieerneuerung (7,5%) sehr großes Interesse gibt. Wie und ob das Programm in der Slowakei realisiert wird, hat das Wirtschaftsministerium immer noch nicht entschieden.

Die Slowakei hat noch ein großes finanzielles Problem: Die Finanzierung der Beseitigung nach INES 4 der Havariefolgen am A1 Reaktor werden diese vorübergehend aus dem Nuklearfond V1 Subkonto abgedeckt. Nach Anweisung von Wirtschaftsminister Jahnatek vom 1.1.2008 wurden von KKW V1 an das KKW A1 Subkonto 1.379.487.919,41 SK übertragen. Wie dies bis 2011 beglichen werden soll, ist nicht bekannt.

Die Folgen der zweiten Havarie KKW A1 (seit 22.2.1977 eine Nuklearruine) sollten laut Projekt "Uvedenie jadrovej elektrarne A1 do radiacne bespecneho stavu" durch die Überführung des KKW A1 in strahlungssicheren Zustand bis 2007 geschehen. Beschlossenes Vorgehen und ein Zeitplan wurden in den Dokumenten 266/93, 877/94 und 649/95 festgelegt. Wegen finanzieller und technischer Probleme wurde der Termin nicht eingehalten. Die drei ernsten Unfälle an der KKW A1 Anlage sind zum ersten Mal chronologisch in der Tageszeitung SME am 12.5.2008 unter der Überschrift "Havarovana elektraren nas stale trapi", "Dauerhafte Qual mit dem Havariekraftwerk" erschienen. "Nicht einmal in den 31 Jahren die seit Betriebsschluss des ersten KKW vergangen sind, sind die Folgen der Ereignisse bekannt". Das Geschehen als solches hat man mit "Erfolg" retuschieren können und mit Geheimhaltungsnetzen umspannt.

Die Gesundheitsfolgen, wie die steigende Krebsrate, Leukämie, Missbildungen, das Down-Syndrom, eine rapid sinkende Fruchtbarkeit hauptsächlich bei Männern die in der Zeitspanne der Geschehnisse in die Pubertät kamen, lässt sich nicht verheimlichen. Bei betroffenen Menschen, die nach jahrelanger Qual und onkologischer Behandlung sterben, wird als Todesursache Organversagen angegeben. Die Betroffenen fragen nach den Ursachen, aber von den die ganze Zeit eingeweihten "Mitspielern" sind keine richtigen Antworten zu erwarten.

"Die ersten zwei Ereignisse habe sich noch in der kommunistischen Regierungszeit ereignet, das letzte ist schon danach, am 12. 5 .1991 passiert. Das zuständige Amt für Hygiene hat zugegeben, dass es für eine epidemiologische Studie zu Krebs oder Leukämie, die durch konkrete Folgen beim KKW Betrieb vorkommen, also Krankheiten die man am häufigsten mit Strahlenbelastung in Zusammenhang bringt, kein Geld ausgibt. Nach Meinung der UJD (Atomaufsichtsamt) waren "die Aufklärung der Öffentlichkeit und die Methode der Havarien-Untersuchung nach der politischen Lage adäquat und dem zeitlichen Trend verpflichtet".

"Es kam zur einer Verstrahlung von Mitarbeitern im Limitbereich und einer Radioaktivitätsfreisetzung in die Umwelt. Das Kraftwerksareal war belastet", sagt heute Dusan Viktory aus dem Amt für öffentliche Gesundheit zu den Folgen. "Während der Zeit der Unfallsgeschehen hatten die Ämter geschwiegen". Heute geben die Gesundheitsbeamten ernste Folgen der zweiten Havarie mit bestimmten Einschränkungen zu. "Die radioaktiven Stoffe sind in die Atmosphäre entwichen und auch in die Oberflächengewässer gekommen. Nachdem man radioaktive Stoffe in den Abwasserkanal entlassen hat, war Radioaktivtät auch im Fluss Dudvah gemessen worden," sakte Viktory. "Er meinte, dass eine ernste radioaktive Belastung dank der Winterzeit vermieden worden war, die Vegetation ruhte, die Menschen bewegten sich nicht in der Flussnähe und Wasser wurde nicht zur Bewässerung von Böden benutzt."

Die Realität war anders, in den folgenden Frühjahrs- und Sommermonaten kam zu einer großen Zahl von Leber- und Gallenentzündungen. In den Krankenhäusern wurden Tag und Nacht Gallenoperationen durchgeführt. Die Chirurgen hatten keinerlei Erklärung dafür, warum bis dahin gesund lebende Menschen z.B. mit Gartenarbeiten oder anderen Hobbies in der freien Natur, plötzlich so ernsthaft erkrankt waren. "Die Regierung war trotz eines ernsten Schadens über zwei Jahre bemüht, das Kraftwerk zu reparieren und in Folge dessen wurden weitere große Mengen an hoch radioaktiv belasteten Materialien geschaffen."

Die dritte Havarie geschah 14 Jahre danach. "Beim Herausholen der schadhaften Brennelemente wurde die Reaktorhalle und die Umgebung kontaminiert". "Die Havarie hatte eine Erhöhung der radioaktiven Belastungsdosis des bei der Beseitigungsarbeit tätigen Personals zur Folge" sagte dazu Miroslava Pirozekova aus der UJD.
Das Erbe aus der sozialistischen Tschechoslovakei wird noch lange Zeit allerlei Folgen haben. "Die ehemalige stolze Auslage der Kommunisten, das A1 KKW in Jaslovske Bohunice, ist nach drei ernsten Havarien immer noch ein Nachtgespenst geblieben."


Sehr geehrte Damen und Herren,
ENERGIA 2000 wendet sich deshalb mit einem Hilferuf an Sie!

Mit freundlichen Grüßen
ENERGIA 2000

Lubica Kupke-Siposova u.a.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /