Energiestrategie 2020 für Österreich startet durch

Fossile Ausbaupläne und nachhaltige Energiezukunft? Eine Ansichtssache von Johannes Wahlmüller

Mitte Juni 2009 trat der Prozess zur Entwicklung einer Energiestrategie 2020 für Österreich in eine neue Phase: Jetzt wird auf Ebene der Arbeitsgruppen intensiv über Maßnahmen zur Erreichung der EU-Klima- und Energieziele verhandelt. Der Umweltdachverband begrüßt die Einbindung der Umweltorganisationen und der Ökoenergieverbände, obwohl bereits im Vorfeld Kritik an der Vorgehensweise geübt wurde. So richtet sich die Energiestrategie einzig an den EU-Klima- und Energiezielen bis 2020 aus, was für Österreich eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf 34 % bedeutet. Damit wird ein eigenständiger österreichischer Weg – der durchaus ambitionierter ausfallen könnte – von vornherein ausgeschlossen.

Als wenig ambitioniert ist das Effizienzziel, eine Deckelung des Energiebedarfs auf das Niveau von 2005, anzusehen. So werden etwa Einsparungen im Gebäudebereich von 10 % anvisiert, was jedoch weit unter den technischen Möglichkeiten liegt und 5 % im Bereich Mobilität, was allein durch eine Einschränkung des Tanktourismus bereits erreicht werden kann. Gewerbe und Industrie wird ein Mehrverbrauch zugestanden. Eine ‘grüne’ Energiestrategie für Österreich sollte sich danach ausrichten, die Effizienz- und Einsparpotentiale vollständig auszureizen, das Ausbaupotential erneuerbarer Energieträger voll umzusetzen, sich an den zukünftigen Bedürfnissen orientieren und muss das Ziel eines Ausstiegs aus fossilen Energieträgern klar formulieren. Dann könnte der Anteil erneuerbarer Energien im Jahr 2020 deutlich über der 40 %-Marke liegen.

Gleichzeitig werden neben dem Diskussionsforum der Energiestrategie von der E-Wirtschaft und der fossilen Energielobby längst Fakten geschaffen: So ist der Bau von Gaskraftwerken - die angeblich alte Kohlekraftwerke ersetzen - bereits voll angelaufen. Entlarvend ein Vergleich der Größenordnungen: Zuletzt ging das 400 MW-Gaskraftwerk in Timelkam (OÖ) ans Netz und ersetzte das alte Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 66 MW, im vergangenen Oktober erfolgte der Spatenstich des Großkraftwerks Mellach (800 MW), das allein etwa 70 % des Stromverbrauchs der Steiermark decken kann. Es soll Öl- und Kohlekraftwerke ersetzen, deren Stilllegung bis zu 10 Jahre zurückliegt. Mit den derzeitigen Kraftwerksplänen wird sich die thermische Kraftwerkskapazität in Österreich bis 2015 vermutlich verdoppeln. Zusätzlich wird versucht, die umstrittene Nabucco-Pipeline durchzuboxen und Österreich leitungstechnisch zum Transitland hochzurüsten. Ob die fossilen Ausbaupläne mit einer nachhaltigen Energiezukunft in Österreich vereinbar sind, sollte eigentlich Thema der Energiestrategie sein: Die droht aber bereits von der Realität eingeholt zu werden, bevor die Tinte des Papiers trocken ist.

GastautorIn: Johannes Wahlmüller - Klima- und Energiereferent, Umweltdachverband für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /