Chinas Weg in die Solarwirtschaft: gezielte Stärkung der einheimischen Industrie – dennoch Chancen für ausländische Investoren

Inlandsmarkt zieht an

München / Berlin - Die weltweite Wirtschaftskrise hat auch in der chinesischen Photovoltaiklandschaft deutliche Spuren hinterlassen. Allein in der Provinz Jiangsu mussten rund 300 Unternehmen entlang der Photovoltaik-Wertschöpfungskette ihren Betrieb einstellen. Dennoch ist China auf dem Weg auf dem Inlandsmarkt Nachfrage für die Solarwirtschaft zu schaffen, so ein zentrales Ergebnis der Studie ‘China PV Market Development’ von Greentech Media.

‘Trotz seiner dominanten Herstellerposition, war der chinesische Photovoltaikmarkt aufgrund der geringen Nachfrage nach Photovoltaik-Zellen in der Vergangenheit nahezu unbedeutend. Dieses Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage möchte China nun korrigieren und eine eigenständige, sich selbst tragende Solarwirtschaft aufbauen. Für die deutschen Hersteller bedeutet dies aber nicht, dass der durch das Überangebot erzeugte Preisdruck durch chinesische Hersteller in absehbarer Zeit spürbar nachlassen wird’, resümiert Adrian Fopp, European Business Development Consultant bei Greentech Media Inc.

Förderungspolitik führt zu Standortvorteilen chinesischer Stromversorger und PV-Unternehmen

Die chinesische Regierung hat erkannt, dass die Photovoltaik als wichtige Wachstumsbranche nur durch die Schaffung heimischer Nachfrage unterstützt werden kann und deshalb landesweite Solar-Förderprogramme gestartet. Diese Programme sind sowohl für die Produktion (upstream) als auch den Bau und Betrieb von Solarkraftwerken (downstream) angedacht.

Demzufolge wird China zukünftig eine flexible Politik verfolgen, die der Regierung umfangreiche Spielräume eröffnet. Bei der Ausgestaltung und Umsetzung dieser Strategie greift China auf seine Erfahrungen mit Testgebieten, Demonstrationsprojekten und politischer Unterstützung aus der Windenergie zurück. Staatliche Unternehmen oder Gesellschaften, an denen der Staat beteilig ist, werden deutliche Vorteile haben: dies gilt von Genehmigungen über den Netzanschluss bis hin zur Finanzierung. Diese Unternehmen werden voraussichtlich den Photovoltaik-Markt im Kraftwerksmaßstab beherrschen. Chancen sieht Greentech Media jedoch im Bereich kommerzieller Aufdachanlagen, die für Investoren interessant werden.

Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in den Provinzen ist ein wesentlicher Maßstab an dem die Führer der kommunistischen Partei gemessen werden. Das regionale Wachstum hat daher landesweit höchste Priorität. Dies wird auch für die solare Wertschöpfungskette gelten, beginnend mit der heimischen Siliziumproduktion bis hin zur Modulfertigung. Dementsprechend werden Hersteller, die staatliche Fördermittel erhalten oder in die Schaffung von Arbeitsplätzen investieren, bevorzugt. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Unterstützung der heimischen Industrie sind der gewichtigste Grund für die neue Solar-Politik in China. Daher wird sich die Regierung künftig verstärkt für den Bau von Produktionsstätten und die Entwicklung von Kraftwerksprojekten einsetzen.

Die Förderung durch den chinesischen Staat und die Provinzen wird die Projektentwicklung weiter vorantreiben und damit auch Investitionen in Produktionsstätten als Teil der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung anschieben.

Ein Beispiel dafür ist die Vereinbarung zwischen LDK und der Provinzregierung von Qinghai, welche Photovoltaik-Kraftwerke mit einer Nennleistung von mehreren hundert Megawatt umfasst und zugleich den Bau einer Modulproduktion mit einer jährlichen Kapazität von 500 MW vorsieht. Eine vergleichbare Absichtserklärung hat Yingli mit der Provinzregierung von Hainan geschlossen, um dort eine komplett integrierte Photovoltaik-Wertschöpfungskette aufzubauen, sowie ein Unternehmen, das die regionale Projektentwicklung übernehmen soll.

In den letzten sechs Monaten sind zusätzlich zu einer Vielzahl von politischen Fördermaßnahmen, zahlreiche Photovoltaik-Anlagen im Kraftwerksmaßstab im Westen Chinas angekündigt worden, was der Photovoltaikindustrie einen beachtlichen Schub verliehen hat.

Ungleichgewicht zwischen Photovoltaik-Fertigungskapazitäten und heimischer Nachfrage bleibt bestehen

Um lokale Hersteller zu unterstützen und die Kapitalkosten durch Skaleneffekte zu senken, werden die Fertigungskapazitäten gegenüber der Solarstromproduktion hochgefahren. Wie schon bei der Windenergie wird sich das Ungleichgewicht zwischen installierten Produktionskapazitäten und aus erneuerbaren Energien erzeugtem Strom nach Analyse von Greentech Media zu Beginn des Aufbaus der Solarwirtschaft wiederholen.

1 GW Photovoltaik-Leistung im Jahr 2011; Engpässe bei der Förderung und Projektentwicklung

Im Jahr 2011 wird demnach rund ein Gigawatt Photovoltaik-Leistung in China installiert sein. Der Großteil wird durch die Einführung eines landesweiten Solarstrom-Einspeisetarifs initiiert. Engpässe erwartet Greentech Media sowohl bei der technischen Projektentwicklung als auch bei der Umsetzung der Förderprogramme. Gründe hierfür sind die vielschichtigen politischen Entscheidungsebenen (von den örtlichen Behörden über die Provinzregierungen und die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) bis hin zum Finanzministerium) sowie die zu erwartende extrem hohe Anzahl an Förderanträgen. Die anfänglich hohe Nachfrage nach staatlichen Fördermitteln wird die Entwicklung im Jahr 2009 und zu Beginn des Jahres 2010 bremsen. Mit zunehmender Erfahrung der Regierung und dem in Kraft treten eines Einspeisetarifs wird die weitere Entwicklung jedoch an Schwung gewinnen.

Netzintegration als zentrale Herausforderung für den PV-Ausbau

Als größte Herausforderung im chinesischen Strom- und Photovoltaikmarkt sehen die Analysten von Greentech Media die Netzintegration neuer Kraftwerksleistung. Wie beim Ausbau der Windenergie ist es höchst wahrscheinlich, dass auch neue Photovoltaik-Kraftwerke nur schleppend angeschlossen werden (und einige gar nicht mit dem Netz verbunden werden könnten). Als Ursache hat Greentech Media einerseits fehlende Standards für die Netzintegration und andererseits mangelnde Erfahrung der Projektentwickler identifiziert. Bis die Netzintegration standardisiert und verlässlich ist, werden unabhängige Stromproduzenten nur zögerlich den Markt betreten, da ihr Umsatz bei einem landesweiten Einspeisetarif direkt von den eingespeisten Kilowattstunden abhängig ist.

Struktur des chinesischen Energiemarktes

Die Struktur des chinesischen Elektrizitätsmarktes wird die Entwicklung des Photovoltaik-Marktes hin zur Netzparität von Solarstrom in den nächsten Jahren kaum ermöglichen. Die Elektrizitäts-Grundlast wird vermutlich weiterhin mit Strom aus Kohlekraftwerken gedeckt werden. Erdgas wird aufgrund der chinesischen Verbrauchsstrategie kaum eine Rolle spielen. Da der Strompreis von der ‘Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission’ (NDRC) festgesetzt wird, ist der Wettbewerb deutlich weniger entwickelt als in westlichen Märkten. Allein die netzunabhängige Photovoltaik ist bislang mit Strom aus Dieselaggregaten wettbewerbsfähig, bei Kosten von rund 0,15 US-Dollar pro Kilowattstunde. Doch die chinesischen Stromversorger verfolgen das Ziel, die Kosten für in das Netz eingespeisten Solarstrom auf das Niveau der Windenergie und später auch der Kohle zu senken.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /