© Secwepemc
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Schi-Heil!

Unsere Schimädels und -burschen und die Rechte der Indianer

Bei aller Distanz des Berichterstatters gegenüber Wettbewerbs-Sport – nämlich: erstens müssen immer welche verlieren, damit andere gewinnen können; zweitens: was bringt das der Menschheit wirklich, wenn eine/r den Hang um drei Hundertstelsekunden schneller herunterfährt als ihre/seine Konkurrent/inn/en?

Also: Bei aller Distanz hatte der Berichterstatter bisher eine durchaus glückhafte Einstellung zu den Ereignissen des Wintersports, und zwar bei jeglichem Ausgang: Verloren unsere Burschen und Madln, war er durchaus zufrieden. Weil Hochleistungssportler ja ohnehin weit über ihrem Wert gehandelt und nur durch die Dummheit der Massen in die Wolken gehoben werden. Gewannen ‘wir’, freute er sich noch mehr. Besonders wenn er gerade im Ausland war und seine Freunde erinnern konnte: ‘I am from Austria’.
Diese Freude ist nicht mehr ungetrübt, seit ihm Zusammenhänge klar wurden, von denen er vorher nichts gewusst hatte:

Seit zehntausend Jahren leben im heutigen Kanada Indianer. Relativ glücklich, bis sie vor zweihundert Jahren von den weißen Immigranten ‘entdeckt’, verfolgt, entrechtet, vertrieben wurden. Manchmal wurden aber auch Verträge abgeschlossen. Zum Beispiel mit den Neskonlith-Indianern. Danach gehört die Secwepemc-Region ihnen. Nur – die kanadischen Behörden ignorieren das einfach. Taufen die Gegend auf ‘Sun Peaks’ um. Lassen ein Mega-Schigebiet mit geplanten vierundzwanzigtausend Betten errichten, wo vor zwanzig Jahren zwei Hütten mit vierzig Betten standen. Sperren die protestierenden Ureinwohner ein.

Peter Schröcksnadel ist Idealist. Als Präsident des österreichischen Schiverbandes ÖSV ist er ehrenamtlich tätig. Dass unsere Berschen und Dirndln als einzige in Sun Peaks trainieren dürfen, ist sein Verdienst. Verdienst im doppelten Sinn. Im Privatleben ist er auch Geschäftsmann. Eine seiner Firmen verkauft Werbeflächen in Schigebieten und ist in Sun Peaks bestens etabliert. Auch andere österreichische Firmen haben großes Interesse am hemmungslosen Ausbau von Sun Peaks zu einer disneylandartigen Imitation von Kitzbühel. Der ÖSV stellt energiefressende, grundwasservergiftende Schneekanonen zur Verfügung.

Der ÖSV bekundet Sympathien für die Urbevölkerung. Aber gottseidank handelt es sich um eine ‘innerkanadische Angelegenheit’, in die man sich ja nicht einmischen darf. Und einmal bringt der ÖSV zu einer Veranstaltung nach Sölden sogar zwei freundliche, positiv denkende Indianer mit. Die stellen sich später allerdings als alles andere denn als Repräsentanten ihres Volkes heraus. Echte Vertreter der Neskonlith reisen auf eigene Kosten nach Wien, beschwören ÖSV und Politiker, ihr (vom österreichischen Steuerzahler subventioniertes) Engagement in Sun Peaks zu beenden, weil es ja zu einer weiteren Einzementierung des rechtswidrigen Zustandes beiträgt. Vergeblich.
Das einerseits so sympathische Kanada hat also auch ein anderes, ein brutales Gesicht. Das zeigt sich etwa beim Kahlschlag der Urwälder: ‘Nachhaltigkeit’, in unseren Wäldern seit Maria Theresia Vorschrift, ist für Kanadas Behörden immer noch ein Fremdwort. Und jede Unterschutzstellung muss hart erkämpft werden – auch österreichische Greenpeacer sind dafür schon in kanadischen Gefängnissen gesessen. Das brutale Gesicht zeigt sich auch beim jährlichen Seehundgemetzel, wo besoffene Robbenschläger den Seehunden das Fell oft noch bei lebendigem Leib abziehen, weil sie in ihrem Dusel mit der Betäubungskeule nicht richtig treffen, und ebenso bei der Strafverfolgung von Tierschützern, die einzelne Tiere durch Besprühen mit Farbe retten wollen – das nämlich ist ‘Tierquälerei’ und überhaupt, in das Jagdgebiet einzudringen ist Störung der Ruhe der Tiere. Zu diesem Zynismus passt die Behandlung der kanadischen Indianer, die heute womöglich ärger ist als in den Vereinigten Staaten. 2007 verabschiedete die UNO mit der Stimme Österreichs die Deklaration der Menschenrechte indigener Völker. Dagegen stimmten nur 4 der 192 Mitgliedsländer, nämlich Australien, Neuseeland, die USA – und Kanada.

Ausführliche Berichte findest du/ finden Sie in der Zeitschrift der Gesellschaft für bedrohte Völker Österreich Dez. 2009/Jänner 2010, pp. 5-8 und unter
www.datum.at/0108/stories/4588048
www.firstnations.eu/media/01-0-indianer.pdf

GastautorIn: Univ.-Lektor Mag. Dr. Gernot Neuwirth für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /