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Nachhaltiges Planen und Bauen – ohne JournalistInnen?

Resümee der Podiumsdiskussion der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten

Der Ausschuss Nachhaltigkeit der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) lud neuerlich ins ERSTE Bank Event Center in der Wiener Innenstadt. Das Thema diesmal: das Verhältnis von JournalistInnen und der Arbeit von ArchitektInnen und IngenieurkonsulentInnen im Zusammenhang mit der öffentlichen Nachhaltigkeitsdiskussion. Am Podium saßen Vertreter beider Berufsgruppen, es moderierte Peter Huemer.

Peter Maydl, Vorsitzender des bAIK-Ausschusses Nachhaltigkeit, wies in seinen einleitenden Worten auf die Komplexität des Themas Nachhaltigkeit hin; schließlich umschreibe der Begriff den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. Dies ließe nicht nur das Regelwerk immer komplizierter werden, sondern auch die Kommunikation an den Endverbraucher und die allgemeine Öffentlichkeit.

Georg Reinberg vom Architekturbüro Reinberg ZTGesmbH stellte zu Beginn eine prägnante Frage in den Raum: Was bringt die Nachhaltigkeitsdiskussion für die Weiterentwicklung der Architektur? Ihn interessiere, was aus den Überlegungen zur Nachhaltigkeit entstehe – auch auf ästhetischer Ebene –, nämlich eine progressive Architektur. Der Architekturkritik komme in diesem Prozess eine maßgebliche Rolle zu. Daher bedürfe es KritikerInnen, welche die neue Zeit, das neue Denken tatsächlich verstehen. Ein Paradigmenwechsel sei notwendig: Mit Architekturkritik, die sich auf Bildbeschreibungen und ästhetische Bewertungen aus dem 19. Jahrhundert beschränke, sei modernes, nachhaltiges Bauen nicht diskutierbar. Vielmehr gehe es um folgende Fragen: Worauf baut moderne ökologische Architektur auf? Welches Weltbild liegt ihr zugrunde? Wie verändert sich die Bewertungsgrundlage? Was ist wertvolle Entwicklung? Und schließlich: Gibt es so etwas wie nachhaltige Architekturkritik?

Der Architekturpublizist Otto Kapfinger stimmte Georg Reinberg generell zu. Tatsächlich gebe es Defizite auf Seiten der Medien, vor allem werde dem Thema auf einer qualitativ hochwertigen Ebene zu wenig Raum gegeben: Die Berichterstattung erfolge ohne die zum Verständnis notwendige Kontinuität. Die Schwierigkeit liege darin, ‘unsichtbare’ Faktoren zu kommunizieren, die zwar quantifizierbar und messbar seien, aber eben außerhalb der unmittelbar visuellen Welt lägen. Daher hafte dem Thema eine Sprödigkeit an, die der breitenwirksamen Kommunikation entgegenstünde.

Der Architekturjournalist Wojciech Czaja sieht das Problem nicht zuletzt in der Struktur der Medien selbst: Die Zeit werde im journalistischen Alltag ständig knapper, die Artikel kürzer, das Thema aber laufend komplexer. Zugleich nimmt er die ArchitektInnen selbst in die Pflicht. Viele würden mehr und mehr zu Marketingexperten, kommuniziert werde ausschließlich Positives. Mehr Selbstkritik und Ehrlichkeit könnten den Diskurs zwischen Medien und ArchitektInnen vorantreiben.

Interessante Perspektiven brachte Franz Hölzl in die Diskussion ein: Als Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit bei der SPAR Warenhandels AG weiß er um die Schwierigkeiten in der Nachhaltigkeitskommunikation: Nur ein Viertel der KonsumentInnen könnten mit dem Begriff überhaupt etwas anfangen. Komplexen Sachverhalten stünde Beliebigkeit im Begrifflichen entgegen. Innerbetrieblich seien das Thema nachhaltiges Bauen und die Standortfrage von wachsender Bedeutung.
Ein wichtiges Thema in der weiteren Diskussion – in die sich das Publikum mit wichtigen Impulsen einbrachte – war die Ebene der Berichterstattung: Das Thema Nachhaltigkeit sei viel zu relevant, um es auf den Feuilleton oder die Fachmedien zu beschränken. Doch kann es breitenwirksam vermittelt werden, ohne Banalisierung und Verwässerung zum Opfer zu fallen? Ist also die massenmediale Berichterstattung mehr Gefahr als Chance? Hierzu gingen Meldungen und Meinungen auseinander.

Einen Ausweg zeigte Georg Reinberg auf: Die Architektur selbst böte die Chance, das Thema begreifbar zu machen. Dem Architekten als Künstler sei es gegeben, das Unfassbare fassbar zu machen.

GastautorIn: Nora Dejaco für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /