© Daniel Mund/GLASWELT
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Fenster-Türen-Treff der Holzforschung Austria

Handfeste Infos und Tipps gab es auf dem Fenster-Türen-Treff der Holzforschung Austria am 25. und 26.2. in Wien

Wien- Über 190 Teilnehmer aus Österreich, Deutschland und der Schweiz nahmen heuer am 10. Fenster- und Türentreff teil- ein neuer Rekord. Nachdem die Veranstaltungsorte in den vergangenen Jahren in ganz Österreich verteilt gelegen sind, entschlossen sich die Veranstalter – die Holzforschung Austria (HFA) - diesmal in die Bundeshauptstadt einzuladen. Schwerpunktthema der heurigen Veranstaltung war die Sanierung, die in Zukunft immer größere Bedeutung in der Branche haben wird.

Zu Beginn ließ Klaus Peter Schober (Leiter der HFA) die Themen der ersten Dekade Revue passieren: Von der CE Kennzeichnung über Vakuumverglasung und Nanobeschichtung bis zu Thermoholz und Glas als tragender Werkstoff spannte sich bisher der Bogen.

Das Einführungsreferat wurde von Herrn Dr Euler-Rolle vom österreichischen Bundesdenkmalamt gehalten und stellte die Frage: ‘Fenster – ein Verschleißteil?’ zur Diskussion. Anhand eines Abrisses der 500järigen Fenstergeschichte bekamen die Teilnehmer einen Überblick über die historische Entwicklung dieses Bauteils und ein Gefühl für die Besonderheiten jeder Epoche. Vor diesem Hintergrund wurde klar, das das Fenster mehr ist als eine Öffnung in der Wand, nämlich ein Bauteil mit vielschichtigen Anforderungen nicht nur im Hinblick auf die Technik (Belichtung, Belüftung, Wärmeschutz und Beschattung), sondern auch im Bezug auf die Wahrnehmung ( Material, Haptik, Teilung der Glasflächen, handwerkliche Verarbeitung).

Vor diesem Hintergrund ist im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Restaurierung, eine Ertüchtigung oder ein Austausch des Fensters das Mittel der Wahl ist.
Entscheidend ist die handwerkliche Authentizität im Zusammenhang mit der jeweiligen Architektur.

Digitale Bauaufnahme für exakte Datengrundlagen

Die Möglichkeiten der digitalen Bauaufnahme stellte Dipl. Arch Henke von der TU MÜ im Anschluß vor:

* das Handaufmaß – alt, bewährt und immer noch unverzichtbar, das mit der
Entwicklung des Leica Disto 1993 eine neue Dimension der Schnelligkeit und Genauigkeit erreicht hat.

* reflektorlose Tachymetrie (Vorteil: das Kantenmodell liegt gleich vor Ort vor)

* 3D-Laserscanning (mittels Punktwolken kann eine Ebenheitsanalyse zB für
Fassadenrenovierung erstellt werden)

* Photogrammetrie: zur Gewinnung von Objektmaßen aus Messungen in Fotos


Die Zukunft wird in der Kombination dieser Verfahren liegen, die eine exakte Datengrundlage (zur Weiterverarbeitung) mit einer photorealistischen Darstellung verbinden.

Einsatzbereiche sind z.B. die genaue Erfassung von Bestandsfassaden zur maßgenauen Produktion vorgefertigter Vakuumdämmpaneele.

Sanierung im Altbau

Tischlermeister Rudolf Exel erläuterte die Fenstersanierung im Altbau anhand des Kastenfensters, das mehr als ein Fenster ist und dessen Tausch man 2x überlegen sollte. Nicht zuletzt ist seine Optik prägend für zahllose Gründerzeithäuser. Beim Fenstertausch im Zuge einer Gesamtgebäudesanierung werden oft nach dem Einbau von geprüften Schallschutzfenstern schlechtere Werte als beim Altbestand erreicht. Mit dickeren Scheiben und zusätzlichen Dichtungen lassen sich beim Kastenfenster Werte erreichen, die bei einzelnen Isolierglaselementen nicht möglich sind. Daher ist das Kastenfenster im Neubau immer noch eine ernstzunehmende Option.

Einen Vergleich zwischen modernen und historischen Beschichtungssystemen stellte DI Dr Gerhard Grüll von der HFA anhand einer aktuellen Versuchsreihe vor:

Einem unbehandelten Holz wurden die Varianten mit Leinölfirnis aus der Mitte des 19. Jdts, Alkydharzlacke aus den 1950ern und moderne Acrylfarben gegenübergestellt. Die drei Varianten wurden in deckender und lasierender Einstellung untersucht. Untersucht wurden die Verarbeitung, das Bewitterungsverhalten, die Stoffflüsse und die Ökotoxikologie. Fazit: Anhand von Stärken Schwächendiagrammen wurde festgestellt, dass die Leinölvariante die größten Schwankungen aufweist: bestes Haftvermögen aber schlechte Witterungsbeständigkeit. Bei den neuzeitlichen Anstrichen leidet die Wasserdampfdurchlässigkeit und Ökotoxikologie zu Gunsten guter Witterungsbeständigkeit. Berechtigung haben aber nach wie vor alle drei Systeme: Das Leinöl in der Denkmalpflege, die lösungsmittelbasierenden Anstriche wegen ihrer Verarbeitungsvorteile auf der Baustelle in der Renovierung und die wasserbasierenden Anstrichsysteme in der modernen Fensterherstellung.
Für die Zukunft ist der Einsatz erneuerbarer Rohstoffe für die Bindemittel das nächste große Ziel.

Fenstertausch im Zuge der energetischen Sanierung war das Thema von DI Pommer, Leiter der MA 39 in Wien:

Wien ist mit 220.000 Wohnungen der größte Gebäudeeigentümer weltweit. Einzelne Objekte wie zB die Wohnanlage am Schöpfwerke verfügen über 15.000 Lochfenster, deren Tausch bei bewohnten Wohnungen eine logistische Herausforderung darstellt. Dabei spielen klar definierte Anforderungen und Qualitätsansprüche die größte Rolle. Durch das mit 1.2.2010 in Kraft getretene CE-Zeichen werden die Prüfverfahren im Vorfeld für den Hersteller einfacher.

Wichtig sind jedoch auch die Vor-Ort-Prüfungen am eingebauten Fenster, möglichst am Beginn der Montage um grundlegende Einbaufehler rechtzeitig erkennen und abstellen zu können.

Die größte Rolle spielt jedoch die Planungskompetenz hinsichtlich der Susschreibung (Anforderungen je nach Einbauzweck, Windlasten, Gewerkekoordination (Fenstermontage, Spengler, WDVS).

Wartungskosten des Fensters im Betrieb sind ein großes Thema, da gerade die Mieter der Stadt Wien diesbezüglich nicht selbstständig aktiv werden.
Sowohl die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (GEEGII) als auch die Umsetzung der kommenden Anforderungen aus den OIB-Richtlinien 5 und 6 werden in der Zukunft noch größere Herausforderungen darstellen.

DI Mag Aschauer stellte das gap-Solarpaneel sowie mehrere Pilotprojekte vor. Essenz des Vortrags ist der Umstand, dass Glas- und Fensterelemente in der Montage des Wandelementes nicht nachbearbeitbare Größen darstellen, weshalb eine Millimetergenaue Planung für eine erfolgreiche Projektabwicklung unabdingbar ist. Aufgrund der langen Vorlaufzeiten ist bei großen Projekten eine genauer Zeitplan zu erstellen, da die Lagerkapazitäten auch eine Begrenzung in der Vorfertigung darstellen. Aufgrund mehrerer Beteiligter in der Verarbeitung ist das strikte Festhalten an diesem Zeitdiagramm ausschlaggebend für den Erfolg des Projektes.

Gebrauchstauglichkeit versus Einzeloptimierung bei Kunststofffenstern beleuchtete DI (FH) Lass vom ift Rosenheim: ‘Die Gebrauchstauglichkeit eines Fensters wird über die individuellen Erwartungen der Nutzer hinsichtlich der Eignung, Leistungsdaten, Dauerhaftigkeit, Nutzungssicherheit und Ergonomie für die vorgesehene Nutzung bestimmt. Nur wenn alle Eigenschaften in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, kann von einem gebrauchstauglichen Produkt die Rede sein. Um dieses Ziel zu erreichen, besitzt eine ganzheitliche Herangehensweise beim Designprozess oberste Priorität.’ So wurde neben der Entwicklung der Profile samt Stahlarmierung auch die Problematik durch den Einsatz der 3-Scheibenverglasung in immer größer werdende Flügel bei gleich bleibenden Beschlägen dargestellt. Die Devise für die Zukunft lautet: Der Trend zum Passivhaus als Baustandard in naher Zukunft ist eindeutig, aber es darf keine losgelöste Einzeloptimierung des Wärmeschutzes bei den Fenstern geben.

Andreas Kreutzer von der gleichnamigen Consultingfirma aus Wien analysierte die Chancen am Fenstermarkt von morgen: Fast 60% des Umsatzes kommen bereits heute aus dem EFH Bereich, und davon 3/4 aus der Sanierung! Hierbei handelt es sich um einen Konsumentenmarkt, der über Werbung gut bearbeitet werden kann. Nach wie vor ist Fensterkauf aber auch ein Vertrauensgeschäft, wo die Ortsansässigkeit einen großen Vorteil bringt. Eine entscheidende Rolle spielt die Montage, bei der ein großer Teil des Kundenvertrauens verloren geht - auch Montagefehler von Subunternehmern fallen auf den Hersteller zurück! Der zunehmende Sanierungsmarkt erfordert aber einen weit höheren Logistikaufwand als der Neubau, ein Umstand, dem nur mit gut geschultem Personal entgegengetreten werden kann. Die Zahl der verkauften Flügel ist nicht mehr ausbaubar, der Mehrwert ist aber mit einem höherwertigen Produkt zu schaffen.

Bewegung- ein ganz anderes Thema

Zum Abschluß des Tages wurden alle Teilnehmer durch ein 20-minütiges Bewegungstraining der Dipl. Bewegungspädagogin Sabine Blum aus Zürich aufgebaut. Ihr Ansatz: ‘ Genieße das Leben! Achte auf deinen Körper! Und: Bewegung beginnt im Kopf!’

Bewusste und gezielte Bewegung mit Lust und Freude – kontra Fitness als Zwang.
‘Da nur 60% unseres Körpers direkt durch den Herzkreislauf und die Blutgefäße versorgt werden, sind wir auf den durch Bewegung zustande kommenden Zug und Druck angewiesen um die übrigen 40% der Zellen zu ernähren!’
In jeden Arbeitsprozess sollen Bewegungen eingebaut werden, die im Idealfall in diesen integriert sind. Jeder Mitarbeiter macht am eigenen Arbeitsplatz wertvolle Beobachtungen.

Photovoltaik in Fenster und Fassade?

Der zweite Tag der Veranstaltung stand im Zeichen von Technik und Forschung:
DI (FH) Nagl sprach über Möglichkeiten und Grenzen der PV Nutzung am Bau (-teil Fenster). Solange Fenster in Laibungen sitzen macht der Einsatz von PV im Glas keinen Sinn, da es im gesamten Tagesverlauf zu Verschattung und somit zu schmerzlichen Ertragseinbußen kommt. Durch die vertikale Montage büßt der Wirkungsgrad weitere 30% gegenüber der Idealneigung ein. Sinn macht PV am Bauteil Fenster jedoch dort, wo Strom auch unmittelbar in geringen Mengen benötigt wird: zB bei dezentralen Lüftungsanlagen oder elektrisch betriebenen Beschattungen. Zusätzlicher Vorteil bei Zweiterem: Es braucht keine die thermische Hülle durchdringenden Versorgungsleitungen mehr

Das Fazit bzgl. Fensterstatik lautet: Fenster und Fassaden zählten bisher zu den nichttragenden Elementen am Bau. Mit den herkömmlichen Bemessungsmethoden für Bauholz können großflächige Fensterformate nicht gesichert berechnet werden. Ebenso gibt es noch keine Bemessungsmodelle für Holz-Holz-Verbindungen und für Verbindungen mit metallischen Stiften.

Bau-Kondensat am Fenster

Ein immer (mehr) wiederkehrendes Thema am Bau – Kondensat am und im Fenster -wurde von Ing Wolffhardt von der HFA präsentiert. Während die Ursachen in Fachkreisen hinlänglich bekannt sein dürften, hapert es bei der Information des Endkunden:

* Fenstertausch ohne (mit späterer) Fassadendämmung bringt weniger Verluste durch undichte Fenster, die fehlende Zugluft führt aber zu Kondensat an den Glaskanten und an (kalten) Fensterlaibungen.
* Ersatz der Heizkörper durch Niedertemperaturflächenheizungen – es fehlt die gezielte Luftbewegung im Bereich der Fensternische

* durch Hinaussetzen der (neuen) Fenster in den Bereich der Dämmebene vergrößert sich besonders bei Sanierungen die innere Leibungstiefe, was gerade im unteren Fensterbereich zu strömungstechnisch ‘toten Winkeln’ führt.

* durch die steigende Luftdichtheit ohne Kombination mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung kommen gerade Standard-Fensterkonstruktionen immer öfter an ihre Grenzen.

Lösungsansätze sind vermehrte (auch schriftliche) Information des Kunden über ein geändertes Lüftungsverhalten (bei Nichtvorhandensein einer kontrollierten Wohnraumlüftung) und die Empfehlung von thermisch getrennten Glasabstandhaltern sowie den Einsatz von 3-Scheibenverglasungen bei Standardbauvorhaben.

Thermografie ist nicht gleich Thermografie

Dass Thermografie nicht gleich Thermografie ist führte Dipl. Arch. Adrian Schlumpf aus der Schweiz bildlich vor Augen. In der Schweiz wurde dafür der Thermografieverband Schweiz gegründet, der diesbezügliche Mindestanforderungen festgelegt hat. Nicht zuletzt durch preisgünstige Wärmebildaktionen mancher EVUs kam es durch ungünstige Aufnahmesituationen und Fehlinterpretationen der Bilder zu Verunsicherungen bei den Endkunden und in der Folge zu Beschwerden bei den Fensterherstellern.

Die gemessenen Oberflächentemperaturen setzen sich aus Wärmeleitung, Strahlungsaustausch und dem Einfluß von Windbelastung zusammen. Seriöse Wärmebildaufnahmen geben neben dem Verfasser auch Auskunft zu Uhrzeit, Innen- und Außentemperatur und Wind sowie die Temperaturskala auf der rechten Seite der Aufnahme an.

Fensterkonstruktionen- große Vielfalt

Über die Vielfalt der Fensterkonstruktionen referierte DI (FH) Ulrich Siebenrath vom ift Rosenheim. Vor dem Hintergrund von Bautradition, Klima und Architektur wurde deutlich, warum es mit einem einfachen Energielabel für Fenster (wie zB bei einem Kühlschrank) nicht so einfach ist: Der U-Wert spielt in Klimazonen mit hohem Heizwärmebedarf eine andere Rolle wie im Süden Europas. Während im Norden die Überhitzung noch mit dem g-Wert in den Griff zu bekommen ist, geht dies im Großteil Europas nicht mehr. Deshalb wird daran gearbeitet die Energieeffizienz für Fenster in zwei Einstufungen vorzunehmen: Sommer- und Wintertauglichkeit.
Die Alternative wäre ein System mit einem klimazonenunabhängigen Wert und einer Einsatzempfehlung bzgl. Ort und Orientierung.

‘Die Entwicklung geht weg vom Einheitsprofil hin zum performance-orientierten System, und die Produktnorm macht die Eigenschaften der Systeme transparenter.’

Die Veranstaltung schloss mit einer Halbtagsexkursion zur HFA, an der der Autor dieses Artikels nicht teilgenommen hat.

GastautorIn: DI Dietrich Waldmann für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / willfurth /