© Pro Ybbstalbahn
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Bahn am Abstellgleis, weitere Regionalbahnen vor dem Aus?

Die Zukunft der Regionalbahnen liegt in den Bundesländern Aktuelle Entwicklungen erfordern neue Wege zur Absicherung der Regionalbahnen - drohender Kahlschlag muss gestoppt werden

Der angedachte Kahlschlag bei der Reduzierung von Bahnlinien trifft alle Bundesländer – OÖ mit seinen vielen Regionalbahnen ganz besonders. Die Mühlkreisbahn droht ein erstes Opfer zu werden. Geht es nach Teilen der ÖBB, sollen weitere Regionalstrecken in OÖ folgen. Eine Verländerung der Regionalbahnen samt Attraktivierung könnte eine Möglichkeit sein.

‘Das Land OÖ. und die Anrainergemeinden sind mit den Anliegen der Regionalbahnen und ihrer Fahrgäste unmittelbar und täglich konfrontiert. Ich bin der festen Überzeugung, dass von der Region alleine deshalb die Bahnen besser und effizienter betrieben werden können als vom Bund bzw. den ÖBB’, betont der Landessprecher der Grünen OÖ, LR Rudi Anschober und verweist dabei auf das Positivbeispiel Salzburger Lokalbahn, wo vor allem die Identifikation und das daraus erwachsene Engagement der Gemeinden für ihre Regionalbahn, dazu geführt haben, dass innerhalb von 15 Jahren die im Landeseigentum befindliche Bahn eine Fahrgaststeigerung von 1, 5 auf fast 5 Millionen pro Jahr erreicht hat.

Aus Sicht der Grünen muss Voraussetzung für eine Übernahme von Regionalbahnen durch das Land OÖ sein, dass sich der Bund bei einer ‘Verländerung’ nicht aus seinen Finanzierungsverpflichtungen verabschiedet. Keinesfalls reicht es aus, wenn der Bund nur jenen Betrag zur Verfügung stellt, den er zurzeit für die OÖ. Regionalbahnen aufwendet. ‘Dass diese Finanzmittel bei weitem zu wenig sind, zeigt der desolate Infrastrukturzustand (Langsamfahrstellen) unserer Regionalbahnen insbesondere aber die Einstellung der Haager Lies sowie die Schließungspläne bei der Mühlkreisbahn von Rottenegg bis Aigen-Schlägl’, kritisiert Anschober.

‘Verländerung’ in NÖ darf kein Modell für OÖ werden!

Das Land NÖ übernimmt mit 1.1.2011 über 600km überwiegend in schlechtem bzw. nicht mehr befahrbarem Zustand befindliche Schienenstrecken vom Bund/ÖBB. Für diese desolaten Strecken zahlt das Land NÖ 15 Mio. Euro an die ÖBB. Im Gegenzug zahlen die ÖBB 50 Mio. Euro für Investitionen auf den künftigen Landes-Bahnstrecken und 30 Mio. Euro für überfällige Erhaltungsarbeiten auf zwei bei den ÖBB verbleibenden Strecken (Traisen-, Erlauftal). Bund und Land NÖ sollen in die übernommenen Strecken weitere je 45 Mio. Euro investieren. Weiters wurde ein neuer Verkehrsdienstevertrag abgeschlossen, der erhöhte Zahlungen an die ÖBB für das bestehende – nicht für zusätzliches - Zugsangebot im Nah- und Regionalverkehr vorsieht.

‘Dieses Modell ist alles andere als ein Erfolg, denn es ermöglicht der ÖBB und damit dem Bund vielmehr, sich viel zu billig aus der Verantwortung zu nehmen’, kritisiert Anschober, der darauf hinweist, dass ÖBB und Aufsichtsbehörde BMVIT viele Strecken durch unterlassene Erhaltungsinvestitionen gesetz- und vertragswidrig verkommen haben lassen.

Nach Schätzungen der Grünen fehlen in NÖ künftig landesweit mindestens 15 bis 20 Mio. Euro pro Jahr für nötige Erhaltungsinvestitionen ins Gesamt-Regionalbahn-Netz. Angebotsrücknahmen und Einstellungen werden die logische Folge sein.

Bundesstraßen-‘Verländerung’ als Vorbild für Regionalbahnen-Übernahmen in OÖ

Für die Grünen ist klar: In OÖ muss sich eine Verländerung der Regionalbahnen an den Übernahmemodalitäten der ‘Bundesstraßen-Verländerung’ im Jahr 2002 orientieren. Damals hat das Land OÖ für die Übernahme der Bundesstraßen in den Jahren 2002 bis 2008 vom Bund jährlich 73,6-76,7 Millionen Euro erhalten. Die Übernahme wurde damit dem Land in Bezug auf die bis dahin real angefallenen jährlichen Kosten mit einem mit rund 20-25% ansehnlichen ‘Zuschlag’ ‘versüßt’. Zieht man in Betracht, wie viel Geld das Land nach einer Regionalbahnen-Übernahme in die von der ÖBB jahrzehntelang vernachlässigte Infrastruktur stecken muss, wird ein Regionalbahnzuschlag in der gleichen Höhe wohl das Mindeste sein müssen.

Bisherige Situation bei Regionalbahnen für Land OÖ äußerst negativ – Land zahlt, hat aber relativ geringe bis gar keine Mitsprache

Wesentliche Finanzierungen durch das Land OÖ erfolgen bereits für:

• Sanierung-Schieneninfrastruktur
• Sanierung/Bau von Bahnhöfen/Haltestellen
• Fahrzeugbeschaffung
• Leistungsbestellung-Verkehrsdienste
• Infrastrukturbenützungsentgelt

Berücksichtigt man noch die Zahlungen der Gemeinden für Bahnhöfe und technische Sicherungen sowie Bestellungen im Rahmen der Regionalverkehrskonzepte, so zahlt die ‘öffentliche Hand’ in OÖ einen Großteil der Kosten für den ordentlichen Betrieb von Regionalbahnen. Dem stehen jedoch kein adäquates Mitspracherecht und schon gar kein Eigentum gegenüber.


Das Beispiel Salzburg (Salzburger Lokalbahn) zeigt, dass die Gründung einer vom Land OÖ dominierten Regionalbahn-Infrastrukturgesellschaft große Vorteile bringen würde

Bewirtschaftung der Infrastruktur durch diese Gesellschaft
• Nutzung von Synergien mit dem öffentlichen Dienst (z.B. Einsatz der Straßenmeistereien bei Trassenerhaltung und – ausbau)
• Eisenbahninfrastrukturgesellschaft ist Empfänger aller Infrastrukturentgelte (IBE) und sonstiger Einnahmen/ Zuschüsse

Infrastrukturbenützungsentgelt (IBE)
• Das Land OÖ bestreitet derzeit jährlich rd. 20 Millionen Euro für Personenverkehrsbestellungen im Regionalbahnverkehr an die ÖBB. Rund 1/5 davon, also vier Millionen, macht dabei allein das ‘Infrastrukturbenützungsentgelt’ aus. Dieses fließt an die ÖBB-Infrastrukturgesellschaft und sollte in die Erhaltung unsere OÖ Regionalbahnen investiert werden – sollte! Bei einer Verländerung würde die Zahlung der vier Millionen Euro IBE an die ÖBB entfallen.

• Die derzeitige Einhebung des IBE erfolgt nicht streckenspezifisch für den dortigen Infrastrukturausbau – das IBE bleibt beim Eigentümer (ÖBB), der darüber frei verfügt – im Fall der ÖBB, vorwiegender Ausbau der Hauptstrecken

• Die Länder haben keine Perspektive bei der Verwertung von Zusatznutzen oder Nachnutzung von Investitionen. Solange das Land OÖ keinen Einfluss hat, kann auch kein Nachnutzen realisiert werden. Eigentümer wie z. B. die ÖBB, kassieren nach Streckensanierungen Einnahmen aus dem dann möglichen Güterverkehr

• Über die derzeitige IBE-Regelung ist Geldabfluss zu Infrastrukturprojekten außerhalb von Oberösterreich (Koralmtunnel) möglich

Die Salzburger Lokalbahn konnte in den letzten 15 Jahren ihr Fahrgastaufkommen von 1,2 Mio. auf nahezu fünf Millionen steigern – sie hat sich damit zur erfolgreichsten Regionalbahn Österreichs entwickelt.

Säule dieses Erfolgs ist unter anderem die Einbettung in die Salzburg AG und damit ein eindeutiges Eigentumsverhältnis. Das Land Salzburg hat somit direkten Einfluss auf den Infrastruktur- und Personenverkehrsbetrieb.

Land OÖ kann Regionalbahnen effizienter und billiger betreiben

Die Grünen sind überzeugt, dass mit einer Regionalisierung des Bahnnetzes, einhergehenden Ausschreibungen der Bestellleistungen sowie einer eigenen Landesschienengesellschaft Regionalbahnen vom Land billiger betrieben werden können. ÖBB und Bund müssen dafür aber ihren Beitrag leisten. ‘Dem Land OÖ die Verantwortung für die Nebenbahnen ohne Finanzausgleich zwischen Bund und Land zu übertragen, wäre eine verkehrspolitische Kindesweglegung und inakzeptabel’, betont Anschober.

Fakt ist auch, dass die ÖBB bei der Verländerungs-Diskussion auch ihre bestehenden Verpflichtungen nicht ignorieren kann. Anschober: ‘Das Land OÖ hat seit 1998 einen Verkehrsdienstevertrag mit den ÖBB bis zum Jahr 2017. Darin sind die ÖBB unter anderem zum Betrieb der Regionalbahnen gesetzlich verpflichtet. Landesrat Kepplinger als zuständiger Referent ist aufgefordert die Einhaltung des Vertragswerkes in die Verhandlungen zur Verländerung entsprechend einzubringen und einzufordern’.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /