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Im Rausch der Tiefe - wieviel BP kommt noch?

oekom research analysiert Nachhaltigkeit der Öl- und Gasbranche

München, - Immer höhere Risiken geht die internationale Öl- und Gasbranche ein, um die letzten fossilen Rohstoffreserven der Erde zu fördern - auf Kosten von Mensch und Umwelt. Dies ist das Fazit der aktuellen Branchenstudie der oekom research AG. Die Rating-Agentur hat 27 der weltweit größten, börsennotierten Öl- und Gaskonzerne danach untersucht, wie sie sich ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung und den damit verbundenen Herausforderungen stellen. Die beste Beurteilung auf einer Skala von A+ (Bestnote) bis D- erreichte mit der Gesamtnote B der österreichische integrierte Öl- und Gaskonzern OMV. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen Snam Rete Gas aus Italien und Total aus Frankreich, die beide ebenfalls die Note B erzielten. Der britische BP-Konzern, seit Wochen wegen des folgenschweren Unfalls der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko in den Schlagzeilen, ist nicht unter den Branchenbesten und hat im oekom Corporate Rating in der Vergangenheit noch nie den 'Prime'-Status erreicht.

Dass große Anstrengungen notwendig sind, um den Klimawandel zu stoppen, haben die meisten Konzerne inzwischen verstanden. Verbindliche Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen lassen sie bisher allerdings ebenso vermissen wie konkrete Ansätze zur Erschließung neuer Geschäftsfelder in Richtung erneuerbarer Energien. Selbst die in diesem Bereich engagierteren Unternehmen investieren hier lediglich verschwindend geringe Anteile ihrer Umsätze.

Ohne Kurskorrektur sind weitere Katastrophen absehbar

"Die Bereitschaft der Unternehmen, Risiken einzugehen, um die verbleibenden Rohstoffvorkommen auszubeuten, steigt angesichts schwindender Reserven und gleichbleibend hoher bis steigender Nachfrage", sagt Kristina Rüter, Research Director und branchenverantwortliche Analystin bei oekom research. Zunehmend mehr Öl- und Gasbohrungen finden nicht mehr an Land, sondern in Ozeanen statt, und sie gehen immer tiefer: Wassertiefen von 1.000 Metern sind keine Seltenheit. Bei der Deepwater Horizon kamen zu mehr als 1.500 Metern Wassertiefe noch 5.600 Meter Gesteinsschichten unter dem Meeresboden hinzu. "Wenn die Branche keine Kurskorrektur vornimmt, sind weitere Katastrophen absehbar", warnt Rüter. Inzwischen stammt rund die Hälfte der fossilen Bodenschätze aus unter dem Meeresgrund liegenden Quellen. Aktuell sind ca. 3.000 Bohrinseln in Betrieb, der Großteil davon im Atlantischen Ozean. Sollten alle bisher vergebenen Förderlizenzen genutzt werden, wird diese Zahl weiter steigen.

BP war und ist im Corporate Rating von oekom research seit mehr als zehn Jahren als 'Not Prime' eingestuft. Im Branchenkontext agiert das Unternehmen zwar vergleichsweise engagiert und transparent und zeigt Stärken in den Bereichen Investitionen in erneuerbare Energieträger, Berichterstattung, Klimaschutzstrategie und Tankersicherheit.

Jedoch weist BP seit Jahren große Versäumnisse und Schwachstellen in den Bereichen Anlagensicherheit und Arbeitschutz auf, die zu Umwelt- und Arbeitsrechtsverstößen geführt haben. Anlässlich früherer Umweltverstöße in den USA, Russland oder Südafrika war das Rating von BP bei oekom research bereits vor dem aktuellen Geschehen im Golf von Mexiko massiv abgewertet worden.

Fazit: Bemühungen erkennbar, Umdenken mangelhaft

"Bei den meisten Öl- und Gas-Konzernen erkennen wir Bemühungen um Umweltstandards und die Beziehung zu Stakeholdern", berichtet Kristina Rüter. Speziell die Branchenbesten zeichneten sich zum Beispiel durch vergleichsweise verbindliche Klimaziele, hohe Transparenz und positive Ansätze in der Korruptionsbekämpfung aus. "Insgesamt agieren jedoch alle von uns analysierten Unternehmen viel zu zögerlich in Sachen Nachhaltigkeit. Im Wettlauf um die letzten fossilen Ressourcen gehen sie zunehmend höhere, unverantwortliche Risiken ein", fasst Rüter zusammen. Der Untergang der BP Ölplattform Deepwater Horizon sei zwar bisher der folgenreichste im Offshore-Geschäft. "Aber es kann jederzeit anderswo der nächste Unfall passieren." Der wichtigste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit ist deshalb die Abkehr von fossilen Rohstoffen und die aktive Mitgestaltung eines Übergangs zu erneuerbaren Energien.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /