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Verbund-Kapitalerhöhung: Kraftwerksdeal hat finanziellen Haken

Umweltdachverband: Kraftwerke, die mit Kapitalerhöhung gebaut werden sollen, liegen in sensiblen Schutzgtebieten - Realisierung damit mehr als ungewiss

Wien- "Ich bin entsetzt, dass die Regierungsparteien in Zeiten, wo Sparen das einzig wahre Leitmotiv sein muss, dem hochrentablen Staatskonzern Verbund 510 Mio. Euro in den Rachen werfen. Wenn Finanzminister Prölls Herz, wie er beim Sommergespräch betont hat, beim Sparen schlägt, hat ihn bei diesem Deal wohl eine Extrasystole ereilt", sagt Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes. "Außerdem stellt sich die dringende Frage, ob diese Kapitalerhöhung nicht eine beihilfenrechtswidrige Unterstützung eines Staatskonzerns ist. Der Umweltdachverband wird sich in dieser Causa an die EU-Kommission wenden", betont Heilingbrunner. "Wenn es dem hochverschuldeten Staatskonzern Verbund wirklich finanziell schon so schlecht geht, dass er Kraftwerke, die er erst 2009 gekauft hat, nun wieder verkaufen muss, sollte sich der zuständige Wirtschaftminister Mitterlehner die enormen Einsparpotenziale beim Verbund einmal genauer ansehen", so Heilingbrunner.

Diese Finanzspritze ist nicht nur für den Staatshaushalt, sondern auch punkto Naturschutz ein Skandal: "Vier der fünf vom Verbund geplanten Kraftwerke, die mit der Kapitalerhöhung gebaut werden sollen, liegen in sensiblen Gebieten: Stegenwald, Gratkorn/Stübing, Gries und Jochenstein. Letzteres liegt noch dazu im Natura 2000-Gebiet Oberes Donau- und Aschachtal, konkrete Verbundpläne dazu liegen nicht einmal vor. Somit sind die UVP-Verfahren für all diese Kraftwerke noch völlig offen. Insbesondere im Zusammenhang mit der umzusetzenden EU-Gewässerschutzpolitik steht die Realisierung dieser Vorhaben damit absolut in den Sternen - und trotzdem soll eine Milliarde an den Verbund fließen", erklärt Heilingbrunner.

Umweltdachverband an Wiener Stadtwerke: Nicht die Katze im Sack kaufen!

Der Verbund-Aktionär Wien Energie plant laut Berichten den Kauf von vier Kraftwerken u.a. in Bayern und in Tirol. Heilingbrunner appelliert an die Wiener Stadtwerke Holding Im Vorfeld des Kraftwerksdeal: "Sie müssen sich bewusst sein, dass dieser Kauf sehr teuer werden könnte, da die Lizenzgebühren für den Betrieb dieser Kraftwerke an den Freistaat Bayern demnächst auslaufen und für den weiteren Betrieb eine Menge Kapital an Lizenzgebühren aufgebracht werden muss."

"Es ist wirklich schade, dass die Republik Österreich die 510 Mio. Euro aus dem Budget nicht für eine Gebäudesanierungs- oder Solaroffensive verwenden wollte, die im Gegensatz zu den Verbundkraftwerken tatsächlich viele Arbeitsplätze und Wertschöpfung geschaffen hätten und wesentlich wertvoller für eine erfolgreiche Energiezukunft gewesen wären", bedauert Heilingbrunner.
Im Gegensatz dazu freut sichWirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner über die Einigung, die am Dienstag im Ministerrat beschlossen wurde. "Mit der Kapitalerhöhung starten wir eine Offensivstrategie zur langfristigen Wertsteigerung des Unternehmens. Die jetzt umsetzbaren Investitionen bringen bis zu 37.000 Arbeitsplätze", meint Mitterlehner, der Eigentümervertreter der Republik beim Verbund ist. Die Kapitalerhöhung um 510 Millionen Euro durch die Republik ermögliche Investitionen des Verbund im Ausmaß von rund 2,5 Milliarden Euro.

Mitterlehner bewertet den Regierungsbeschluss als "klares und positives Signal an den Kapitalmarkt". Die Kapitalerhöhung ist nach seiner Meinung nicht nur ein wichtiger wirtschaftspolitischer Schritt, sondern auch ein energiepolitischer Meilenstein. "Nachhaltige Investitionen in die Wasserkraft helfen uns beim Erreichen der Energie- und Klimaziele und erhöhen die Energie-Versorgungssicherheit Österreichs", so Mitterlehner. Bis zum Jahr 2015 will der Verbund Wasserkraftwerke mit einem Regelarbeitsvermögen von rund 800 Gigawattstunden (GWh) in Betrieb nehmen, das sind rund 25 Prozent der in der EnergiestrategieÖsterreich angestrebten 3,5 Terawattstunden (TWh).

Zudem verweist Mitterlehner auf die positiven Dividenden- und Steuereffekte: "Die Kapitalerhöhung ermöglicht dem Verbund ein ambitioniertes Investitionsprogramm mit einer nachhaltigen Ergebnissteigerung. Langfristig kann die Republik doppelt profitieren - durch höhere Dividendenausschüttungen und das höhere Steueraufkommen", so Mitterlehner.

Staats-Almosen für Verbund?

Mit Befremden reagiert die Umweltorganisation VIRUS auf den Beschluss. Virus-Sprecher Wolfgang Rehm: "Dass gerade der bisher so kraftvoll auftretende Verbund vom Staat Almosen bekommen soll, ist nicht nachvollziehbar. Die geplanten Investitionen dienen überwiegend nicht der Erweiterung der nutzbaren Wasserkraft-Primärenergiebasis und machen so ein Engagement aus Staatsräson noch fragwürdiger."

Die Umweltorganisation wird nicht müde daran zu erinnern, dass die E-Wirtschaft noch 2009 ein "Energiepaket in Rot-Weiss-Rot" geschnürt hat. 15 Milliarden Euro sollten angebotsseitig investiert werden und vor allem in neue Krafwerke fließen. Wie man damals betonte, werde die Finanzierung aus eigener Kraft erfolgen, der Staat solle lediglich lästige Genehmigungsverfahren aus dem Weg räumen, "Wenig mehr als ein Jahr später ist die Situaiton offensichtlich anders. Der Verbund mimt den armen Jakob und stellt sich beim Staat an, um Hilfsgelder zu erbetteln." kritisiert Rehm.

Virus stellt klar, dass der einen Teil des Energiepakets bildende Masterplan Wasserkraft insgesamt nur etwa dem entsprechen würde, was ein großes Gaskraftwerk an Strom bringt. "Die konkreter verfolgten Ausbauvorhaben des Verbund sind deutlich weniger umfangreich und betreffen überwiegend den Leistungsausbau von Speicherkraftwerken und Speicherpumpen. Auf diese Weise enstehen zwar bessere Möglichkeiten für das Stromgeschäft, wird aber kein zusätzliches Arbeitsvermögen aus Wasserkraft-Primärenergie erschlossen", so Rehm, der auch darauf hinweist, dass im gesamten Bild der Erreichung energie- verkehrs- umwelt- und klimapolitischer Ziele Wasserkraftausbau nur eine Nebenrolle spielen könne. Mit der aktuellen Schwerpunktsetzung werde der Beitrag zu den Zielen, die man vorgeblich erreichen wolle, noch geringer. "Eine Konzentration der Aufmerksamkeit auf Wasserkraftstrom ist ebensowenig gerechtfertigt, wie die Aufwendung in Sparzeiten besonders knapper Staatsmittel, um damit das Geschäftemachen an der Strombörse oder Expansionsabenteuer zu unterstützen," so Rehm.

Das eine regionale Solarförderung oder entsprechende thermische Sanierungsförderung für Gebäude weit mehr bringen könnte, davon sind eine breite Mehrheit von befragten Experten überzeugt.


Wenn Österreich sein großes Potenzial bei erneuerbaren Energien ausschöpfen will, dann muss die Bundesregierung in Technologien investieren, die noch Entwicklungspotenzial haben. Das würde jedem einzelnen Haushalt helfen, unabhängig zu werden und endlich von den teuren fossilen Energien los zu kommen. Nnur mit dem Ausbau der Wasserkraft wird das sicher nicht zu erreichen sein", so die grüne Energiesprecherin Christiane Brunner, die gleichzeitig meint, die Verbund-Kapitalerhöhung zeige die Visionslosigkeit der österreichischen Energiepolitik.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /