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UVP-Verfahren Temelin: Mehr als 5.000 ÖsterreicherInnen gegen Verletzung des EU-Rechts

Bis heute keine Schritte der Bundesregierung zur Absicherung der Rechte der VerfahrensteilnehmerInnen - gutes Einvernehmen mit dem Temelin-Betreiber?

Wien- Gestern endete in Österreich die erste Einwendungsfrist im Rahmen des grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens zur Erweiterung des AKW Temelin. Das von der Atomlobby diktierte Ergebnis steht bereits heute fest: Die neuen Temelin-Blöcke werden keine nennenswerten Umweltauswirkungen aufweisen. Dies ist eine Folge der atomfreundlichen Besetzung des für das Verfahren zuständigen tschechischen Umweltministeriums. Der neue tschechische Umweltminister Pavel Drobil sieht seine Aufgabe offensichtlich als Hilfestellung für die tschechische Industrie. Kritische Einwendungen betreffend den fehlenden Bedarf für die neuen Reaktoren, die ungelöste Frage der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle oder fehlende Angaben zu den Reaktortypen landen im Papierkorb seines Ministeriums.

Angesichts dieses dubiosen Verfahrens unter dem Taktstock der Atomlobby wäre die einfache Teilnahme sinnlos. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der Anti-Atom-Offensive des Landes Oberösterreich eineüberparteiliche Einwendungskampagne konzipiert, mit der eine Möglichkeit geschaffen wurde, gleichzeitig mit der Abgabe der Einwendung eine Beschwerde gegen die Verletzung des EU-Rechts an die EU-Kommission zu übermitteln. Damit konnte man trotz der widrigen Umstände einen wichtigen und sinnvollen Beitrag gegen den Ausbau des AKW Temelín leisten. "Trotz der äußerst schwierigen Begleitumstände haben mehr als 5.000 engagierte Bürger ihren Protest gegen die Verletzung des EU-Rechts erhoben", freut sich Radko Pavlovec, Anti-Atom-Beauftragter des Landes Oberösterreich. "Obwohl die Protestschreiben auch den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung zur Kenntnis gebracht wurden, erfolgte bis heute keine Reaktion. Dies deutet auf ein gutes Einvernehmen mit dem Temelin-Betreiber hin", kritisiert Pavlovec.

Das UVP-Verfahren wird auf der Grundlage des tschechischen UVP-Gesetzes 100/2001 durchgeführt. Dieses Gesetz steht im Widerspruch zum EU-Recht, da den VerfahrensteilnehmerInnen keinerlei Möglichkeit zuerkannt wird, den resultierenden UVP-Bescheid von einem unabhängigen Gericht überprüfen zu lassen. Während das Land Oberösterreich sowie NGO's aus Tschechien und Oberösterreich bei der EU-Kommission Beschwerden einbrachten, blieb die Bundesregierung bis jetzt völlig untätig. "Wenn man bedenkt, dass die Bundesregierung die Menschen abermals mit Placebos, also nutzlosen Einwendungen für den Papierkorb, hinters Licht führen wollte, ist die vergleichsweise hohe Beteiligung, die wir mit unserer Online-Protestaktion verzeichnen konnten, ein schöner Erfolg", erklärt Elvira Pöschko, Obfrau des Vereines "Antiatom Szene". "Dass dieses UVP-Verfahren EU-Recht widerspricht wurde bereits vom EUGH festgestellt. Aber anstatt dieses Verfahren zu stoppen und endlich politische, diplomatische und rechtliche Schritte gegen den Ausbau von Temelin zu setzen, gefährdet Umweltminister Berlakovich unsere Sicherheit mit einem hollywoodreifen Scheinprotest und spielt damit der Atomlobby direkt in die Hände", so Pöschko abschließend.

"Es kann nicht sein, dass ein Mitglied der Europäischen Union versucht, zum Ausbau des AKW Temelin eine UVP durchzupeitschen, die den europäischen Richtlinien widerspricht. Es kann nicht sein, dass die EU-Kommission tatenlos zuschaut, wie ihre eigenen Richtlinien gebrochen werden, Vertragsverletzungsverfahren und Entscheidungenüber Jahre verzögert werden", meint Manfred Doppler vom Anti Atom Komitee. "Die österreichische Bundesregierung ist dringend aufgefordert, nicht länger zu schweigen und sowohl die EU- Kommission als auch die tschechische Regierung aufzufordern, sich an die Spielregeln der EU zu halten".

Quelle: Radko Pavlovec, Elvira Pöschko, Manfred Doppler


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /