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Giftschlamm in Ungarn kein Einzelfall

oekom research analysiert Nachhaltigkeit der Metall- und Bergbaubranche

München – Dass die Metall- und Bergbaubranche verheerende Schäden für Mensch und Umwelt verursachen kann, zeigt der Unfall in einer Aluminiumhütte in Ungarn: Durch den Dammbruch eines Auffangbeckens traten dort in den letzen Tagen rund eine Million Kubikmeter giftiger Bauxitschlämme aus. Die oekom research AG beobachtet kontinuierlich die Nachhaltigkeitsperformance von mehr als 130 der weltweit größten börsennotierten Metall- und Bergbaukonzerne. Unter diesen erfüllt lediglich knapp ein Viertel die Mindestanforderungen für ein detailliertes oekom Corporate Rating; die restlichen Unternehmen werden nicht in das ausführliche Rating einbezogen. Von den 31 analysierten Konzernen werden neun mit ‚Prime’ bewertet. Der norwegische Aluminiumproduzent Norsk Hydro erzielt als Branchenführer die Gesamtnote B auf einer Skala von A+ (Bestnote) bis D-. Auf den Plätzen zwei und drei folgen der deutsche Kupferproduzent Aurubis (B) und das finnische Stahlunternehmen Rautaruukki (B-). Das ungarische Aluminiumwerk MAL, das die bisher größte Umweltkatastrophe des Landes verursachte, wird im oekom Rating nicht berücksichtigt.

Das Unglück in Ungarn ist kein Einzelfall, sondern symptomatisch für die Branche: ‘42 Prozent der von uns analysierten Unternehmen und mehr als 50 Prozent der Bergbauunternehmen sind für schwerwiegende Umweltschäden verantwortlich’, berichtet Kristina Rüter, Research Director und branchenverantwortliche Analystin bei oekom research. Mancherorts muss dafür gar nicht erst ein Unfall stattfinden: Der britisch-australische Rio Tinto-Konzern und das kanadische Unternehmen Barrick Gold sind an Bergbauprojekten in Indonesien und Papua Neuguinea beteiligt, bei denen Giftschlämme ohne Aufbereitung oder Zwischenspeicherung direkt in Flüsse oder ins Meer gepumpt werden. Keines der beiden Unternehmen hat im aktuellen Rating den ‚Prime’-Status erreichen können. Die sichere Entsorgung von Industrieschlämmen stellt innerhalb des Nachhaltigkeitsratings von oekom research ein für die Metall- und Bergbauindustrie wesentliches Kriterium dar.

Selbstbild der Branche unterscheidet sich deutlich von der Realität

Angesichts der langen Lebensdauer und guten Wiederverwertbarkeit von Metallen bezeichnet sich die Metall- und Bergbauindustrie gerne als Vorreiter nachhaltigen Wirtschaftens. ‘Diesem Selbstbild steht jedoch entgegen, dass weniger als 25 Prozent der weltweit wichtigsten börsennotierten Konzerne die Voraussetzungen für unser Rating erfüllen. Angesichts ihrer Bedeutung für die Wirtschaft ist dies absolut unzureichend’, kommentiert Rüter.

Die Ergebnisse der Unternehmen zeigen, dass in der Metall- und Bergbaubranche Geschäftsfelder, Fertigungstiefe und Standorte für die Bewertung eine deutlich größere Rolle als der Unternehmenssitz spielen. So finden sich auf den ersten drei Plätzen auch keine weltweit tätigen Bergbaukonzerne, sondern Metallproduzenten mit überwiegend europäischen Standorten. Bei den beiden bestplatzierten Unternehmen Norsk Hydro und Aurubis schlugen sich unter anderem der energiesparende Einsatz sekundärer Rohstoffe (Altmetall) sowie ihre Energie- und CO2-Effizienz positiv nieder.

Kernthemen: neben Umweltrisiken auch Klimaschutz und Energieeffizienz

Neben Umweltrisiken spielen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsperformance der Metall- und Bergbauindustrie auch Klimaschutz und eine energieeffiziente Prozessgestaltung eine zentrale Rolle. Insbesondere der Energiebedarf für die Metallverhüttung ist hoch. Angesichts des fortschreitenden Anstiegs der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und den damit verbundenen Auswirkungen auf das Klima stehen die Unternehmen daher in besonderer Verantwortung, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. Große Einsparmöglichkeiten ergeben sich durch den Einsatz sekundärer Rohstoffe, deren Verarbeitung deutlich weniger Energie erfordert. Für eine nachhaltige Weiterentwicklung sollte die Branche nicht nur verstärkt auf die Nutzung regenerativer Energiequellen wie insbesondere Sonne, Wind und Biomasse setzen, sondern auch die Rückgewinnung und den Einsatz sekundärer Rohstoffe weiter forcieren.

Die Analyseergebnisse der Metall- und Bergbaubranche von oekom research zeigen, dass unter den 31 der mehr als 130 beobachteten Unternehmen große Unterschiede hinsichtlich des Nachhaltigkeits-Engagements bestehen. Die potenziellen und – wie aktuell in Ungarn zu sehen – in der Realität gravierenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft erfordern daher eine noch größere Anstrengung und Bereitschaft der Unternehmen, konsequent Verantwortung zu übernehmen. ‘Bis zur Verleihung des Prädikates ‚nachhaltig’, das die Branche sich selbst gerne attestiert, ist der Weg noch sehr weit’, lautet Rüters Fazit.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /