© pixelio.de
© pixelio.de

Klimaschutz ist wichtig, auch aus Eigeninteresse

"Presse"-Leitartikel, vom 11. 12. 2007, von Martin Kugler

CO2-Sparen bedeutet auch Energiesparen: Die Klima-Konferenz in Bali muss deshalb ein Erfolg werden.

Heute exakt vor zehn Jahren wurde in der japanischen Stadt Kyoto ein Vertrag unterschrieben, der die Welt verändern sollte: Im "Kyoto-Protokoll" haben sich die reichen Industriestaaten dazu verpflichtet, den Ausstoß des Treibhausgases CO2 (Kohlendioxid) bis zum Jahr 2012 um fünf Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. Dieser Vertrag hatte von allen UN-Umweltabkommen, die jemals abgeschlossen wurden, sicherlich die dramatischsten Konsequenzen. Kaum ein Lebensbereich ist nun vom Klimaschutz ausgespart: vom Heizen bis zur Versorgung mit Nahrungsmitteln, vom Autoverkehr bis zuröffentlichen Beleuchtung, von der Abfallwirtschaft bis hin zum Kraftwerksbau. Bei der laufenden UN-Klimakonferenz in Bali soll eine Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll gefunden werden. Dieses tritt im Jahr 2012 außer Kraft, alle auf dem UN-Vertrag basierenden Maßnahmen - vom CO2-Handel bis zur Beschränkung des CO2-Ausstoßes von Autos - würden ohne neues Abkommen in der Luft hängen. Zur Halbzeit der Konferenz sind nun die Ausgangspositionen bezogen - und diese sind ganz ähnlich wie vor zehn Jahren: Nicht alle Industriestaaten ziehen an einem Strang - manche, allen voran die USA, sehen eine Schädigung ihrer Wirtschaft im globalen Wettbewerb. Die Schwellenländer wollen ihren Aufholprozess nicht gestört wissen, sie lehnen deshalb die Festlegung verbindlicher CO2-Limits ab. Und die ärmsten Länder sehen überhaupt nicht ein, warum sie etwas tun sollten, solange die reichen Staaten ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Immerhin: Alle 190 Verhandlungsparteien betonen, an einem "Post-Kyoto"-Abkommen interessiert zu sein. Das ist die Folge einer grundlegenden Veränderung im letzten Jahrzehnt: Ende der 1990er-Jahre wurden die Erkenntnisse der Klimaforscher von einer breitenÖffentlichkeit kaum wahrgenommen. Nun gibt es eine erdrückende Zahl von Indizien, Hinweisen und kausalen Erklärungen, die das Leugnen eines Effekts des menschlichen Handelns auf das Weltklima schwer machen. Ein medialer "Hype" hat dafür gesorgt, dass dieÖffentlichkeit sensibilisiert ist. Zudem ist das Kyoto-Protokoll zur Basis einer gigantischen weltweiten Industrie geworden: Allein der jährliche Handel mit CO2-Zertifikaten geht in die Milliarden, gar nicht zu reden von dem ungeahnten Boom der Umwelttechnik - von dem übrigens auch Österreich profitiert. Die Industrie- und Finanzwelt ist deshalb neben Umweltschützern zu einem wesentlichen Treiber für einen neuen Klima-Vertrag geworden. Am Wochenende wurde ein erster Entwurf für "Post-Kyoto" vorgelegt. Dieser hat allerdings einen wesentlichen Schönheitsfehler: Er hat keine Chance auf Verwirklichung. Sowohl die USA als auch China - diese Staaten sind noch vor der Europäischen Union die größten CO2-Emittenten der Welt - lehnen verbindliche Reduktionsziele ab. Im Entwurf ist von einer Absenkung des CO2-Ausstoßes um 25 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2020 die Rede (gegenüber 1990). Die Verhandler müssen sich deshalb andere Wege einfallen lassen. Eine versprechende Idee sind globale "Benchmarking"-Systeme: Anhand von Maßzahlen werden dabei ganze Industrie-Branchen bewertet. Die, die CO2 sparen, sollen dann besser behandelt werden als Unternehmen, die die Umwelt stärker belasten. Dann wäre zumindest das schlimmste Problem des Kyoto-Protokolls behoben. Derzeit muss beispielweise ein europäisches Stahlwerk, das expandieren will, viel Geld für den Kauf von CO2-Zertifikaten ausgeben. Verlagert es die Produktion nach Indien oder China, kann es unbegrenzt CO2 in die Atmosphäre blasen - noch dazu mit viel billigerer Technik. Wesentlich für ein neues Abkommen sind die Schwellen- und Entwicklungsländer: Diese müssen leichteren Zugang zu modernen Energie-Technologien bekommen, etwa durch eine Senkung der Zölle. Die USA schließlich werden sich bewegen - nach dem Untergang von New Orleans und der Sprit-Verteuerung ist Klimaschutz ein wichtiges Thema im Präsidentschafts-Wahlkampf geworden.

Allen, die dem Klimaschutz gegenüber skeptisch eingestellt sind, sei jedenfalls eines ins Stammbuch geschrieben: Klimaschutz dient im Endeffekt allen - unabhängig davon, ob man an den Klimawandel "glaubt" oder nicht. CO2-Sparen heißt nämlich gleichzeitig Energiesparen. Und die Sicherheit der künftigen Energieversorgung ist fraglos eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Alle Maßnahmen, die einen sorgsameren Umgang mit fossiler Energie bewirken, sind deshalb positiv - und sei es nur deshalb, weil auch die eigene Geldbörse entlastet wird.

Rückfragehinweis: Die Presse

* * OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT * *

OTS0252 2007-12-10/18:09



Verwandte Artikel:


© Copyright APA OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Alle Rechte vorbehalten. Eine redaktionelle Verwertung der Inhalte ist ausdrücklich erwünscht, eine darüber hinausgehende Verwendung jedoch nur für den privaten Gebrauch zulässig. Eine Speicherung in Datenbanken sowie jegliche nicht-redaktionelle Nutzung und damit verbundene Weitergabe an Dritte in welcher Form auch immer sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die APA OTS Originaltext-Service GmbH gestattet. Für den Fall, dass Sie die Inhalte von APA OTS weitergeben, speichern oder gewerblich nutzen möchten, informieren Sie sich bitte über unseren Content-Partnerschaftsservice unter http://www.ots.at oder rufen Sie Tel. ++43/(0)1/36060-5320.


zur APA OTS Homepage


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /