© 4Nature / H. Momen
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Baustopp für Donau-Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg

Umweltdachverband forderte Moratorium und begrüßt nun Absage durch den niederösterreichischen Landesrat Dr. Pernkopf für den geplanten Naturversuch

Wien- Beim ‘Naturversuch Bad Deutsch Altenburg’ plante die via donau an einer in etwa 3 km langen Projektstrecke östlich von Wien (bei Bad Deutsch Altenburg, an einer Kernzone des Nationalparks Donau-Auen) erstmals Maßnahmen an der Donau wie Uferrückbau, Uferabsenkung, Anbindung von Nebenarmen, Optimierung der Niederwasserregulierung und die Granulometrische Sohlverbesserung zur Stabilisierung der Stromsohle umzusetzen.

18.2.2011, Hainburger-Erklärung

In der Hainburger-Erklärung von 18.2.2011 unterschrieben Reinhold Christian (Forum Wissenschaft & Umwelt), Gerhard Heilingbrunner (Präsident des Umweltdachverbandes), Bernd Lötsch (ehem. Direktor des Naturhistorischen Museums und Biologe), die ehemalige Grün-Politikerin Freda Meissner-Blau, Wolfgang Rehm (Umweltorganisation Virus) und Günter Schobesberger (Bürgerinitiative Donaufreunde) folgende Forderungen (Zusammenfassung):

1. Die UnterzeichnerInnen fordern von der Bundesregierung (BM Bures) und NÖ Landesregierung (LR Pernkopf), dass das Projekt ‘Naturversuch Bad Deutsch Altenburg’ keinesfalls genehmigt und umgesetzt wird, weil es grundsätzliche Mängel aufweist.

- es handelt sich um keinen Versuch sondern um eine Teilumsetzung
- die ausgewählte Strecke ist ungeeignet
- es werden keine Bedingungen geschaffen, unter denen die granulometrische Sohlstabilisierung getestet werden kann
- die Naturverträglichkeitsprüfung nach Flora-Fauna Habitat mit Alternativenprüfung fehlt
- es gibt keine Transparenz für kritische ExpertInnen
- nach NÖ Nationalparkgesetz kann nur die Nationalparkverwaltung Genehmigungen für Maßnahmen in der Kernzone erhalten

2. Rasche Umsetzung mehrer echter Naturversuche

- klare Definition und trennung zwischen Versuch und Umsetzung einer Maßnahme
- Abgrenzung von Versuchsstrecken nach fachlichen Kriterien
- das Vorliegen aller Bewilligungen
- transparente Abwicklung und Kontrolle

3. Sofortmaßnahmen zur Sohlstabilisierung

- zusätzliche Normalgeschiebezugaben als Akutlösung

4. Revision der veralteten Planungsgrundsätze

- Optimierung der auenökologischen Maßnahmen
- Minimierung der technischen Eingriffe
- Absolute Adaptivität (schrittweise behutsame Naturversuche, die notfalls wieder rückgängig gemacht werden können)

5. Alternative Maßnahmen

– Handlungsbedarf für mehrere Naturversuche
- unabhängige DonauexpertInnen (sachkundige BürgervertreterInnen und kritische Wissenschaft) sollen Vorschläge und Alternativen zum Naturversuch Bad Deutsch Altenburg ausarbeiten.

22.2.2011, Land NÖ beendet Diskussion um Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg

Am 22.2.2011 erklärte Landesrat Dr. Stephan Pernkopf zur aktuellen Diskussion um das Projekt "Aus Sicht des Landes Niederösterreich ist die Umsetzung des Pilotprojektes Bad Deutsch-Altenburg in dieser Art und Weise nicht mehr möglich, da der Genehmigungsbescheid mit Ende 2011 abläuft. Das sieht der Bescheid auf Basis des ursprünglich eingereichten Projektes aus dem Jahr 2006 vor".

In der Pressemeldung der Volkspartei Niederösterreich hielt man fest: Von Experten wurde von Beginn an die gesamte Projektdauer und damit der Abschluss des Pilotprojektes mit Ende 2011 befristet. Durch einen Erweiterungsantrag seitens der via donau und durch mehrmaligen Geschäftsführerwechsel in der via donau bedingt, ist das ursprünglich eingereichte Projekt in diesem Zeitraum nicht mehr umsetzbar.

Das Verkehrsministerium, vertreten durch die via donau, hat offensichtlich seine Hausaufgaben nicht erledigt. Das zeigen Einwände von Vertretern der Schifffahrt und Verbesserungswünsche von Natur- und Umweltorganisationen.

"Das Land NÖ bekennt sich ausdrücklich zum grundsätzlichen Ansatz des Projektes, der die Zukunft des Nationalparks durch Renaturierungsmaßnahmen absichert, die Gewässerökologie verbessert, die Interessen der Fischerei berücksichtigt und das Grundwasser sichert", so Landesrat Pernkopf.

23.2.2011, Naturversuch Donau: Umweltdachverband begrüßt Entscheidung von LR Pernkopf, WWF weiter gesprächsbereit, via donau bedauert

Die via donau und damit das BMVIT sind nun vom Land NÖ aufgefordert, die für die Schifffahrt erforderlichen Maßnahmen in Kombination mit den Renaturierungs-maßnahmen für den Nationalpark in einem überarbeiteten Projekt vorzulegen. Ein möglicher Konsensvorschlag könnte darin bestehen, das Projekt so zu überarbeiten, dass die Ergebnisse von bisherigen und weiteren Gesprächen mit Natur- und Umweltschutzorganisationen eingearbeitet und die Anliegen der Schifffahrt berücksichtigt werden.

Bei der Pressekonferenz des Umweltdachverbandes am 23.2.2011 wurde die Entscheidung des NÖ Naturschutzlandesrates Stephan Pernkopf, dem Naturversuch Bad Deutsch-Altenburg der via donau eine Absage zu erteilen, nochmals ausdrücklich begrüßt. "Wir haben uns mit aller Kraft dafür eingesetzt, dass eine gründliche Überarbeitung des Projektes erfolgen muss. Wir freuen uns, dass jetzt der Weg für neue ökologische Flussbauprojekte der Donau östlich von Wien frei gemacht ist", sagt Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes.

"Die politische Verantwortung für die bisherige Fehlentwicklung trägt Verkehrsministerin Doris Bures, die mit ihrer Wasserstraßenverwaltung den Zielkonflikt - Natur- und Umweltschutz versus die größte Baustelle im Nationalpark Donau-Auen - einfach aussitzen wollte. Bures wollte ein völlig veraltetes Projekt an einem Ort gegen jegliche fachlichen und rechtlichen Bedenken durchziehen, wo 1984 ein Teil der Geschichte der 2. Republik geschrieben wurde. Wir reden hier von einem der bestgeschützten Gebiete Europas - Nationalpark, Natura 2000-Gebiet, FFH- und Vogelschutz-Richtlinie, Ramsar Schutzgebiet etc. - da muss jeder Eingriff tausendmal überlegt werden. Wir werden weiterhin darauf achten, dass jegliche Begehrlichkeiten auf einen Nationalpark abgewehrt werden!", so Heilingbrunner.

In einer Presseaussendung bekräftigt der WWF seine Meinung, dass ein Naturversuch die Chance bietet, wichtige offene wissenschaftliche und technische Fragen im Hinblick auf das Flussbauliche Gesamtprojekt zu klären. "Wir hoffen, dass es trotz negativem Bescheid des Landes Niederösterreich bald die Möglichkeit zu konstruktiven Gesprächen geben wird", erklärt Andreas Wurzer, Stv. Geschäftsführer des WWF. Seitens der via donau wurde in den vergangenen Wochen Bereitschaft zu einer solchen Vorgangsweise signalisiert.

"Wir sind deshalb zuversichtlich, dass eine für alle Seiten akzeptable Lösung gefunden werden kann und wollen dazu einen konstruktiven und aktiven Beitrag leisten", bietet Wurzer vom WWF an.

Seiten der via donau meinte man, die Entscheidung des Landes NÖ käme überraschend, da aktuell ein intensiver Dialog mit NGOs, Schifffahrt und Projektbeteiligten zur Ausgestaltung des Projektes geführt wird. Eine zeitliche Verzögerung der Problemlösungen in diesem Bereich würde via donau sehr bedauern.

Als Fazit fasst Gerhard Heilingbrunner (Präsident des Umweltdachverbandes) zusammen: "Alle Maßnahmen und Projekte, die künftig durchgeführt werden, müssen rechtskonform und ökologisch abgesichert sein. Sie müssen dem modernen Stand der Technik entsprechen - ich erinnere hier an das wasserbautechnische Gutachten von Univ. Prof. Nachtnebel - und sicher stellen, dass die auenökologischen Maßnahmen optimiert und die technischen Eingriffe, sowie auch die Eingriffe - Rodungen! - in den Lebensräumen der Nationalpark-Kernzone minimiert werden!"


umweltdachverband.at
www.20-jahre-hainburg.at

GastautorIn: Dr. Elisabeth Berger für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /