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Tschernobyl -Fukushima-was noch?

Antiatomdemo gestern in Wien- 25 Tschernobyl-Katastrophe

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Gemeinsam mit den UnterstützerInnen von www.atomausstieg.at rief GLOBAL 2000 anlässlich des 25. Jahrestages von Tschernobyl und der aktuellen Atomkatastrophe in Japan zu einer gemeinsamen Kundgebung auf. Rund 5.000 Anti-Atom-GegnerInnen fanden sich deshalb am Ostermontag am Stephansplatz ein, um ein Zeichen gegen die Atomkraft zu setzen.



"Es ist zynisch, wenn die Atomlobby von einer beherrschbaren Technologie spricht: 80.000 Menschen werden derzeit aus Fukushima abgesiedelt, wie viele werden noch folgen?", sagte Bundeskanzler Werner Faymann am Montagabend bei der
Gedenkkundgebung zum 25. Jahrestag der Atomkatastrophe von Tschernobyl, zu der Global 2000 und die Plattform www.atomausstieg.at auf den Wiener Stephansplatz gerufen hatten. Ebenfalls auf dem Podium waren auch Caritas-Direktor Michael Landau und Grünen-Sprecherin Eva Glawischnig. Mehrere tausend Menschen nahmen an der Kundgebung im Zentrum Wiens teil.

Seit der Reaktorkatastrophe im Jahr 1986 seien mehr als 160 neue Atomkraftwerke gebaut worden, sagte der Kanzler. Dies zeige, wie schnell ein derartiges Unglück verdrängt werden könne. "Und die Atomlobby wartet auch jetzt wieder darauf, dass Fukushima in Vergessenheit gerät. Denn laut Finanzexperten wirft ein amortisiertes Atomkraftwerk zwei Millionen Euro am Tag ab. Das Geschäft mit alten AKW funktioniert offenbar ähnlich wie jenes mit spekulativen Finanzprodukten: Geht es gut, fließt es in die eigene Tasche, geht es schlecht, zahlt es die Allgemeinheit. Das dürfen wir uns nicht mehr gefallen lassen", betonte Faymann.

"Und wenn diese Atomlobby sich nun wieder formiert, und fragt: 'Wollt ihr lieber Kohle und den Klimawandel', so müssen wir gemeinsam dagegen aufstehen und für eine nachhaltige Energiepolitik eintreten", so Faymann. Österreich stehe als Land ohne Atomkraftwerke vergleichweise gut da. "Wenn wir nun noch die Energieeffizienz steigern und für den Ausbau von erneuerbaren Energiequellen sorgen, können wir als Vorbild in Europa vorangehen." Österreich müsse daher
in Bildung, Forschung und Entwicklung investieren, um mit Innovationen im eigenen Land diese nachhaltige Energiepolitik umsetzen zu können.

"Schöpfen wir alle unsere Möglichkeiten aus: Die Atomlobby hat mehr Geld, daher müssen wir unsere ganze Kraft, unser Wissen und unsere Kreativität einsetzen. Gemeinsam sind wir stark und können eine menschenwürdige Zukunft ohne Atomenergie schaffen", schloss der Kanzler.

Mehr als ein Fingerzeig

Die SPÖ-Umweltsprecherin Petra Bayr meint, dass die aktuelle Katastrophe von Fukushima "weit mehr als nur ein Fingerzeig" sei. Während die furchtbaren Folgen von Tschernobyl für Menschen und Umwelt von Tschernobyl mittlerweile gut belegt
seien, sind die mittelbaren Konsequenzen von Fukushima bislang noch nicht absehbar. Sie werden nicht nur Japan sondern die ganze Welt noch über viele Jahrzehnte beschäftigen. "Das Risiko eines neuerlichen Reaktorunfalls ist einfach zu groß", mahnt die Nationalratsabgeordnete.

Neben dem Atom-Ausstieg muss es auch ein Ende von Atom-Strom-Importen
nach Österreich geben und eine auf vielen politischen Ebenen stattfindende österreichische Offensive zum Umdenken in der europäischen Atompolitik. Des Weiteren pocht Bayr auf die Wichtigkeit von Gesprächen mit AKW-betreibenden Nachbarländern über einen Atomausstieg. "Grenznahe Reaktoren bedeuten eine unmittelbare Gefahr für die österreichische Bevölkerung", so Bayr.

Darüber hinaus fordert die SPÖ Umweltsprecherin den baldigen Beschluss eines österreichischen Energieeffizienzgesetzes, denn, so Bayr "das sinnvolle und sparsame Einsetzen von Energie ist unser größtes potentielles Kraftwerk". Nur wenn es gelingt, den rasanten Anstieg am Energieverbrauch einzubremsen ist es realistisch, den Anteil an erneuerbarer Energie am Gesamtverbrauch genügend schnell zu steigern.

Auf europäischer Ebene sollte 20 Prozent mehr Energieeffizienz ebenfalls verbindlich werden: "Es ist nicht einzusehen, dass gerade jenes EU-weite Ziel, das den Schlüssel zur Erreichung der anderen Klimaziele wie Senkung der Treibhausgase und Steigerung des Anteils an erneuerbarer Energie, darstellt, als einziges ein freiwilliges Ziel bleiben soll", so Bayr.

"Die Mär von der sicheren Atomkraft wurde durch die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima endgültig als Lüge enttarnt. Jetzt gilt es die einzig logische Konsequenz zu ziehen, den endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie", betont die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas.

Restrisiko nicht in Kauf nehmen

Grünen-Chefin Eva Glawischnig erinnert, dass Katastrophen wie vor 25 Jahren in Tschernobyl und derzeit im japanischen Fukushima jederzeit passieren können: "Die beiden Katastrophen sind Mahnmale für die Risikogesellschaft, in der wir leben. Wir werden dieses "Rest"-Risiko, das hunderttausende Menschen täglich bedroht, nicht in Kauf nehmen." Glawischnig bezeichnet Tschernobyl nicht bloß als verheerendes Ereignis der Vergangenheit - "Tschernobyl bestimmt die Gegenwart und die Zukunft von über sieben Millionen Menschen, die durch diese Katastrophe alles verloren haben, deren Kinder noch heute an Krebs erkranken, deren Heimat nicht mehr bewohnbar ist. Wir müssen an diese Menschen denken, dürfen ihr Leid niemals vergessen." Besonders verurteilt die Grüne Bundessprecherin, dass bei Tschernobyl in einem ungeheuren Ausmaß vertuscht wurde. "Informationen wurden bewusst zurückgehalten, Kritische Wissenschafter wurden entlassen, die die Wahrheit gesagt haben. Es wurde eine Mauer der Ignoranz aufgebaut. Ähnliches erleben wir jetzt in Japan. Das wahre Ausmaß der Katastrophe in Fukushima wird nur Stück für Stück bekanntgegeben, es wird alles schöngeredet. Vom Betreiber Tepco kamen die Worte ,Wer die Sicherheit von Atomkraftwerken in Frage stellt, wird wie ein Staatsfeind behandelt'. Das dürfen wir nicht hinnehmen." Von Fukushima wurden bereits 70.000 Menschen evakuiert. Deren bisheriges Leben ist den Betreibern einen Schadensersatz von 7000 Euro wert. Glawischnig: "7000 Euro dafür, dass ein Mensch sein Leben verloren hat? Wieder stoßen wir an eine Mauer der Ignoranz. Ich möchte allen Japanerinnen und Japanern unsere Solidarität aussprechen - den Opfern von Fukushima und all jenen, die jetzt erstmals auf die Straße gehen und gegen Atomkraft protestieren." Glawischnig will aber an diesem Abend nicht nur gedenken, sondern sieht in all diesen Katastrophen und ihren verheerenden Folgen einen Auftrag. "Wir werden nicht ruhen, bis das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet ist. Nicht nur für unsere Sicherheit, sondern für die Sicherheit unserer Kinder und Kindeskinder. Für die Zukunft der Menschheit."

Nicht zur Tagesordnung zurückkehren

"25 Jahre nach Tschernobyl und der Katastrophe in Fukushima darf die Politik nicht zur Tagesordnung zurückkehren. Die gefährlichsten Kernkraftwerke in Europa sollen möglichst rasch stillgelegt werden, in den nächsten 20 Jahren muss Europa atomfrei sein", fordert BZÖ-Energiesprecher Abg. Mag. Rainer Widmann. "Die
Bundesregierung ist gefordert, die Energieautarkie voranzutreiben und auf EU-Ebene alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Ausstieg aus der Atomkraft zu beschleunigen", so Widmann. Er versichert, "dass das BZÖ die Regierung in diesem Punkt voll unterstützen wird!"

Raus aus Atom- rein in erneuerbare Energie

Aufgrund des massiven Risikos für Bevölkerung und Umwelt muss Europa raus aus Atom und rein in Erneuerbare kommen." meint Umweltminister Berlakovich. Um in der Überbrückungszeit bis zum Totalausstieg für maximale Sicherheit zu sorgen, seien strenge und umfassende Stresstests erforderlich, für die nun erste Vorschläge vorliegen. Diese seien aber nur eine erste Diskussionsgrundlage und
müssten in wichtigen Punkten noch massiv nachgeschärft werden. "Wir brauchen echte Stresstests und keine Schmähtests", betont Berlakovich.

"Es muss auch dokumentiert werden, ob AKW gegen menschliche Einflüsse wie Flugzeugabstürze gewappnet sind. Außerdem ist die Einbindung unabhängiger ExpertInnen und die Verbindlichkeit der Tests entscheidend", so der Umweltminister.

"Es ist mehr als bedenklich, dass anlässlich der Tschernobyl-Gedenkfeier am 19.04. in Kiev nicht die Zeichen der Zeit erkannt worden sind. Vielmehr wurde lediglich eine Deklaration beschlossen und von zahlreichen Ländern unterstützt, deren Titel "Kiever Gipfel zum sicheren und innovativen Einsatz der Nuklearenergie" lautet. Wie kann sich ausgerechnet das Land für eine internationale Kooperation zur innovativen Verwendung der Kernenergie aussprechen, das am schlimmsten unter ihr zu leiden hat?", gibt Berlakovich zu bedenken, Der ebenfalls an der Kundgebung zu Tschernobyl und Fukushima am
Stephansplatz teilnahm. "Im Kampf für den Ausstieg aus der Kernenergie-Nutzung ist ein nationaler Schulterschluss wichtig. Wir setzen heute ein gemeinsames
österreichisches Signal. Es darf nie wieder zu Katastrophen wie Tschernobyl und Fukushima kommen", meint er.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /