© BKA/HBF
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Grußbotschaft Kardinal Schönborns zum Tschernobyl-Gedenken

Caritasdirektor Landau: Leid, Schmerz und gesundheitliche Schäden der Menschen sind "wahre Katastrophe nach der Katastrophe"

Wien - Der Wiener Caritasdirektor Msgr. Michael Landau hat am Montagabend auf dem Wiener Stephansplatz eine Grußbotschaft von Kardinal Christoph Schönborn an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung für die Opfer von Tschernobyl überbracht. Landau erinnerte daran, dass die Folgen der Katastrophe von Tschernobyl kaum in Worte zu fassen seien. Das Leid, der Schmerz und die gesundheitlichen Schäden der Menschen seien die wahre "Katastrophe nach der Katastrophe". Tausende "Liquidatoren" seien auf Grund ihres Einsatzes gestorben oder würden bis heute an Krebs und anderen Krankheiten leiden. Mehr als 300.000 Menschen seien nach dem Unglück in der Ukraine und in Weißrussland umgesiedelt worden. Die ukrainische Kommission zum Schutz vor Strahlenschäden spreche von einem Anstieg der Kindersterblichkeit um 20 bis 30 Prozent. Besonders stark sei die Zunahme von Schilddrüsenkrebs bei Kindern in den verstrahlten Gebieten.

In der Grußbotschaft von Kardinal Schönborn wird daran erinnert, dass die Katastrophe von Fukushima, "deren ganzes Ausmaß noch unklar ist", dem Gedenken an die Opfer der Katastrophe von Tschernobyl eine dramatische Aktualität verleihe. Wörtlich hieß es in der Grußbotschaft des Wiener Erzbischofs: "So wie hier auf dem Stephansplatz sind auch in vielen anderen europäischen Städten die Menschen versammelt, um der Folgen jenes tragischen Augenblicks zu gedenken, als am 26. April 1986 um 1 Uhr 23 ein technisches Experiment im Block 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl zur nicht mehr beherrschbaren Katastrophe führte. So wie auf den Plätzen in anderen europäischen Städten sind auch hier auf dem Stephansplatz Menschen ganz unterschiedlicher politischer, religiöser, weltanschaulicher Überzeugung, ganz verschiedener nationaler Herkunft und unterschiedlichen Alters versammelt. Über alle Unterschiede hinweg eint sie die Sorge um die Bewahrung einer lebens- und menschenfreundlichen Welt".

In den letzten Wochen habe es eine Fülle von Medienberichten über die Situation in der geräumten Todeszone um Tschernobyl gegeben. Dort sei kein normales menschliches Leben mehr möglich. Schönborn: "Experten sagen uns, dass dieser Zustand mehr als 200.000 Jahre anhalten könnte. Zu den besonders zu Herzen gehenden Bildern aus der einstigen \x{2588}Atomstadt\x{2588} Prypjat zählt das Kinderspielzeug, das bei der Evakuierung der Stadt in den verlassenen Wohnungen liegen geblieben ist. Deutlicher als vieles andere vermitteln diese Bilder die Botschaft: Hier ist keine Zukunft mehr möglich. Es ist zu vermuten, dass es diese Bilder bald auch aus der geräumten Zone um Fukushima geben wird". Bei der Frage nach den Opfern gehe es nicht nur um die Todesopfer, sondern um die vielen Menschen, deren Lebenszeit, deren Gesundheit, deren Glück gefährdet oder zerstört wurde. Die Experten seien sich nicht einig: "Aber die Zeugnisse der Betroffenen sagen deutlicher als alle Statistiken, dass hier die zerbrechliche Welt des Menschen aufs Spiel gesetzt worden ist".

Die österreichischen katholischen Bischöfe hätten sich bei ihrer letzten Frühjahrsvollversammlung mit den Folgen der Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima auseinandergesetzt und als Beitrag zur gesellschaftlichen Meinungsbildung eine Erklärung veröffentlicht, erinnerte Kardinal Schönborn: "In Österreich und in ganz Europa erinnert die gegenwärtige atomare Bedrohung an die Katastrophe von Tschernobyl vor 25 Jahren. Noch heute sind die Folgen davon spürbar und die Leiden der \x{2588}Kinder von Tschernobyl\x{2588} machen deutlich, wie sehr nachkommende Generationen davon betroffen sind. Die Katastrophe von Fukushima zeigt erneut auf, dass die Atomtechnologie eine Hochrisikotechnologie mit großen Gefahren für die heute Lebenden und für nachfolgende Generationen ist. Mit Blick auf ein ethisch verantwortbares Handeln für die Gegenwart und die nachkommenden Generationen ist ein ernsthaftes Überdenken der bisherigen Energiepolitik geboten. Gleichzeitig sind ein Umdenken und konkrete Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher und erneuerbarer Energieformen notwendig.

Christen sind aus ihrem Glauben dankbar für die anvertraute Schöpfung Gottes, mit der sie nachhaltig umgehen müssen und für die sie verantwortlich sind. Der enorme Energieverbrauch gerade in unserer Wohlstandsgesellschaft erfordert daher auch eine Änderung unseres verschwenderischen Lebensstils. Der Mensch darf die Schöpfung nicht ausbeuten. Eine Änderung unseres Lebensstils wird nur dann gelingen, wenn sie auch mit Verzicht verbunden ist. Ein Abschied vom \x{2588}immer mehr\x{2588} ist nicht nur der Verantwortung für die nachfolgenden Generationen geschuldet, er ist letztlich mit einem Gewinn an Lebensqualität und Lebenschancen für alle verbunden.

Alle gesellschaftlichen Kräfte müssen zusammenwirken, dass wir den Weg des maßlosen Energieverbrauchs verlassen und Alternativen finden. Das betrifft die Verantwortungsträger in Politik und Wirtschaft genauso wie jeden einzelnen. Die Kirche in Österreich will mit ihren Möglichkeiten dazu beitragen".

Er bete darum, dass "gemeinsam ethisch verantwortbare Arten des Umgangs mit den Ressourcen der Natur" gefunden werden, "ohne unsere Lebenswelt zu gefährden", hieß es abschließend in der von Msgr. Landau verlesenen Botschaft des Wiener Erzbischofs.

Carits Wien eröffnet Hospizprojekt in der Ukraine

Die Caritas der Erzdiözese Wien hat im Hinblick auf das 25-Jahr-Gedenken der Katastrophe von Tschernobyl ein Hospizprojekt in der Ukraine gestartet. "Speziell die Situation der Sterbenskranken ist dramatisch", berichtete Caritas-Mitarbeiterin Gudrun Gusel, die vor kurzem in der Ukraine war, am Ostermontag. "Die Hospizarbeit in der Ukraine steckt noch in den Kinderschuhen. Es mangelt derzeit an fast allem: finanzielle Mittel sind kaum vorhanden, Pflegebehelfe fehlen oft, Medikamente sind Mangelware oder nicht leistbar, und es gibt viel zu wenig Personal. Dennoch versuchen unsere Kolleginnen und Kollegen mit viel Einsatz, Herz und Engagement ihr Möglichstes, um den schwerstkranken Menschen einen Lebensabend in Würde zu ermöglichen", so Gudrun Gusel.

"Um die Not und das Elend der Menschen etwas lindern zu können, bauen wir jetzt die Hospizarbeit in der Ukraine massiv aus. Aktuell entstehen in zwei Städten der Ukraine mobile Hospiz-Angebote für vorwiegend ältere und krebskranke Menschen", berichtete Msgr. Landau. Insgesamt werden 1.500 Menschen im Rahmen des von der EU geförderten Projektes in ihrer letzten Lebensphase mit palliativmedizinischer Pflege betreut und von Sozialarbeitern und Seelsorgern begleitet. Die Caritas benötigt aber für das neue Hospizprojekt dringend auch Spenden. Landau: "Bitte helfen Sie uns mit einer Spende, damit wir diese sterbenskranken Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten können". (Infos: Klaus Schwertner, Tel.: 01/878 12-221 oder 0664/848 26 18, E-Mail: klaus.schwertner@caritas-wien.at; Spenden: Kto. Nr. RBI 404.050.050, BLZ: 31.000, Kennwort: Tschernobyl).

Quelle: Erzdiözese Wien



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /