© Sergej23 pixelio.de
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Atomausstieg- in der Schweiz und in Deutschland

Wie lange brauchen wir wirklich für den Umstieg? Eine Ansichtssache von Doris Holler-Bruckner

"Wir steigen aus aus der Atomenergie!" Das erklärte gestern die deutsche Bundesregierung. Eine ähnliche Erklärung gab es in der Vorwoche auch aus der Schweiz.

Hurra! So die Reaktion des (zumindest auf den ersten Blick, wenn man nicht den Einkauf von "Egalstrom" am eruopäischen Markt miteinrechnet) atomkraftfreien Österreich. Wir gratulieren vorerst einmal zum Ausstieg.

Doch betrachtet man die Hintergründe, so sieht alles ein wenig anders aus. Immer noch ungeklärt ist die Endlagerung des Atomstroms, auch Uran wird knapp und damit teurer. Und auch der angebliche "Klimaschutz" der Atomkraft ist ein Märchen, wenn wir die gesamte Kette, von der Wiege bis zur Bahre, betrachten.

In der Schweiz ist für die Reaktoren eine Betriebsdauer von 50 Jahren vorgesehen. Der Reaktor Beznau I soll daher 2019 als erster vom Netz gehen, Beznau II und Mühlberg sollen 2022 abgeschalten werden, Gösgen 2029 und der letzte Schweizer Reaktor Leibstadt soll gar erst im Jahr 2034 vom Netz.

In Deutschland sollen zwar die "Risikoreaktoren" die man derzeit aus Sicherheitsgründen abgeschalten hat, nicht mehr ans Netz gehen, sechs Reaktoren sollen bis 2021 abschalten, die drei neuesten AKW dann erst 2022.



Das ist zu lang, meinen etliche deutsche Umwelt-NGOs, ein rascherer Ausstieg ist möglich.
Immerhin: An der Brennelementesteuer will man festhalten.

Viele Fragen scheinen noch offen: Warum der Zeitraum, den die von der deutschen Regierung eingesetzte Ethikkommission für den Ausstieg empfiehlt, und zwar innerhalb eines Jahrzehnts oder schneller, nicht eingehalten wird, ist nicht beantwortet.

Atomausstieg sollte Umstieg zu erneuerbaren Energien sein. Aber: Ein klarer Fahrplan zur Beschleunigung der Energiewende fehlt im derzeitigen Entwurf zur deutschen EEG-Novelle, wie der Bundesverband Erneuerbare Energie gestern kritisierte.

Immerhin, wie der deutsche Außenminister Guido Westerwelle von der FDP meinte, könne es durch den Ausstieg aus der Atomkraft neue Exportchancen für erneuerbare Energien geben, ein Bereich, in dem Deutschland schon jetzt absolut führend ist.

Die Banken und Investoren an den Börsen reagierten schneller. Im TecDax schnellten beispielsweise die Aktien des Windturbinenherstellers Nordex gestern um über elf Prozent nach oben, Der Ökodax, der aus 10 Titeln aus dem Bereich erneuerbare Energien besteht, ging um rund sechs Prozent hinauf.

Fragt man sich nur, wie es weiter gehen wird. Glaubt man den Experten von Goldman-Sachs, so wird sich der Ölpreis bereits Ende des kommenden Jahres in Richtung 140 USD pro Barrel gehen.

Bewegt sich der Markt weiter in diese Richtung, wäre bald Netzparität für Solarstrom erreicht. Sieht man sich die Preise der langen Überland-Starkstromleitungen an, die man für neue Großprojekte wie Solarstrom aus der Wüste oder Riesen-Offshorewindparks braucht, so wird es sowieso demnächst günstiger, den Strom vor Ort am Dach zu erzeugen, als ihn einzukaufen. Die Energiewende könnte rascher kommen, als sich das manche Menschen vorstellen.

Da fragt man sich nur, ob sich ein Atomausstieg nicht bald von selbst rascher ergibt und ob die Entscheidungen der Politik nicht in den nächsten 10 Jahren von der Realität überrollt werden könnten.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /