Biomassekonferenz: Das Energiesystem jetzt umbauen!

Über 1000 Teilnehmer bei der Mitteleuropäischen Biomassekonferenz in Graz- der Energie-Mix der Zukunft ist erneuerbar

Heute fand die Eröffnung der Mitteleuropäischen Biomassekonferenz in Graz statt. Das Interesse an Erneuerbaren Energien wächst, wie der Riesenansturm der Teilnehmer beeindruckend aufzeigt: über 1.000 Bioenergie-Experten aus 50 Staaten machen Graz derzeit zur Biomasse-Welt-Hauptstadt. Nnicht nur aus Europa, auch aus China, Indien, USA, Kanada, Brasilien, Nigeria, Ägypten, Ghana, Kamerun, Somalia und Sudan sind die Teilnehmer. Die Übersetzung erfolgt in 5 Sprachen.

Nachhaltiger Entwicklungsschub ist notwendig

"Die Internationale Biomassekonferenz 2008 in Graz soll europaweit einen nachhaltigen Entwicklungsschub im gesamten Biomassebereich auslösen und die Wirtschaftsbeziehungen vertiefen. Viele heimische Bioenergieunternehmen sind Technologieführer, daher wurden auch ein Industrieforum und ein Matchmaking-Event eingerichtet", erklärt Winfried Eberl, Direktor der Landwirtschaftskammer Steiermark.
Die Wärme- und Stromproduktion aus Biomasse wächst, auch die Biotreibstofferzeugung wird mehr, betont Eberl.

Verschiedene Technlogien zur Reduktion von Treibhausgasen für eine erfolgreiche Klimapolitik

Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung plädiert für die gleichzeitige Anwendung verschiedener Technologien zur Reduktion von Treibhausgasen. Es herrscht immer mehr Einigkeit darüber, dass es kein Patentrezept für eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik gibt. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, um die Mengen von Treibhausgasen in der Atmosphäre bzw. die globale Temperatur zu stabilisieren, und zwar so, dass sie sich auf einem möglichst niedrigen Niveau einpendeln. Um die gefährlichen Auswirkungen des Klimawandels verhindern zu können, muss unbedingt dieses niedrige Temperaturniveau erreicht werden.

Mit der Reduktion von Treibhausgas-Emissionen kann jedoch auch die Gefahr verbunden sein, das Wirtschaftswachstum empfindlich zu bedrohen, und zwar sowohl in den Industriestaaten wie auch in den Entwicklungsländern.

Ein Portfolio, das verschiedene mögliche Senkungsmaßnahmen beinhaltet, kann hilfreich dabei sein, die Gratwanderung zwischen dem Kampf gegen den Klimawandel und der Aufrechterhaltung von Wirtschaftswachstum zu bewältigen.
Eine Verbesserung der Energieeffizienz, die Förderung von erneuerbaren Energietechnologien, usw. Die Entscheidungsträger sollten wissen, in welchen Maßnahmen bzw. welchem Maßnahmen-Mix welches Reduktionspotenzial liegt.

"Allerdings können all die genannten Technologien nur dann auf dem Markt eingeführt werden, wenn sich die politischen Akteure auf einen Preis für jede Tonne an emittiertem CO2 einigen und somit die Atmosphäre nicht mehr zum Nulltarif mit Kohlendioxid belastet werden kann. Genauso wichtig sind weltweit gültige Wirtschaftsverträge, die die wachsenden internationalen CO2-Märkte und eine faire Verteilung von Emissionsrechten unterstützen, insbesondere zum Wohl der armen Länder dieser Welt." meint Edenhofer.

"Seit 2005, als die letzte mitteleuropäische Biomassekonferenz stattfand, haben sich nicht nur die Energiepreise, sondern auch die Preise wichtiger Agrargüter entscheidend nach oben entwickelt. Zahlreiche, neue beunruhigende Erkenntnisse über den Klimawandel als Folge des Energiesystems liegen mittlerweile vor." erklärt Heinz Kopetz, Präsident des Europäischen Biomasseverbands.

Die Erdölpreise sind in diesen drei Jahren um 120 % gestiegen ( von 43 $ auf 95 $/Fass), die Erdgaspreise um 70 %, die Preise für Getreide und Mais haben sich verdoppelt. Die Nachfrage nach Erdöl nimmt jährlich mit zweistelligen Zuwachsraten zu. Der jüngste Bericht des IPCC belegt mit zahlreichen Fakten die Erderwärmung, deren Ursachen überwiegend im fossilen Energiesystem liegen.
Jüngste Studien zeigen, dass von den 48 größten, Öl produzierenden Ländern schon 33 im decline sind, also jährlich weniger produzieren. Die Europäische Union ist sich dieser Herausforderung bewusst und der Europäische Rat hat klare Signale für das Jahr 2020 gesetzt: 20 % weniger C02, 20 % bessere Energieeffizienz, 20 % Anteil Erneuerbare Energie. Das heißt defakto, dass die Erneuerbaren Energien in den kommenden 12 Jahren um rund 12 Prozentanteile zulegen müssen. Und
In den letzten 15 Jahren stieg in Europa der Anteil der Erneuerbaren Energien am Verbrauch an Energie um etwa 2 %.

Das heißt, eine Beschleunigung im Umbau des Energiesystems, ja geradezu eine energiewirtschaftliche Revolution, ist notwendig, meint Kopetz. Der Weg muss rasch von fossiler zu solarer Energie gehen, wobei Biomasse als gespeicherte Sonnenenergie einen wichtigen Teil dieser solaren Energien darstellt.

Biomasse kommt in der künftigen Entwicklung eine Schlüsselrolle zu - nicht nur in der Treibstoffversorgung durch Bioethanol, Biodiesel, Biogas usw. - sondern auch in der Wärmeversorgung und der gekoppelten Wärme- und Stromerzeugung.

Umbau des Energiesystems - wie?

Die EU-Beschlüsse verlangen mehr als eine Verdoppelung der erneuerbaren Energie bis 2020, für Biomasse fast eine Verdreifachung. Das kann nur gelingen, wenn es eine undamentalen Änderung der Energiepolitik der Mitgliedsländer sowohl in der Erzeugung als auch im Verbrauch passiert. Diese Neuorientierung schließt die Steuer-, Ordnungs- und Förderpolitik ein.

Ist das notwendig, ist das zumutbar? Was ist die Alternative? Weiter steigende CO2 Emissionen, erhöhte Abhängigkeit, vergrößerte Unsicherheit, steigende Milliardenausgaben für Energieimporte und CO2 Zertifikate. Und das ist nicht alles! "Die Alternative zur Energiewende ist ein globales Klima- und Wirtschaftsexperiment mit einschneidenden Verlusten an Wohlstand für Alle und gänzlich ungewissem Ausgang für unser Ökosystem." sagt Kopetz. "Die Energiewende bringt dagegen Sicherheit, neue Arbeitsplätze, Unabhängigkeit, Frieden. Rückgang der Treibhausgase und dauerhafte Entwicklung."

Vor diesem Hintergrund soll die Grazer Konferenz soll einen wichtigen Beitrag dazu liefern, in Mitteleuropa eine zukunftsfähige, nachhaltige Energieversorgung aufzubauen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /