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Wald als Ware? Wald als Klimafaktor? Wald als Co2 Speicher?

Im Vorfeld der Klimakonferenz in Durban diskutierten ExpertInnen die umstrittene Rolle des Waldes in der internationalen Klimapolitik

Mindestens 15 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen stammen aus der Abholzung von Wäldern. Bei der Weltklimakonferenz, die von 28.11. - 9.12. im südafrikanischen Durban stattfindet, wird daher Waldschutz ein wichtiges Thema sein. Geplant, aber umstritten ist ein Mechanismus zur Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern (REDD - Reducing Emissions from Deforestation and Degradation), bei dem Wäldern und ihrer Fähigkeit, CO2 zu speichern, Geldwert beigemessen werden soll. Wenn Wald zur Ware wird - wer wären die Gewinner, wer die Verlierer? Und welche Rolle könnte in diesem Prozess Österreich spielen, das als "Waldland" über große Erfahrung in nachhaltiger Forstwirtschaft verfügt? Um diese und ähnliche Fragen ging es am 3. 11. bei einer hochkarätigen Diskussionsveranstaltung im Rahmen des Österreichischen Walddialogs, die von CARE, Klimabündnis und Lebensministerium organisiert wurde - in Kooperation mit dem WWF, der Österreichischen Klimaallianz und mit Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

Klimafaktor Wald im "Jahr des Waldes" 2011 Einig waren sich die ExpertInnen darin, dass der nach wie vor fortschreitende Rückgang der globalen Waldbestände und wertvoller Biodiversität schnellstmöglich gestoppt werden sollte. Zentral wichtig wäre auch die Einhaltung sozialer Schutzmechanismen, denn der Wald ist Existenzgrundlage für mindestens 1,6 Milliarden Menschen. 300 Millionen von ihnen, insbesondere indigene Völker, leben direkt im Wald. Viele befürchten, dass wirtschaftlich lohnende Wiederaufforstungen bzw. eine Vermarktung von Waldschutz zu lebensfeindlichen Monokulturen und Vertreibungen führen könnten.

"Die indigenen Völker und andere RegenwaldbewohnerInnen fordern zu Recht, das sie mit ihrer traditionellen Kultur und Lebensweise respektiert werden und REDD nicht ohne ihre Beteiligung und Zustimmung entschieden wird, denn es ist vor allem ihr Verdienst, dass der Regenwald vielerorts erhalten geblieben ist. Daher sollte REDD für sie eine finanzielle Kompensation sicherstellen", so Johann Kandler vom Klimabündnis, das mit zahlreichen indigenen Gemeinschaften in engem Kontakt steht.

Mittlerweile gibt es bereits Waldschutz-Projekte, die die lokale Bevölkerung gut einbeziehen, wie ein von den Österreichischen Bundesforsten und dem WWF durchgeführtes Projekt zur langfristigen Erhaltung eines Nationalparks in Laos, bei dem auch die Schokoladenmanufaktur Zotter und das Lebensministerium beteiligt sind. Die Hilfsorganisation CARE führt REDD-Pilot-Projekte durch, bei denen sie besonders auf Armutsbekämpfung und die Stärkung von Frauen achtet: "Der Forstbereich gilt weltweit als Männerdomäne, doch gerade in Entwicklungsländern spielen Frauen eine wichtige Rolle, was Waldschutz und Waldnutzung betrifft. Sie holen z.B. Brennholz, Kräuter und Medizinpflanzen aus den Wäldern. Ihr Wissen muss bei der Entwicklung und Umsetzung von REDD-Strategien systematisch einbezogen werden", so Angelika Gerstacker von CARE.

Österreich und der Wald Österreich ist ein "Waldland" - rund 47 Prozent seiner Fläche sind mit Wald bedeckt, der einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt. Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer NÖ und Nationalratabgeordneter der ÖVP: "Der österreichische Wald verdankt seine Vitalität den Jahrhunderte langen Bemühungen der Waldbesitzer, den Wald nachhaltig zu nutzen. Das Interesse der Menschen am Wald kommt aus dem Bewusstsein für die praktisch erlebten, vielfältigen Funktionen. Auch in Zukunft wird der Wald ein wesentlicher Faktor der regionalen Wertschöpfung sein und zur Sicherung der aufrechten Besiedelung der peripheren Regionen unverzichtbar sein."

EU-Abgeordnete Karin Kadenbach, SPÖ, setzt sich auf europäischer Ebene für Waldschutz ein: "Nachhaltige Waldbewirtschaftung, wie sie in Österreich betrieben wird, ist von ganz entscheidender Bedeutung dafür, dass Klimaschutzziele verwirklicht werden und die erforderlichen Ökosystemleistungen wie biologische Vielfalt, Schutz vor Naturkatastrophen und Bindung von CO2 aus der Atmosphäre, gewährleistet werden. Auch auf europäischer Ebene sind Anstrengungen nötig, um den Wald zu schützen. So könnte das Modell des Österreichischen Walddialoges auf die gesamte EU ausgedehnt werden - er bezieht alle Akteure von privaten Waldbesitzern über die Bundesforste bis hin zu Umweltorganisationen ein, um gemeinsam optimale Strategien für den Wald zu entwickeln."

Michael Johann, Obmann der Grünen Bäuerinnen und Bauern, forderte eine nationale Strategie, um CO2-Speicherung aus Wald und Böden besser zu koordinieren: "Wenn Österreich sein Kyotoziel verfehlt, muss das die Bundesregierung mit sündteuren Bilanz-Tricks wie Zertifikatsankäufen kaschieren. Der Klimawandel lässt sich aber nicht wegrechnen. Wir brauchen rasch wirksame Maßnahmen zur Senkung der österreichischen CO2-Emissionen und zusätzlich eine nationale Strategie zur Nutzung des CO2-Speichervermögens in Österreichs Wald!"

Im abschließenden "Zukunftspanel" zum Thema "Wald retten, aber wie?" kam die Mitverantwortung jedes Einzelnen für Klimawandel und Waldzerstörung zur Sprache. Elisabeth Johann, Präsidentin des Vereins "Waldpädagogik in Österreich" betonte die Wichtigkeit von Öffentlichkeitsarbeit und Schulbildung - im diesjährigen "Jahr des Waldes" hätten für 130.000 Schulkinder Waldführungen stattgefunden. Die NGO-VertreterInnen appellierten an die politischen EntscheidungsträgerInnen, österreichisches Wald-Know-how in den internationalen REDD-Prozess einzubringen und sich für Umwelt- bzw. Sozialstandards einzusetzen.



Quelle: CARE


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /