Die Zeit für Placebos im Klimaschutz ist vorbei!

Ökologische Steuerrefom ist notwendig und soll für klimagerechtes Verhalten sorgen - Diskussion zur Filmpremiere von "Unsere Erde- Der Film"

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion anlässlich der Filmpremiere von "Unsere Erde" in den Village Cinemas Wien wurde unter der Moderation von Hans Vockenhuber eifrig diskutiert. Franz Fischler, Präsident des Ökosozialen Forums, forderte rasche Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels: "Wenn es nicht gelingt, die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten, werden auf unserem Planeten irreversible Veränderungen mit unabschätzbaren Folgen für Mensch und Umwelt eintreten. Ab 3 Grad Celsius gehen Forscher davon aus, dass allein in der Pflanzenwelt ein Verlust von einem Drittel aller Arten droht." Zu der Premiere samt Podiumsdiskussion hatten Constantin Film und der Österreichische Biomasse-Verband geladen, der auch einen neuen Infofalter "Klima-Zukunft" präsentierte.

Entgegen allen politischen Beteuerungen steigt der Treibhausgas-Ausstoß in die Atmosphäre weiter an. Dass ein Großteil dieser Treibhausgase vom Menschen verursacht ist, gilt mittlerweile als wissenschaftlich bewiesen. Die Lösung für das Problem liegt im effizienteren Umgang mit Energie sowie in der schrittweisen Umstellung der fossilen Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger.

"Wir alle, Bürger, Wirtschaft, Politik etc. sind gefordert, an der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen mitzuwirken und endlich das Wirtschaftswachstum vom Ausstoß von Treibhausgasen zu entkoppeln", mahnt Fischler, der zur Umsetzung der einzelnen Maßnahmen einen nationalen bzw. internationalen Klimaschutz-Masterplan für notwendig erachtet. Schon allein zur Abmilderung der unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels wäre ein derartiger Plan von eminenter Wichtigkeit.

Die Politik befindet sich in einem Dilemma, muss sie doch einen radikalen Systemwechsel vorantreiben und gleichzeitig für die gesellschaftliche Akzeptanz von manchmal auch schmerzlichen Maßnahmen werben. Der Ausweg kann laut Fischler nur darin bestehen, dass die Politik dafür sorgt, Energieeffizienz rentabel zu machen. Mit einer ökologischen Steuerreform sollen Anreize geschaffen werden, die dafür sorgen, dass sich Bürger und Unternehmen klimagerecht verhalten und gleichzeitig neue Technologien vorangetrieben werden. Eines müsse jedoch allen Beteiligten klar sein: Klimaschutz zum Nulltarif wird es nicht geben.

"Die Zeit der ,Spielchen’ ist vorbei. Wenn wir den durch den Menschen verursachten Klimawandel tatsächlich eindämmen wollen, ist für Klimaschutz-Placebos absolut keine Zeit mehr, " so Fischler.

Wir müssen endlich reagieren - die Zeit drängt

Die öffentliche Bereitschaft für ein Mehr an Klimaschutz ist so positiv wie noch nie. Josef Plank, Geschäftsführer des Österreichischen Biomasse-Verbandes, sieht das politische Geschehen mit großer Skepsis: "Wenn man sich das Gezänke der einzelnen Staaten und Interessensvertreter rund um den Entwurf des Klimaschutzpaketes der EU-Kommission ansieht, kommen einem Zweifel, ob der Wille zum Klimaschutz tatsächlich auch in den Köpfen der Verantwortlichen angekommen ist."

Dabei drängt die Zeit. Eine konstruktive und effiziente Klimaschutzpolitik hieße in Wahrheit, dass in Westeuropa die jährlichen Pro-Kopf-Treibhausgas-Emissionen von den derzeitigen zehn Tonnen auf zunächst vier, längerfristig auf zwei Tonnen sinken müssen, wenn wir das sensible Klimasystem unseres Planeten nicht für alle künftigen Generationen zerstören wollen.

Plank ist sich sicher, dass wir den Wandel vom klimaschädigenden fossil-atomaren Energiesystem zu einem erneuerbaren Energiesystem, mit einem Mix aus allen erneuerbaren Energieträgern, schaffen können.

Allein 1.200 ländliche Gemeinden in Österreich könnten beispielsweise bereits heute 7,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen, wenn sie alle Maßnahmen zum Energiesparen bei Gebäuden, zu Sparsamkeit im Bereich Strom sowie zur Effizienzverbesserungen im Transportsektor vornehmen würden - und gleichzeitig den Einsatz von Biomasseheizungen, Solaranlagen sowie dezentralen Biogasanlagen forcieren würden.

Die Kommunen könnten damit 80 Prozent ihres gesamten Energiebedarfes aus eigener Kraft dauerhaft sowie nachhaltig decken. Durch Investitionen in der Größe von rund 23 Milliarden Euro, verteilt auf 20 Jahre, entstünden 45.000 Dauerarbeitsplätze in den regionalen Wirtschaftsbetrieben bzw. in der Land- und Forstwirtschaft. Parallel würden die Energiekosten in diesen Gemeinden deutlich reduziert, was die regionale Kaufkraft um jährlich 1,6 Milliarden Euro anwachsen ließe.

Der Österreichischen Biomasse-Verbandes hat Informationsbroschüren zu den wichtigsten Bioenergie-Themen publiziert. Der im Rahmen der Filmpremiere vorgestellte Falter "Klima-Zukunft" stellt die wesentlichen Zusammenhänge der Klimaentwicklung dar. Er zeigt die Notwendigkeit einer Effizienzsteigerung in der Energienutzung und allen wichtigen Formen der erneuerbaren Energie sowie simple Maßnahmen, die jede/r Einzelne von uns zum Klimaschutz ergreifen kann.

Die neue Broschüre wurde unter fachlicher Betreuung von Prof. Helga Kromp-Kolb und dem Team des Österreichischen Biomasse-Verbandes erstellt und wird in einer Auflage von 250.000 Stück an Schulen, Bildungseinrichtungen u.a. in Österreich verteilt. Die Broschüre "Klima-Zukunft" gibt es außerdem für alle Interessierten bequem im Internet unter www.biomasseverband.at gratis zu bestellen.

Auch österreichische Arten verschwinden

Univ.-Prof. Dr. Klaus Hackländer vom Institut für Wildbiologe der Universität für Bodenkultur Wien, erklärte, dass der Klimawandel auch für Österreichs Wildtiere bemerkbar sei: "Durch die Erwärmung und den geringeren Schneefall Eiszeitrelikte wie Schneehase und Schneehuhn an Boden verlieren. Sie sind an kalte Wetterbedingungen und an Schnee angepasst. Auf der anderen Seite kommen neue Arten nach Österreich, die bis in die alpinen Täler vordringen können." Hierzu gehört z.B. der Goldschakal, der die Alpen von Südosten her erobert. Im Endeffekt könne man erwarten, dass der Klimawandel in Österreich eine Zunahme der lokalen Biodiversität mit sich bringt, aber auch zum unwiederbringlichen Verlust von extremen Anpassungskünstlern führt. Hier hat Österreich vor allem für die alpinen Wildtiere eine besondere Verantwortung. "Wenn Arten verschwunden sind, dann sind sie für immer verloren, " meinte Hackländer.

Klimaschutzmaßnahmen jetzt setzen

Univ. Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb mahnte: "Wenn manche sagen, es wird wärmer, das ist vielleicht für uns in Europa gar nicht so schlimm, dann muss man darauf hinweisen, dass Extremsommer wie vor 2 Jahren dann die Norm sein werden. In ganz Europa gab es damals Dürreschäden und tausende Hitzetote. Ältere Menschen und auch Kleinkinder sind dann in den Städten gefährdet, das heißt enorme Herausforderungen, auch im Sozial- und Gesundheitsbereich. " Außerdem gebe es schon jetzt weltweit rund 15 Millionen Klimaflüchtlinge. Es werde erwartet, das in ca. 40 Jahren bis zu 200 Millionen Menschen vor den Auswirkungen des Klimas flüchten müssen. Deshalb sei es jetzt notwendig, zu reagieren und nicht zuzuwarten.

Dr. Köhler, beim ORF für Universum verantwortlich, erklärte: "Unser Problem ist die Abhängigkeit von Öl, das Schicksal der Dinosaurier sollte uns eigentlich eine Lehre sein, endlich umzudenken." Er findet es wichtig, die Schönheit der Welt aufzuzeigen, damit wir Bescheid wissen, was wir verlieren, wenn wir so weiter tun wie bisher.

"Wir müssen als Gäste auf dieser Erde Verantwortung setzen. Eisbär. Buckelwal oder Elefant haben das gleiche Recht zu leben wie wir." so André Sikojev, einer der Produzenten des Films. Dem kann man sich nur anschließen.

"Unsere Erde - Der Film"

"Unsere Erde" startet am 8.2.2008 in den österreichischen Kinos. Wir haben ihn vorab gesehen, Eindrücke dazu lesen Sie hier Unsere Erde - Der Film



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /