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Offener Brief der BürgerInneninitiative "Allianz gegen die S7" an Bundesministerin Doris Bures

Infrastruktur - das sind nicht neue Schnellstrassen

BürgerInneninitiative "Allianz gegen die S7"
für lokale Verkehrslösungen
für ein autobahnfreies Feistritz- und Lafnitztal
www.ags7.at www.buergeraktiv.at

Offener Brief



Sehr geehrte Frau Bundesministerin !

Sie haben vor kurzem gemeinsam mit den nach dem geltenden Korruptionsstrafrecht privilegierten Vorständen der ASFINAG auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben, dass der Bau der Fürstenfelder Schnellstraße S7 als wichtiges Infrastrukturprojekt für das Jahr 2012 vorgesehen sei – obwohl Sie selbst behaupten, ‘dass neue Straßen nur dort gebaut werden, wo sie wirklich gebraucht werden’ und darauf verwiesen, dass häufig der Bau einer zweispurigen Umgehungsstraße ausreiche, um Ortskerne effektiv zu entlasten.

Abgesehen davon, dass es nach den Bestimmungen der Verfassungsrechtes nicht Aufgabe der ASFINAG ist, ‘Ortskerne zu entlasten’, entbehrt Ihr Verweis auf die angebliche Notwendigkeit der Fürstenfelder Schnellstraße S7 jeglicher sachlicher Grundlage. Seit Anfang 2008 nimmt der Verkehr auf der B 319/B 65 kontinuierlich ab: der Schwerverkehr um 45%, der Gesamtverkehr um 15%. Offenbar schon deshalb hat sich in dem von Ihnen geführten Ministerium nur das Mitglied des Aufsichtsrates der ASFINAG Mag.Ursula Zechner bereit gefunden, den Genehmigungsbescheid für die Fürstenfelder Schnellstraße S7 im UVP-Verfahren zu unterfertigen: als Organ des Projektwerbers fällt dies sicherlich nicht schwer !

Doch nicht nur dieser Aspekt einer fragwürdigen Vorgangsweise hoheitlichen Handelns bewegt viele Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Tatsache, dass in der Region andere - wichtigere - ‘Infrastruktureinrichtungen’ aus finanziellen Gründen bedroht sind oder - schon jetzt - ihrer Funktion nicht mehr gerecht werden können.

Nach den Plänen Ihrer Ministerkollegin Beatrix Karl sollen die Bezirksgerichte Fürstenfeld und Jennersdorf geschlossen werden – gerade jene in den Hauptorten der angeblich erst durch die Fürstenfelder Schnellstraße S7 der Erreichbarkeit zugeführten Bezirke gleichen Namens. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Region dürfen also bis zu 60 Kilometer weiter zu einem Bezirksgericht – dies allerdings nicht auf der geplanten S7 - fahren, um staatliche Rechtswahrung und Rechtsdurchsetzung als elementare Voraussetzungen für ein friedliches
Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger in Anspruch nehmen zu können.

Aber auch im Bereich des motorisierten Individualverkehrs gibt es wichtigere Anliegen als die Errichtung der Fürstenfelder Schnellstraße S7: zahlreiche Medien in der Steiermark, darunter auch das Regionalmedium ‘Woche’ haben kürzlich auf das wahre Problem für die mangels zureichenden öffentlichen Verkehrs leider auf das niederrangige Straßennetz mit eigenen Kraftfahrzeugen angewiesene Bevölkerung hingewiesen: ‘Lenker kritisieren schlechte Straßen’ und ‘Proteste gegen die desolaten Straßen’: ‘Wie auch Rückmeldungen von Autofahrern zu entnehmen war, befinden sich aber einige für den Lokalverkehr wichtige Landesstraßen in schlechtem Zustand. Diese Routen werden von den Lenkern aufgrund von Rutschgefahr durch vorhandene Spurrillen und abgefahrene Belege vor allem bei Nässe als zum Teil verkehrsgefährdend eingestuft. Beispiele dafür sind etwa die L 207 über den Rittscheinberg, Landesstraßen von Söchau in Richtung Walkersdorf, die Strecke Bierbaum an der Safen bis nach Burgau oder auch die Straßen von Loipersdorf in Richtung Gillersdorf und bis Stein – um nur einige zu nennen.’

Grund für die katastrophale Verfassung der Gemeinde- und Landesstraßen in der Region (und in der gesamten Steiermark) ist das Fehlen finanzieller Mittel für die notwendige Sanierung in den jeweils zuständigen öffentlichen Haushalten, während der Schulden-ASFINAG in verantwortungsloser Weise eine weitere Ausdehnung ihrer Verbindlichkeiten für die geplante Errichtung der Fürstenfelder Schnellstraße S7 unter Heranziehung der künftigen Arbeitskraft der Bürgerinnen und Bürger – unter dem Motto: aus Bürgerinnen und Bürger werden Bürgen – zugestanden wird.

Damit ist klargestellt, dass die auch von Ihnen zu verantwortende ‘Infrastrukturpolitik’ im Bereich des motorisierten Individualverkehrs zweierlei Maß anlegt und damit den sachlichen Erfordernissen schon längst nicht mehr gerecht wird: während das niederrangige Straßennetz, welches das alltägliche Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung abdecken soll, mangels finanzieller Mittel dem Verfall überantwortet wird, kann der Bau unnotwendiger Autobahnen wie der Fürstenfelder Schnellstraße S7 durch weiteres Schuldenmachen und damit auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger mit garantierter finanzieller Belastung auch für die kommenden Generationen fortgesetzt werden.

Die Bürgerinnen und Bürger interessiert auch nicht, wer letzten Endes für dieses oder jenes zuständig ist: sie haben Anspruch darauf, dass das ihnen unter Androhung staatlicher Zwangsgewalt abgenommene Steuergeld für ihre Daseinsvorsorge optimal eingesetzt wird – und dafür sind PolitikerInnen wie Sie verantwortlich. Daher nehmen Sie wenigstens Ihre eigenen Worte ernst und kümmern sich darum, ‘dass neue Straßen nur dort gebaut werden, wo sie wirklich gebraucht werden’ !

Für die "Allianz gegen die S 7"

mit freundlichen Grüßen
Johann Raunikar
Fürstenfeld


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /