© Gerd Maier
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Verkehr spielt Schlüsselrolle bei Energiewende

Fachleute diskutieren bei VCÖ-Gespräch über Wege aus der Erdölabhängigkeit und den wirtschaftlichen Nutzen von klimafreundlicher Mobilität

Wien - Die Zeit des billigen Erdöls ist endgültig vorbei. Klimafreundliche Alternativen zu einem erdölbasierten Verkehrssystem werden für Europa immer dringlicher. Darüber waren sich gestern Abend Fachleute aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft bei einer VCÖ-Diskussion in Wien einig. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und die Förderung des Radfahrens bringen einen großen wirtschaftlichen Nutzen und schaffen Arbeitsplätze mit Zukunft, macht der VCÖ aufmerksam.

"Es gilt jetzt die Weichen zu stellen, um die individuelle Mobilität sowie den Gütertransport vom Erdöl unabhängiger zu machen! Nur so können die EU-Klimaschutzziele in Österreich, nämlich 75 Prozent weniger Treibhausgase bis 2050, erreicht werden. Investitionen in klimafreundliche Mobilität sind nicht nur für die Umwelt gut, sondern sie sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und werden Österreich in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil bringen", betonte VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen. Investitionen in den Ausbau des Schienennetzes und den Bau von Radverkehrsinfrastruktur erzielen pro Million Euro um rund 50 Prozent höhere Beschäftigungseffekte als der Ausbau hochrangiger Straßen. Die Wertschöpfung der Fahrradwirtschaft lag 2011 bei rund einer Milliarde Euro, schätzt der VCÖ.

"Würde ganz Europa so fleißig im Alltag Radfahren wie die Däninnen und Dänen, dann wäre bereits ein Viertel des EU-Klimaschutzzieles erreicht. In Dänemark werden pro Kopf mehr als 1.000 Kilometer pro Jahr mit dem Rad gefahren, also vier Mal so viel wie in Österreich", berichtete Rasmussen.

"Für den Wirtschaftsstandort Österreich ist sowohl eine effiziente Verkehrsinfrastruktur von großer Bedeutung, als auch die Fähigkeit, neue, innovative Technologien als Chance zu nutzen. Insbesondere die verschiedensten Ansätze zur Elektro-Mobilität eröffnen neue Potenziale für Wertschöpfung und Beschäftigung in Österreichs Wirtschaft und Industrie", wies Michael Losch vom Wirtschaftsministerium auf den Schlüsselsektor Verkehr bei der Energiewende hin. Österreich hat ein enormes Exportpotential von Technologie, wie etwa in der Schienenproduktion aber auch bei Schienenfahrzeugen, so der VCÖ.

"Elektro-Antrieben gehört die Zukunft", ist Arnulf Wolfram von Siemens überzeugt. Siemens beschäftigt sich umfassend mit dem Thema Elektro-Mobilität, entwickelt elektrische Infrastruktur und intelligente Stromnetze ebenso wie elektrische Antriebe für Fahrzeuge. "Siemens trägt durch die Optimierung bei der Produktion von Fahrzeugen, Komponenten und Batterien dazu bei, die Gesamtkosten von Elektro-Fahrzeugen zu senken", berichtete Wolfram.

Auch der VCÖ sieht Potenzial in der Elektro-Mobilität, plädierte aber dafür, Elektro-Mobilität nicht mit Elektro-Autos gleichzusetzen. "Anstatt bei der E-Mobilität in der Autoabhängigkeit weiter zu verharren, sollte das Hauptaugenmark auf elektrifizierten Öffentlichen Verkehr und Schienengüterverkehr sowie auf Elektro-Fahrräder gelegt werden", warnte VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen davor, in veralteten Mobilitätsmustern zu verharren.

Für einzelne Betriebe wird es immer wichtiger, die Produktionsstrukturen aber auch die Mobilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu überdenken. Alexander Biach, Direktor des Wirtschaftsbundes Wien, sprach sich für steuerbegünstigte Jobtickets aus, als Anreiz für Mitarbeiter, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Der Zusatznutzen für die Betriebe: Die Beschäftigten seien motivierter und das geringere Verkehrsaufkommen rund um die Betriebe verbessere die Beziehungen zur Nachbarschaft.

Ganz von allein wird die Energiewende jedoch nicht schnell genug gehen, gab der VCÖ zu bedenken. Gesetzliche Rahmenbedingungen, die den Übergang aktiv gestalten, sieht Wifo-Umweltökonomin Angela Köppl etwa in der Verschiebung der Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zum Ressourcenverbrauch. " Ein Steuersystem kann unterstützend wirken, um die Erdölabhängigkeit zu reduzieren. Durch eine Steuer auf fossile Energieträger wird ein Preissignal gesetzt, das eine Reduzierung des Verbrauchs bewirkt." Grundsätzlich können Steuern und Abgaben sowohl beim Besitz als auch bei der Nutzung der Fahrzeuge ansetzen, wie zum Beispiel die Normverbrauchsabgabe bei Neuwägen oder die Mineralölsteuer.

Das VCÖ-Hintergrundgespräch "Erdölunabhängige und klimafreundliche Mobilität und Wirtschaft?!" wurde von der Dänische EU-Präsidentschaft anlässlich des Europatages am 9. Mai unterstützt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /