Wird die Gesundheit der Bevölkerung den Interessen der Atomindustrie geopfert?
Offener Brief von atomstopp_oberoesterreich an Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky vom 29. Feber 2008
Sehr geehrte Frau Ministerin,
die Stadtgemeinde Freistadt (OÖ) bietet ihrer Bevölkerung beim morgigen "Tag der Gesundheit" umfassende Informationsmöglichkeiten rund um das Thema "Gesundheit".Insbesonders wird auch die spannende Frage aufgeworfen, welche Faktoren, welche Determinanten die individuelle Gesundheit der Bevölkerung bestimmen.
Diese Frage wird in Freistadt auch vor dem Hintergrund der aktuell in Deutschland geführten Diskussion der Häufung von Kinderkrebs im näheren Umkreis von Atomanlagen zu diskutieren sein.
AKW Temelin - innerhalb 50 km Umkreis zum Bezirk Freistadt
Wie Sie bestimmt wissen, ist laut der im Auftrag des deutschen Bundesamtes für Strahlenschutz erstellten Studie, bereits eine Zunahme des Krankheitsrisikos in einer Entfernung von 50 km zu Atomanlagen feststellbar. Der Bezirk Freistadt liegt innerhalb des 50 km-Umkreises zum tschechischen Atomkraftwerk Temelin.Weissbuch der EU-Kommission: Gemeinsam für die Gesundheit - strategischer Ansatz 2008 - 2013
Im Oktober 2007 hat die EU-Kommission den strategischen Ansatz definiert und kommt u.a. zum Ergebnis, dass Gesundheitsbelange in alle Bereiche der Gemeinschaftspolitik zu integrieren seien.
Fraglich ist für uns - auch vor dem Hintergrund de aktuellen deutschen Kinderkrebsstudie - wie die energiepolitischen Entscheidungen der EU-Mitgliedschaften - vor allem, wenn sie grenzüberschreitend sind - in den strategischen Ansatz einfließen und wie der gesundheitlichen Betroffenheit der österreichischen Bevölkerung durch den Betrieb des grenznahen tschechischen Atomkraftwerks Rechnung getragen wird.
Gerne bitten wir Sie dazu um Ihre Stellungnahme!
Genetische Schäden durch Atomenergie tragbar und gerechtfertigt? Wird strategisches Ziel - Schutz der Bürger vor Gesundheitsgefahren - von Atomenergie unterlaufen?
Ausdrücklich wird im Weissbuch der EU-Kommission auf den Schutz der menschlichen Gesundheit als Verpflichtung gemäß Artikel 152 EG-Vertrag hingewiesen.Fraglich ist für uns, inwiefern - und ob überhaupt - die Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission ICRP diese Verpflichtung berücksichtigen - oder doch eher konterkarieren? Unmissverständlich wird jedenfalls in der
ICRP-1 (1958) festgehalten, dass die damals gültige Strahlendosis für die Allgemeinheit eine beträchtliche Belastung durch genetische Schäden bedeuten würde. "Sie kann aber" - so ICRP-1 wörtlich - "als tragbar und gerechtfertigt angesehen werden im Hinblick auf die Vorteile, die erwartungsgemäß durch die Anwendung der Atomenergie erwachsen."
Wir bitten Sie als Gesundheitsministerin um Stellungnahme, ob genetische Schäden durch die Atomenergie toleriert werden, welche konkreten Schutzmaßnahmen vor der Strahlenbelastung Österreich - nicht nur angesichts des grenznahen Atomkraftwerks Temelin - setzt und wie Österreich sicherstellt, dass der Schutz der Bürger vor Gesundheitsgefahren - nicht von der Atomindustrie unterlaufen wird!
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Schweiger - Obfrau Freistädter Mütter gegen Atomgefahr und Sprecherin atomstopp_oberoesterreich Roland Egger - Obmann atomstopp_atomkraftfrei leben! und Sprecher atomstopp_oberoesterreich
Quelle: Weissbuch - Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013 KOM (2007)/630 - 23.10.2007
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