©  LK NÖ/Lintner- v.l.n.r.: Markus Holzer (Europäische Kommission), LK NÖ-Präsident Hermann Schultes, Minister Niki Berlakovich und Landesrat Stephan Pernkopf.
© LK NÖ/Lintner- v.l.n.r.: Markus Holzer (Europäische Kommission), LK NÖ-Präsident Hermann Schultes, Minister Niki Berlakovich und Landesrat Stephan Pernkopf.

Alles dreht sich um unser Öl

Pflanzenöl als Treibstoff und mehr- Ein Rückblick auf die Pflanzenöltagung

St.Pölten- Es ist möglich und notwendig umzusteigen- weg vom fossilen Öl- hin zum selbst erzeugten Pflanzenöl. Dies zeigte eine beeindruckende Pflanzenöl-Tagung am 26.September in der Landwirtschaftskammer St.Pölten auf.
Äußerst kompetent und wortgewandt begrüßte Moderatorin Mag. Claudia Schubert vom ORF NÖ alle anwesenden Gäste, Ehrengäste und Organisatoren der Veranstaltung, darunter Dipl.-Päd. Ing. Josef Breinesberger, Agrar Plus GmbH, Abg.z EU Parlament a.D Agnes Schierhuber, Ing. Gerhard Zinner, Waldland Naturstoffe GmbH, BM DI Nikolaus Berlakovich sowie LR Dr. Stefan Pernkopf.

Humorvoll war danach der Hausherr, LK-Präsident Abg.zNR Ing. Hermann Schultes am Wort. Er freut sich über die zahlreich erschienen Gäste aus dem Inn - und Ausland: "Wären alle angemeldeten Personen zum Pflanzenöltag gekommen, hätten wir ein arges Platzproblem. Gott sei Dank ist heute schönes Wetter, sodass viele dann doch nicht da sind" - denn dennoch war der Saal in der LK St. Pölten bis zum letzten Platz gefüllt.

In seinem Referat wies er eindrucksvoll auf die enorme Energieabhängigkeit vom Ausland hin, auf den schlimmen Kaufkraftverlust durch ausländische Energieimporte, die jeden Haushalt mit rund 3150 Euro jährlich belasten. Ohne heimische Bioenergie würden sich die Belastungen pro Haushalt mit ca. 4.100,-Euro /Jahr auswirken. Einen wichtigen Beitrag, die Landwirtschaft möglichst unabhängig von Energieimporten zu machen, ist kalt gepresstes Pflanzenöl, bei dem pro erzeugten Liter 2 Kilogramm hochwertiges Eiweißfuttermittel anfallen, das Gen Soja Importe erübrigen könnte. Eine autarke Eiweiß-Futtermittelversorgung wie auch eine Autarke Energieversorgung wäre für die Land- und Forstwirtschaft, nur aus heimischen Rohstoffen und Energie möglich. Keine (Gen)Soja bzw. Palmölplantagen wären dazu nötig.

DI Lutz Ribbe, EuroNatur von der Stiftung Europäisches Naturerbe führte mit seinem Vortrag den Blick über den Tellerrand hinaus. Er zeigte auf, wie wir durch unseren Lebensstil, die Verschwendung und die Ressourcenverknappung,... seit 2008 dauerhaft von Krise auf Krise kommen, und dass wir in einem todkranken System leben, dessen Grenzen bereits überschritten sind. Er präsentierte beeindruckend, wie wir wie die Maden im Speck leben, den Speck (Kohle, Erdöl, Erdgas, Rohstoffe etc.) zusehend zusammen fressen, und glauben, nur mit der Speckschwarte allein sei ein Weitertun wie bisher möglich. Auch beleuchtete er, dass Biomasse nicht unbegrenzt vorhanden sei und zeigte die Grenzen deutlich auf. Bei E10, so meinte er, müsste man sich die Frage zu E100 stellen, den eine Abkehr von den fossilen Energien verlangt, diese vollständig zu ersetzen. Um E100 zu erzeugen würde man 75% der weltweiten Agrarflächen benötigen, was unmöglich sei. Eindrucksvoll zeigte er auf. wo die höchste Energiedichte liegt: Sonnenstrahlung hat 115 Watt/m², Windenergie 3 Watt/M², Biomasse 0,2 Watt/m², Wasserkraft und Geothermie 0,1Watt/m². Viele Beispiele, über Energieeffizienz, Verbrennungsmotor, E-Antrieb, nachhaltige Systeme. Demokratische Energieformen in Bürgerhand, globale Handelsströme von Bioenergie usw. standen im Fokus.

Vorstellbar ist für Euro Natur primär eine Strategie zur Verwendung von Pflanzenölen, ENERGIEAUTARKE, unabhängige Landwirtschaft. Öle sollen dezentral, in naturverträglichen Anbauverfahren - >Mischkultur< hergestellt werden. die Grenzen sollen wie auch die Chancen für eine Region erkannt werden. DI Rutz Ribbe brachte die Komplexibilität der Thematik fantastisch auf den Punkt, er hätte weit mehr Zeit für seinen eindrucksvollen Vortrag haben sollen. "Ein Mann, der weiß, wovon er spricht!!!" so ein Zuhörer.

Mag. Markus Holzer sprach über "Pflanzenöl als Kraftstoff – Rahmenbedingungen der EU". Er informierte über die EU Energie -& Klimaziele, die Bedeutung und Nachhaltigkeit von Pflanzenölen, dessen Auswirkungen auf die CO² Bilanz, aber auch über vermehrte Landnutzung, da Rapsöl nicht nur ein Nahrungsmittel ist, sonder auch als auch als Kraftstoff genutzt werden kann wodurch zusätzliche Flächen in die Erzeugung genommen werden. Gefordert wird auf EU Ebene Ressourceneffizienz, bei der die Netto-Landnahme auf Null zurück gefahren werden soll (bis 2050).

Pflanzenöl kann eine interessante Option sein, besonders wegen seiner Synergieeffekte in der Landwirtschaft: Eiweiß-Futtermittel, Nährstoffe, Humusbilanz.



Ministerialrat Dr. Rupert Schäfer vom bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Referat Nachwachsende Rohstoffe, verwies auf den letzten ‘Internationalen Energie Outlook’ der einen drastisch steigenden Weltölverbrauch von derzeit 88 Mio. Barrel auf 112 Mio. Barrel pro Tag im Jahr 2035 prognostiziert, der alleine nicht mehr aus fossilen wie auch unkonventionellem Öl, wie Ölschiefer, gedeckt werden kann, sondern auch mit Biokraftstoffen von mind. 4 Mio. Barrel pro Tag, ergänzt werden müsse. Damit hätte sich die Biokraftstofferzeugung verdreifacht. Er zeigte das gesamte Spektrum der Biokraftstoffe, dessen Auswirkungen auf CO², Landnutzung, Nachhaltigkeit. Ebenso dürften landwirtschaftliche Betriebe, die Pflanzenöl erzeugen und damit ihre Fahrzeuge betreiben, finanziell nicht schlechter gestellt werden. Anschubförderungen für biokraftstofftaugliche Maschinen seien vorstellbar, ebenso ist für Deutschland eine Befreiung von der Energiesteuer wichtig, um die Biokraftstoffe für die Landwirtschaft weiter zu erhalten.

"Genau vor 100 Jahren, 1912, hat Rudolf Diesel in einer Patentschrift folgendes festgehalten: ‘Der Gebrauch von Pflanzenölen als Kraftstoff mag heute unbedeutend sein. Aber derartige Produkte können im Laufe der Zeit ebenso wichtig werden wie Petroleum, und Kohle-Teer-Produkte von heute.’
"Ich glaube wir sind in diesem ‘Laufe der Zeit’ und es gilt hartnäckig zu sein, Überzeugungsarbeit zu leisten, die Technologie laufend weiter verbessern, um Zug um Zug die Anwender zu gewinnen." so Schäfer.



Landesrat Dr. Stephan Pernkopf stellte die Energiezukunft für Niederösterreich dar. Vor allem im Bereich der Landwirtschaft kann Pflanzenöl als Ersatz für Diesel gesehen werden. Brauchten die Bauern früher für Ochsen und Pferde rund ein Zehntel der Ackerfläche, so kann heute der Anbau von einem Hektar Ölpflanzen die Bewirtschaftung von neun Hektar Fläche mittels Pflanzenöl-Traktor sichern. Ein Hektar Ölpflanzen liefern 2.000 Kg Presskuchen und 1.000 Liter Öl.
Bereits in der Vergangenheit wurde nach alternativen Kraftstoffen gesucht, in den 1980ern bereits die ersten Versuche an der BLT Wieselburg gestartet, zur Jahrtausendwende das ambitionierte 35 Traktorenprojekt und 100-Pkw-Programm umgesetzt. 2007 wurde die Biogasaufbereitung für den Tank in Margarethen am Moos gestartet. In der Zwischenzeit gibt es in NÖ eine Vielzahl von regionalen Ölmühlen.

Pflanzenöl bringt einige Vorteile für die Landwirtschaft: Eine Absicherung des Treibstoffes auch in Krisenzeiten, die Reduktion von Treibhausgasen, sowie eine umweltfreundliche Lebensmittelerzeugung.

DI Nikolaus Berlakovich, Bundesminister für land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist überzeugt: "Energieautarkie für Österreich ist machbar. "

Markus Artner vom Maschinenring Zwettl-Weitra zeigte in seinem Statement über "Praxiserfahrung mit Pflanzenöl" eindrucksvoll auf, wie praxistauglich Pflanzenöltraktore sind, sowie das sie gleichwertig im Einsatz, Verbrauch und Wartung wie Dieseltraktoren zu sehen sind . Die Unterschiede zu Dieselkraftstoff sind: schlechteres Kaltstartverhalten, ruhigerer Motorlauf, billigerer Kraftstoff. Die Erfahrung: positiv! Pflanzenöl kann weiter empfohlen werden, von der Landwirtschaft für die Landwirtschaft. Seine Botschaft: "Wir können 1.000 Gegenargumente suchen ODER einen wichtigen Beitrag für Menschen und Umwelt leisten."

M.Sc. Dipl.-Ing. (FH) Christian Düseldorfer sprach über einen "Ganzheitlichen Lösungsansatz zum Betrieb von Traktoren der EU- Abgasstufe 3A und 4 mit reinem Pflanzenöl". Er zeigte die verbindlichen Ziele der EU 20/20/20, die Möglichkeit mit 10% der Anbaufläche den gesamten Pflanzenölbedarf der Landwirtschaft zu decken, berichtete über die Testprogramme von John Deere, sowie einen Ausblick, wie der John Deere Konzern eine 100% Selbstversorgung mit Energieautarken Bauernhöfen, Gemeinden und Regionen sieht. Damit könnte der Bauer als Energiewirt mit Pflanzenölfahrzeugen, Elektrofahrzeugen, betrieben mit Wind und Photovoltaik-Strom sowie mit Wärme-Kraft-Kopplungen aus Biogas aus Reststoffen, die neben der Stromerzeugung auch Wärme zu den nahe gelegen Dörfern und Städten liefern, eine Energieautonomie die ab 2020 möglich ist, erreichen.

Ing. Hannes Blauensteiner Waldland GmbH zeigte, wie wichtig Pflanzenölqualität und Ölaufbereitung ist. Die Kraftstoffqualität ist als wichtigste Säule beim Betrieb eines Pflanzenöltraktors zu sehen. Bei schlechter Pflanzenölqualität zeigen sich entsprechende Folgen im Betrieb. Das Ziel des Waldland Pflanzenöl Reinigungssystems ist: Optimale Pflanzenölqualität - einsetzbar für Pflanzenölmotoren der neuesten Generation, kein Chemieeinsatz - keine Entsorgungskosten. Dafür ist keine aufwendige Lagerung notwendig, der Energie - und Investitionsaufwand ist niedrig, denn es wird bereits vorhandene Technik genutzt.

Es gilt: 100% Speiseölqualität - keine Einschränkung in der Genusstauglichkeit.
Der Filtrationskuchen kann problemlos als Futtermittel eingesetzt werden.

Dazu gibt es eine Empfehlung zu den Lagertanks: gleich bleibende Lagertemperatur von 4°C bis 12°C, dunkler, frostsicherer und trockener Raum, Vermeidung von direkter Sonneneinstrahlung, dichter Lagertank - kein Sauerstoff - bzw. Wassereintritt, Tank, Leitungen, usw. alles aus Edelstahl oder Kunststoff - keine Buntmetall. Die Lagerdauer von Pflanzenölen beträgt max. 1 Jahr.

Dr. Edgar Remmele vom Technologie und Förderzentrum im Kopetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe, sowie Obmann des Normenausschusses präsentierte eindrucksvoll die Einflussfaktoren auf die Ölqualität von verschiedenen Rapssorten: die Säurezahl, dieOxidationsstabilität, welche Einfluss der Besatz hat, das Auftreten von Schädlingen, Bruchkorn, Saatreife und Erntetermin, sowie Auswuchs. Im Jahr 2000 gab es den Weihenstephaner Standard, der von der Pflanzenölnorm DIN 51605 abgelöst wurde, die weiterentwickelt wird.

HR DI Dr Josef Rathbauer von Ing. Kurt Krammer Ölmühlen - Monitoring, BLT Wieselburg zeigte anschaulich das Gesamtbild zur Ölpressung, Mühlen, Ölqualitäten Entwicklungen bei Ölreinheit, Laboranalysen, sowie eine wirtschaftliche Darstellung von Pflanzenöl. "Der Dieselpreis ist noch immer zu billig" ist eine der vielen klaren Aussagen von ihm, auch die Bedeutung der dezentralen Kraftstofferzeugung mit regionalern Kreisläufen und regionaler Wertschöpfung wird zur Zeit oft unterschätzt. Wir stehen jedoch vor tief greifenden Veränderungen, meinte er etwas besorgt.

Klar und eindeutig wurde die Notwendigkeit zu einer raschen Systemänderung mit Eigenversorgung in der Landwirtschaft erkannt, vorrangig und auch aus strategischen Gründen sollte eine möglichst rasche Selbstversorgung von Eiweiß Futtermitteln angestrebt werden, bei der das wichtige Neben- Produktion Pflanzenöl und Ethanol vor Ort anfallen. Für die Bevölkerung und Landwirtschaft wäre es ein doppelter Win-Win-Effekt mit Nahrungsmittel -und Energie Souveränität.

Richtig gestellt sollte werden, das Verbrennungsmotoren im Solarzeitalter auf lange Sicht keine Berechtigung mehr haben, da sie reine Energie-Schleudern sind, egal ob sie mit Diesel, Benzin, Pflanzenöl oder Ethanol betrieben werden. Den: mehr Energie wird dann für die Abwärme verbraucht als für die Fortbewegung.

Der Energie- Ertrag pro Ha/Jahr bei der Biomasse (Pflanzenöl) bei ca. 10.000 KWh liegt, bei der Photovoltaik bei ca. Einer Million Kilowattstunden, also um den Faktor 100 mehr.

Trotzdem gibt es eine dringende und rasche Notwendigkeit zu Energieautarken Bauernhöfen, mit Pflanzenöl-betriebenen Fahrzeugen und eigener Eiweiß Futter Versorgung in ganz Österreich, um die Nahrungsmittelsicherheit für die Bevölkerung regional zu gewährleisten.

Alles in allem war die Tagung eine beeindruckende Veranstaltung mit vielen hochkarätigen Besuchern, die unbedingt so weitergeführt werden sollte.





Autor Wolfgang Löser betreibt mit seiner Familie den "Ersten energieautarken Bauernhof Österreichs" und bietet praxisnahe Energieberatung aus der Erfahrung sowie Vorträge und Seminare mit Know-How aus der Praxis.

GastautorIn: Wolfgang Löser für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /