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Atomkraftwerke: Testverfahren ungenügend, Ergebnisse trotzdem vernichtend

Mit Veröffentlichung der Ergebnisse aus den EU-Stresstests für Atomkraftwerke wird klar: Ein Unfall wie in Fukushima kann jederzeit auch in Europa passieren

München - Ziel von EU-Kommissar Oettinger war vermutlich nicht, eine Offenbarung der gravierenden Mängel zu präsentieren. Was jetzt vorliegt, ist deshalb alles andere als beruhigend und bestätigt die Forderungen nach einem Komplett-Ausstieg aus der Atomkraft.

"100-prozentig sichere AKWs gibt es nicht, deshalb sind die Ergebnisse der Stresstests keine wirkliche Überraschung ", kommentiert Christina Hacker, Vorstand im Umweltinstitut München. "Dass die Mängelliste aber so drastisch ausfällt, überrascht schon und lässt in Abgründe blicken" ergänzt Hacker. Da die Studie im Wesentlichen auf Angaben der Betreiber basiert und nur wenige Anlagen direkt in Augenschein genommen werden konnten, kann von einer unabhängigen und vollständigen Bewertung keine Rede sein. Dass wesentliche Szenarien wie z. B. Terrorangriffe oder Flugzeugabstürze gar nicht betrachtet wurden, lässt ahnen, wie marode die Meiler wirklich sind.

Ein Beweis dafür ist, dass z.B. die belgischen AKWs Doel und Tihange relativ gut abschneiden, die aber kürzlich wegen tausenden Rissen im Reaktorblock vorsorglich abgeschaltet wurden. Kein Wunder, denn auf Risse wurde nicht getestet. Dass Meiler aus Slowenien, Ungarn oder gar Litauen am Besten abschneiden, verblüfft besonders: Die litauischen AKWs Ignalina sind Typ-ähnlich wie die Tschernobyl-Reaktoren und sind beide schon vor mehreren Jahren dauerhaft vom Netz genommen worden.

Besonders beängstigend sind die Ergebnisse für zwei finnische Meiler in Olkiluoto und zwei schwedische in Forsmark: Dort wäre bei einem Stromausfall die Kühlung längstens für eine Stunde gewährleistet, eine Kernschmelze mit all ihren dramatischen Auswirkungen wäre höchstwahrscheinlich die Folge. Auch Frankreich mit seinen 58 Reaktoren schneidet erwartungsgemäß schlecht ab, insbesondere beim Erdbebenschutz.

Für die deutschen AKWs sind Mängel aufgelistet, die bereits vor einem Jahr von der Reaktorsicherheitskommission beanstandet wurden. So fehlen Erdbebenwarnsysteme und Hochwasserschutz sowie Leitlinien für schwere Unfälle. Nichts Neues also, Nachrüstungen seither: Fehlanzeige.

Die beschwichtigende Botschaft von Energiekommissar Oettinger: Kein Meiler müsse aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden. Und Bundesumweltminister Altmaier kündigt gar an, dass der Umfang der Nachrüstungen für deutsche AKWs von der Restlaufzeit der einzelnen Anlagen abhänge.

Dies kritisiert Harald Nestler, Vorstand im Umweltinstitut München, auf´s Schärfste: "Es kann doch nicht sein, dass gerade die älteren und riskanten Meiler ohne weitere Verbesserung ihre Zeit absitzen dürfen und wir mit dem Risiko einer Katastrophe leben müssen. Gerade diese Meiler müssen sofort vom Netz", so Nestler. Der vorgelegte Stresstest ist alles andere als eine vollständige Bestandsaufnahme der AKW-Sicherheit.

Das Umweltinstitut München fordert deshalb, den Atomausstieg zu beschleunigen und umgehend alle unsicheren Meiler in der EU stillzulegen.

Quelle: Umweltinstitut

GastautorIn: Katja Bachert für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /