© Experiment Selbstversorgung
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We pimp the World: Experiment Selbstversorgung

In der fünften Woche von “We Pimp The World!” stellen wir Ihnen "Experiment Selbstversorgung" vor – den erfrischend undogmatischen, mutigen Selbstversuch von Lisa Pfleger und Michael Hartl

© Mutmacherei
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Sie möchten im Experiment Selbstversorgung biovegane Landwirtschaft, regionales Wirtschaften, einen möglichst nachhaltigen Lebensstil und noch viel mehr mit Konsequenz und Lebensfreude auf einem kleinen Fleckchen Erde im Südburgenland umsetzen. Ein Lebenstraum wird Wirklichkeit.

Michael Hartl und Lisa Pfleger stellen viele Fragen. Vor allem sich selbst. Fragen wie ’Braucht man ein Auto?” oder ’Ist man den Lebensmittelkonzernen und ihren Praktiken wehrlos ausgeliefert?” Fragen, die sich vermutlich viele von uns stellen. Auf der Suche nach den Antworten gehen die beiden jedoch zahlreiche Schritte weiter, als das die meisten Menschen tun würden: Sie möchten sich ihre persönliche Antwort wirklich er-leben, indem sie einen Selbstversuch machen, nämlich ihr Projekt Experiment Selbstversorgung. Dieses ist eher ein Lebensentwurf oder – traum als ein Projekt: Lisa und Michael möchten die Möglichkeiten und Grenzen dessen ausloten, was an sogenannter ’Subsistenzwirtschaft’, d.h. Selbstversorgung, machbar ist.

Das Paradoxe ist: In großen Teilen der Welt liegt die Versorgung mit Nahrungsmitteln und dem Lebensnotwendigen mit großer Selbstverständlichkeit noch in den eigenen Händen. Man baut Gemüse, Obst, Getreide an, und was man zuviel oder zu wenig hat, tauscht man im Rahmen der Dorfgemeinschaft oder der Region.

Doch in unseren Kulturkreisen erscheint diese Lebensweise unendlich weit weg und klingt für die meisten nach Kargheit, Plackerei und wenig Lebensqualität. Michael und Lisa glauben, dass es da neue Wege gibt: Ende 2009 zogen die beiden auf einen Bauernhof und begannen sich so weit wie möglich selbst zu versorgen. Zunächst in Niederösterreich, dann in Tschechien zu Hause, versuchten sie stets viel von erfahrenen Menschen zu lernen. Vor rund einem Jahr haben sie sich nun im Südburgenland im Ort Heiligenbrunn niedergelassen und einen Hektar Land gepachtet. Ihre Versorgung mit eigenem Gemüse haben sie auch hier bereits wieder sichergestellt. Die Wintervorräte reichen noch nicht ganz aus, doch im nächsten Jahr wird auch das schon klappen.

Eine der vielen beeindruckenden Eigenschaften der beiden Pioniere: Sie sind undogmatisch und missionieren nicht. Die Eigenversorgung mit Getreide streben sie z.B. nicht an, genausowenig die Ölproduktion. Auch wenn es die Lust gibt, das mal auszuprobieren, wissen die beiden nicht, ob der Aufwand in keinem sinnvollen Verhältnis zum Ergebnis stehen und ihnen das gut tun würde. Das bedeutet, dass die Freude am Tun einen wichtigen Stellenwert einnimmt und sie sich von ihrem Experiment nicht ’auffressen” lassen möchten.

Neben diesem erfrischend lebensfrohen Pragmatismus verfügen die beiden jedoch auch über ein sehr profundes Wissen über die Problemzusammenhänge im bestehenden Wirtschaftssystem. Sie haben sich intensiv mit Umweltschutz, Globalisierungs- und Kapitalismuskritik beschäftigt, ebenso mit Menschen- und Tierrechten. Deshalb leben sie vegan. Und wählen die Aspekte und die einzelnen Schritte ihres Experiments nicht einfach irgendwie aus – hinter jedem Teil steckt unglaublich viel an Wissen über mögliche Lösungen und Optionen, und sie überlegen sich auch die weitereichenderen Konsequenzen ihres eigenen Wirkens.

So möchten sie z.B. kein abgehobenes Inseldasein führen, sondern sich mit der Dorfgemeinschaft gut vernetzen: Es sind bereits Freundschaften entstanden, man hilft einander bei der Ernte, Lisa und Michael unterstützen den Forstwirt bei der Waldarbeit und erhalten dafür Holz. Alles, was nicht selbst produziert wird, wird in der Region eingekauft. Diese endet für die beiden jedoch nicht an der Staatsgrenze - den nur wenigen Kilometern entfernten Ortschaften im nahe gelegenen Ungarn fühlen sie sich genauso verbunden, sie sind Teil der Region. Und überall wurden sie herzlich aufgenommen und begrüßt.

Gleichzeitig besteht der Wunsch, das eigene Experiment sichtbar vorzuleben: Michael und Lisa möchten gerne zeigen – auch in ihrem lokalen Umfeld, dass biovegane Landwirtschaft mit viel Handarbeit möglich und machbar ist, Freude macht und hohe Lebensqualität bringt. So soll befruchtendes von einander Lernen möglich werden: Die alte Bäuerin im Dorf weiß ganz genau, welche Pflanzen auf dem Boden gut gedeihen und wann der erste Frost kommt. Da können Lisa und Michael viel von ihr lernen, denn die beiden sind landwirtschaftlich kaum ’vorbelastet”. Sie möchten auch ihr Wissen im Bereich naturnahes Leben und Gärtnern gerne mit der lokalen Gemeinschaft teilen.

In Zukunft möchten sie gerne bäuerliche Produkte verkaufen – vor allem wohltuende Tee- und Kräutermischungen sowie verarbeitete Produkte, um ihren Gelderwerb noch stärker mit ihrem Lebenstraum in Einklang zu bringen.

Was ist "We pimp the World"?

We Pimp The World!” ist eine Initiative der Mutmacherei, in der Vorzeigeprojekte, die sich für einen positiven ökologischen, wirtschaftlichen oder sozialen Wandel einsetzen, wöchentlich vor den Vorhang geholt werden. Auf der Bühne der Online- und Offline-Medien möchten wir zeigen, wie viele und vielfältige Lösungsansätze es zu den globalen Herausforderungen bereits gibt - in Form ganz konkreter Projekte und Initiativen. Also konstruktive, lösungsorientierte Informationsarbeit statt Panikmache! Die Beteiligung von vielen Menschen und Medien soll eine breite Unterstützung dieser Mut machenden Projekte ermöglichen.

GastautorIn: Ira Molley für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /