© Michael Sigmund – DI Manfred Bürger arbeitet bei der Telekom Austria Group M2M GmbH im Bereich Smart Grid und Smart Metering Lösungen.
© Michael Sigmund – DI Manfred Bürger arbeitet bei der Telekom Austria Group M2M GmbH im Bereich Smart Grid und Smart Metering Lösungen.

Intelligente Netze für grünen Strom

Wie intelligente Stromnetze und Stromzähler zukünftig mehr dezentrale Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energien ermöglichen sollen. Ein Interview mit DI Manfred Bürger von der Telekom Austria Group M2M GmbH.

© Michael Sigmund – DI Manfred Bürger erklärt Smart Metering beim "Tag der Offenen Tür" der Telekom Austria Group M2M GmbH.
© Michael Sigmund – DI Manfred Bürger erklärt Smart Metering beim "Tag der Offenen Tür" der Telekom Austria Group M2M GmbH.

DI Manfred Bürger studierte Elektrotechnik und Telekommunikation an der Technischen Universität Wien und an der Universität Antwerpen. Nun arbeitet er bei der auf M2M (Machine to Machine) spezialisierten Tochterfirma der Telekom Austria Group im Bereich Smart Grid und Smart Metering Lösungen.

In Zukunft wird ein immer bedeutenderer Anteil des benötigten Stroms in Österreich aus kleinen, dezentralen Photovoltaik-, Wind- und Wasserkraftwerken kommen. Die hierbei entstehenden natürlichen Schwankungen bei der Stromerzeugung sollen einerseits durch Stromspeicher, andererseits durch sogenannte Smart Grids – intelligente (Strom-)Netze – bestmöglich aufgefangen werden. Das dazu notwendige Stromverbrauchsmanagement kann bei Großbetrieben erfolgen, wo leistungshungrige, elektrische Maschinen immer dann eingeschaltet werden, wenn ein Überangebot an Energie im Netz vorhanden ist, und der variable Strompreis besonders niedrig ist. Aber auch Privathaushalte können einen erheblichen Teil zur Stromregulierung im Netz beitragen. Es gibt bereits seit langem sogenannte geschaltete / unterbrechbare Strom-Lieferungen für Wärmepumpen, Elektroboiler, usw. Hierbei können von Netzbetreibern – beispielsweise mittels Rundsteuerempfängern – elektrische Leistungen zu beliebigen Zeiten, für eine vorher definierte Maximalanzahl von Stunden pro Tag, vom Netz genommen werden. Dafür bekommen die KonsumentInnen einen günstigeren Tarif für die jeweils so angebundenen Geräte.

Smart Metering – die elektronische und genaue Erfassung der aktuellen Stromverbräuche – ermöglicht zukünftig auch eine umfangreiche Steuerung von Waschmaschinen und ähnlichem.

Aber auch das "manuelle" Stromsparen soll erleichtert werden. Durch die Änderung auf monatliche Stromabrechnungen, welche die jeweiligen Echtverbräuche zeigen, können beispielsweise neue "Stromfresser" im Haushalt wesentlich schneller erkannt werden, als bei den bisher üblichen jährlichen Ablesungen.

oekonews.at: Wer gibt in Österreich den Ausbau von Smart Grids und Smart Metering vor?

Bürger: Es sind die österreichischen Stromnetzbetreiber, die in den Ausbau der Netze investieren. So gibt es etliche Smart Grid Forschungs- und Pilotprojekte, wie zum Beispiel im Großen Walsertal oder die Smart Grids Modellregion Salzburg, um nur zwei zu nennen.

Weiters gibt auch bereits beachtliche Smart Meter Installationen – hauptsächlich in Oberösterreich. Beim Smart Metering hat sich nun der Gesetzgeber entschlossen, dies im Rahmen einer Verordnung, der sogenannten "intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung", österreichweit vorzuschreiben.

oekonews.at: Warum ist der Ausbau sinnvoll?

Bürger: Die Modernisierung der Energieversorgungsinfrastruktur ist ein wichtiger Schritt die Klimaschutzziele – Stichwort: 20-20-20 Ziele – zu erreichen. Speziell der massive Ausbau von erneuerbaren Energien benötigt intelligente Netze und Kommunikation zwischen Einspeisern und Verbrauchern, um die Netze stabil betreiben zu können. Automatisiertes Zu- und Abschalten von Verbrauchern aber auch die dynamische Regelung von Transformatoren werden in Zukunft immer wichtiger werden.

oekonews.at: Welche Vorteile sind für die KonsumentInnen zu erwarten?

Bürger: Die KonsumentInnen bekommen durch Smart Metering zum ersten Mal vollständige Transparenz und Information über den eigenen Energieverbrauch.

Beim Auto ist es für uns selbstverständlich, den Momentanverbrauch & Durchschnittsverbrauch angezeigt zu bekommen und es ist sofort sichtbar, wenn aggressive Fahrweise den Verbrauch in die Höhe schnellen lässt. Auch wird in jeder Autowerbung der durchschnittliche Verbrauch angegeben. Diese Transparenz führt dazu, dass die Konsumentinnen sehr gut Bescheid wissen und die Autoindustrie viel in effizientere Motorentechnologie Investiert.

Bei Stromverbrauch hingegen bekommen wir einmal im Jahr eine Rechnung, die Verursacher = energiehungrige Geräte, und die Auswirkung = hohe Rechnung, sind vollkommen entkoppelt…

oekonews.at: Ab wann ist mit der großflächigen Inbetriebnahme der Smart Meters in Österreich zu rechnen?

Bürger: Dies wird durch die vorhin erwähnte Verordnung geregelt und bedeutet, dass bis 2015 mindestens 10% aller Stromzähler "smart" sein müssen, bis 2017 mindestens 70% und im Endausbau bis 2019 95%.

oekonews.at: Die Datenübertragung soll via Mobilfunknetz erfolgen. Warum? Ist das nicht unsicher?

Bürger: Ja in der Tat ist Mobilfunk eine Möglichkeit die Smart Meter Daten von den Zählern zum Energieversorger zu transportieren. Und auf Grund der bereits hervorragend ausgebauten Netze stellt Mobilfunk auch die performanteste und kostengünstigste Lösung dar. So können die Daten eines intelligenten Stromzählers einmal täglich innerhalb weniger Sekunden übertragen werden.

In punkto Sicherheit werden ganz ähnliche Prinzipien und Verfahren wie beim Online Banking oder bei Bankomatkassen eingesetzt. Die Erfahrung, die wir in diesen Bereich seit Jahren gesammelt haben, können wir nun auch auf Smart Metering angewenden.

oekonews.at: Wie genau weiß ein Smart Metering Betreiber über seine KonsumentInnen Bescheid? Könnte dieser dann beispielsweise feststellen, welchen Film auf welchem Kanal sich einE bestimmteR KundIn im Fernsehen angesehen hat?

Bürger: Der Stromnetzbetreiber bekommt einen Stromverbrauchswert pro Tag geliefert. Wenn der/die KundIn zustimmt, so werden auch die 15min Werte – also 96 Stromverbrauchswerte pro Tag – übermittelt. Es ist also absolut ausgeschlossen, dass damit das eingeschaltete Fernsehprogram detektierbar ist.

oekonews.at: Wer aller bekommt die Daten von Smart Meters zu Gesicht?

Bürger: Natürlich bekommen die KundInnen die Daten – so wird es in Zukunft möglich sein, sich sein Verbrauchsprofil im Online Portal des Stromnetzbetreibers anzusehen. Dies liefert gute Hinweise für die eigene Optimierung oder Energieberatung.

Der Stromnetzbetreiber verwendet die Daten also für das Verbraucherportal und gibt diese auch an den Energievertrieb weiter, der diese zur Rechnungslegung verwendet.

oekonews.at: Welche Hürden gilt es derzeit noch zu überwinden?

Bürger: Der Aufbau einer derart grundlegenden Infrastruktur ist natürlich eine komplexe Angelegenheit die vieles an Analyse und Planungsarbeit erfordert. Auch in der Umsetzung, speziell beim Tausch der Zähler, ist qualifiziertes Personal in ausreichendem Maße notwendig um die gesetzlichen Vorgaben zum Smart Meter Roll-Out zu erfüllen. Interessant werden auch die Weiterentwicklungen im Bereich der Haushaltsautomation – Stichwort Smart Home, hier gibt es ja leider noch keine einheitlichen Standards.

oekonews.at: Was wird uns die Zukunft bringen?

Bürger: In der Forschung arbeitet man derzeit nicht nur am Smart Grid, sondern auch schon am Universal Grid. Dabei geht es um den Informationsaustausch und die Steuerung der verschiedenen Energieformen, Speichersysteme und Netze.

Strom, Fernwärme, Batteriespeicher, Elektromobilität, Wasserstoff-Erzeugung, Gebäudeautomatisierung …all diese Systeme sollen in Zukunft miteinander kommunizieren können und so die Nachfrage und das Angebot an verfügbarer Energie im Gleichgewicht halten.

oekonews.at: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Michael Sigmund für oekonews.at

Weitere Infos:
M2M :: Dienstleistungen für die Energiebranche
From the house to the island: How M2M can cut electricity use


Artikel Online geschaltet von: / sigmund /