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Die Rache der Bienen?

Bienengipfel: Kursänderung des Landwirtschaftsministers oder Farce? Pestizid-Verbote für Österreich beim Bienengipfel beschlossen!!

Wien- Einige Meldungen aus dem Landwirtschaftsministerium sorgten in den letzten Tagen für rege Berichte. "Bienen in Gefahr" - "Bienen und Bomben" "Wie Bienen Berlakovich zum Verhängnis wurden" .. so nur einige Schlagzeilen. "Der Umweltminister hat sich ganz offensichtlich in die Nesseln gesetzt, in denen ein Schwarm Bienen versteckt war. Dieser Schwarm umschwirrt ihn nun ist dieses Schwarmverhalten die heimliche Rache der Bienen?" so einer meiner Kollegen gestern abends. Vor ein paar Wochen waren wir noch ziemlich allein auf weiter Flur mit Informationen zum Thema Bienenschutz und die Gefahr durch die "Neonicotinoide", die Pestizide mit dem schwierig zu merkendem Namen. Das österreichische Landwirtschafts- und Umweltministerium und dessen Minister waren ganz offensichtlich falsch beraten, als im Auftrag von Nikolaus Berlakovich in Brüssel die Stimme Österreichs gegen ein Verbot der Neonicotinoide abgegeben wurde. Das die Diskussion in Österreich in Folge derart giftige Ausmaße erreichen würde, hatte wohl niemand tatsächlich erwartet. Es wurde offensichtlich von Seiten der ÖVP bzw. des Umweltministeriums übersehen, dass wir schon in Wahlkampfzeiten gelandet sind.

Blitzschnell wurde nun für heute, Dienstag von Minister Berlakovich ein "Bienengipfel" einberufen, leider ohne Einladung von Umweltschutzorganisationen. Dagegen protestierte Greenpeace heute vor dem Landwirtschaftsministerium und forderte ein nationales Verbot von bienengefährlichen Pestiziden.

"Statt einem Alibi-Gipfel muss jetzt endlich gehandelt werden. Minister Berlakovich hat in Brüssel zweimal gegen den Vorschlag der EU-Kommission gestimmt und so ein Verbot auf europäischer Ebene blockiert. Wir fordern, dass die Parlamentsparteien diesen Fehler beheben und ein dauerhaftes und vollständiges Verbot der gefährlichen Pestizide beschließen. Das Bienensterben muss sofort gestoppt werden", so Greenpeace Landwirtschaftssprecherin Dagmar Urban.

Der von Landwirtschaftsminister Berlakovich kurzfristig ausgerufene "Bienengipfel" wirft bei GLOBAL 2000 die Frage nach dem Ziel des Treffens von "Wissenschaftern, Bauern und Imkern" mit dem Minister auf. Denn an der Tatsache, dass Berlakovich mit seinem Versuch, das von der EU vorgeschlagene Teilverbot zu verhindern, gescheitert ist, kann und wird auch der in großer Eile einberufene "Bienengipfel" nichts mehr ändern. Die Beschlüsse der EU-Kommission werden in den nächsten Wochen trotz der Gegenstimmen Österreichs und sieben weiterer EU-Länder offiziell verlautbart und müssen ab 2014 von allen 27 Mitgliedstaaten verpflichtend umgesetzt werden.

ÖVP-Obmann Spindelegger gab heute bekannt, die ÖVP könnte nun doch dem EU-Verbot zustimmen. "Genau so gut kann die ÖVP auch dem Sonnenaufgang von vorgestern nachträglich ihre Zustimmung erteilen", illustriert GLOBAL 2000 Umweltchemiker Helmut Burtscher, welch groteske Züge die Diskussion um den Schutz der Bienen anzunehmen droht. "Tatsächlich sind die von der EU verhängten Teilverbote nicht ausreichend, um den Schutz der Bienen sicher zu stellen! Deshalb hat Deutschland auch darauf bestanden, dass das Recht eines jeden Mitgliedsstaates, weitgreifendere Maßnahmen zum Schutz der Bienen zu beschließen, im Gesetzesentwurf explizit festgehalten wird."

Die Erwartungen von seiten der NGOs und von Imkern an den Bienengipfel sind klar: Ein Verbot, dessen Verhinderung bereits gescheitert ist, zu "akzeptieren", wäre zu wenig. Der Umweltminister muss sicherstellen, dass - unabhängig von den kommenden EU- Verboten - in jedem Fall bei Kürbis und Wintergetreide keine Neonicotinoide mehr zum Einsatz kommen. "Diese beiden Maßnahmen sind ein Muss für den Bienenschutz in Österreich", erläutert Burtscher, "denn von dem im Burgenland und der Steiermark traditionell angebaute Kürbis holen sich Bienen Nektar und Pollen und beim Wintergetreide geht es um hunderttausende Hektar Ackerflächen, auf denen Neonicotinoide in unser Ökosystem gelangen können." Deutschland hatte aus diesem Grund schon 2009 das Beizen von Wintergetreide mit Neonicotinoiden verboten. Damit diese Verbote für die kommende Anbausaison wirksam werden, muss der Minister allerdings rasch handeln!"

"Da Berlakovich das Bienensterben zuerst leider ignoriert, dann verharmlost und zuletzt durch nachweislich falsche Zahlen unrichtig dargestellt hat - wie GLOBAL 2000 erst kürzlich aufgedeckte - scheinen Zweifel angebracht, ob der überhastet einberufene Bienengipfel den Minister von heute auf morgen vom "Bienen-Saulus" zum "Bienen-Paulus" machen kann. Sollte der Umweltminister weiter untätig bleiben, liegt es an den Parlamentsparteien, diese dringend notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bienen zu beschließen: Am 15.Mai kommen im Landwirtschaftsausschuss Anträge über Neonicotinoid-Verbote der Grünen, der FPÖ und des BZÖ zur Abstimmung, darunter auch ein Antrag von Wolfgang Pirklhuber, der ein generelles Verbot von neonicotinoiden Saatgutbeizen in Österreich vorsieht. Mit den Stimmen der SPÖ ließe sich der Schutz der Bienen auch dann durchsetzen, wenn sich der Landwirtschaftsminister weiter querstellen solllte." meint GLOBAL 2000 in einer Aussendung.


Als Ergebnis des Bienengipfels befürchtet Urban "eine reine Showveranstaltung, die uns keinen Schritt weiter bringt." Die Europäische Kommission werde vermutlich noch im Mai ein auf zwei Jahre begrenztes Teilverbot der gefährlichsten Neonicotinoide vorlegen. "Diese zeitlich begrenzte Notmaßnahme von Brüssel muss Österreich sowieso umsetzen. Ein Teilverbot ist allerdings zu wenig, um die Bienen zu retten. Wir müssen endlich unsere Verantwortung wahrnehmen und einen Wandel hin zu nachhaltigen, ökologischen Landwirtschaftspraktiken einleiten", ist Urban überzeugt.


"Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam in ihrer Bewertung der Risiken von Neonicotinoiden zu dem Schluss, "Nur die Verwendung bei Nutzpflanzen, die für Honigbienen uninteressant sind, wurde als akzeptabel erachtet." Eine Studie des österreichischen Umweltbundesamtes gelangt zu der Schlussfolgerung, dass im Sinne des Vorsorgeprinzips der Einsatz von Neonicotinoiden ausgesetzt werden sollte." ist in einer Aussendung des Grünen Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber nachzulesen.


Viziekanzler Spindelegger betonte heute: "Klar ist: Wenn nur der Verdacht da ist, dass Pestizide oder andere Pflanzenschutzmittel für das Bienensterben verantwortlich sind, dann müssen wir eine Kehrtwendung vollziehen. Dann müssen die betroffenen Pestizide in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission verboten werden."

Im Wirtschaftsjahr 2009/2010 wurden allein in Österreich 1.166.606 Kilo mit Pestiziden gebeiztes Maissaatgut zugelassen. Das geht aus der Antwort von Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich auf eine parlamentarische Anfrage von BZÖ-Landwirtschaftssprecher Gerhard Huber hervor. Genau wurden 988.687 Kilo Clothianidin, 115.073 Kilo Imidacloprid, und 62.846 Kilo Thiamethoxam vom Bundesamt für Ernährungssicherheit zugelassen. Der Minister erklärte damals auch, nicht zu wissen, wieviele Tonnen Pestizide im Endeffekt auf Österreichs Feldern landen, weil er keine Übersicht habe.

Zahlen, die unserer Redaktion zugesandt wurden, sprechen von etwa 16.000 bis 17.000 kg Einsatz von für Bienen gefährlichen Pestiziden pro Jahr in Österreich.

Umdenken ist angesagt, soviel ist klar ersichtlich.

UND nun das soeben präsentierte ERGEBNIS des heutigen Bienengipfels, das eine absolute Kehrwende aus dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium bringt. Der Einsatz von Neonicotinoiden soll in Österreich nun verboten werden!
Minister Berlakovich fasste das erzielte Ergebnis wie folgt zusammen:
Das Bienenprogramm soll weiterentwickelt werden, ein Bienengesundheitsprogramm soll erstellt werden, Forschung soll intensiviert werden (Bienengesundheit, Bienenzucht, Umwelteinflüsse und Bienenbestand in Ö.), Saatgutproduktion, samt Forschungsauftrag: Auswertung aller vorhandenen Studien um sämtliche Risiken zu erheben und auszuschließen), ein Beratungsschwerpunkt für die Landwirtschaft soll eingerichtet werden, geplant ist ein ökologischer Schwerpunkt in der ländlichen Entwicklung, ausgebaut werden soll die Bewusstseinsbildung (Schulungsprogramm in Volksschulen)

Dies scheint zumindest vorerst ein klarer Sieg für die Bienen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /