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Offener Brief an Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer zum Thema Anti-Atomkonsens

Greenpeace wendet sich an den OÖ. Landeshauptmann

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,

auf Grundlage des Grünbuchs der Europäischen Kommission zur Energiezukunft Europas wird derzeit die Ausgestaltung der Energieversorgung der EU nach 2020 diskutiert. Im Zuge dieses Prozesses spielt die Einbeziehung von Atomenergie in den Energiemix eine wesentliche Rolle. Wir begrüßen die aktive Unterstützung der ÖVP für einen Allparteienantrag im EU-Hauptausschuss des Nationalrats gegen den Vorstoß einiger Länder, Atomkraft als Klimaschutzmaßnahme zu deklarieren. Damit - und mit der Übereinkunft des Atomgipfels vom Vorjahr zum Stopp von Atomstromimporten - hat sich Österreich als europäischer Vorreiter gegen Atomkraft positioniert.

Umso unerfreulicher ist es nun, dass sich das aus Oberösterreich kommende Mitglied des Europäischen Parlaments, Dr. Paul Rübig, in der Abstimmung vom 21. Mai 2013 für eine "technologieneutrale" Klimapolitik ausgesprochen hat. Dr. Rübig stimmte nicht nur gegen ein
konkretes Erneuerbaren-Ziel bis 2030, sondern auch gegen die grundsätzliche Aufnahme eines solchen. Dieses Ziel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Renaissance oder Abkehr von Atomkraft in Europa: Mitgliedsstaaten wie Großbritannien, Frankreich
oder Tschechien fordern den Einstieg in eine "technologieneutrale" Emissionsminderungspolitik und setzen sich daher für die Festlegung eines einzigen Klimaschutzziels - nämlich der Reduktion von Treibhausgasen - für die Zeit nach 2020 ein. Jenen Ländern zufolge soll es kein gesondertes Ausbau-Ziel für Erneuerbare mehr geben,
diese Energieträger müssten sich folglich im "chancengleichen" Wettbewerb der CO2-armen Technologien gegen Atomenergie behaupten.

Österreich ist ein Vorreiter im Kampf gegen Atomkraft und hat daher auch die Verantwortung, sich auf EU-Ebene für die Verfolgung von drei Klima- und Energiezielen einzusetzen und Atomkraft dezidiert abzulehnen. Die zuständigen ÖVP-Minister Dr. Reinhold Mitterlehner und DipI. Ing. Nikolaus Berlakovich haben sich zuletzt beim EU-Ministertreffen in Dublin gegen Atomenergie und für die Aufnahme von Reduktions-, Erneuerbaren- und Effizienzzielen ausgesprochen.

Diese klare Positionierung wurde auch durch das Abstimmungsverhalten des ÖVP-Delegationsleiters im Europäischen Parlament, Dr. Othmar Karas und seiner Stellvertreterin MdEP Elisabeth Köstinger bestätigt. Im Gegensatz zu Dr. Rübig, der als Energiesprecher eine Schlüsselposition im Europaparlament einnimmt, stimmten Dr. Karas und Frau Köstinger für ein verpflichtendes Ziel für erneuerbare Energien.

Wir ersuchen Sie eindringlich, den Anti-Atom-Konsens innerhalb der ÖVP wieder herzustellen und dementsprechend auf Dr. Rübig vor den kommenden entscheidenden Abstimmungen im Europäischen Parlament Einfluss zu nehmen. Schließlich wurde Dr. Rübig auch von den oberösterreichischen Bürgerinnen und Bürgern und nicht der (Atom-)Industrie nach Brüssel entsendet. Gerade jetzt ist es wichtig, dass Österreich mit einer Stimme spricht, Allianzen gegen Atomkraft bildet und die eigene Glaubwürdigkeit in dieser Angelegenheit nicht gefährdet.

Mit freundlichen Grüßen,

Mag. Alexander Egit
Geschäftsführer Greenpeace


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