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2012: Erdöl, Erdgas, Kohle: Fast alles wie bisher, oder auch: „no lessons learned“!

Die vom Energiekonzern BP publizierten Energiezahlen für das Jahr 2012 sind eine Wiederholung des bereits Gehabten: Produktion und Verbrauch von fossilen Energieträgern erreichen neue Höchstwerte.

Was die Zahlen nicht aufzeigen: Die Produktionsbedingungen bei der Förderung von fossilen Energieträgern werden zunehmend umweltbelastender.

Kritische Kenner der Erdölszene gehen davon aus, dass etwa im Jahre 2006 der sogenannte Peak Oil, also der historisch höchste Wert bei der konventionellen Erdölförderung, erreicht worden ist; die seitdem erfolgte Zunahme von allerdings bloss 3.9% geht auf die Erschliessung von unkonventionellem Erdöl, das vermehrt mit dem Verfahren des sogenannten Fracking, insbesondere in den USA, gewonnen wird, sowie auf die Ausbeutung der kanadischen Ölsande zurück.

Seit mehr als 20 Jahren nimmt die Förderung von Kohle sehr stark zu, getrieben vor allem durch den forcierten Abbau von China, das für rund die Hälfte der weltweiten Förderung und des weltweiten Verbrauchs verantwortlich ist.

Es konnte erwartet werden, dass im Verlauf des Jahres 2012 die Kohle das Erdöl als weltweit führenden Energieträger überholen wird. Es ist durchaus möglich, dass dies in der Realität tatsächlich so erfolgt ist, statistisch hat sich dies noch nicht niedergeschlagen. In den von BP vorgelegten Produktionszahlen werden aus unerfindlichen Gründen die chinesischen Produktionszahlen der letzten 30 Jahre bei der Kohle nach unten verändert. Der Trend wird dadurch aber nicht gebrochen!


Die neuen Produktionsmaxima für Erdöl und Erdgas und die weitere Zunahme der Kohleproduktion könnten zum vorschnellen Schluss führen, dass die Verfügbarkeit der fossilen Energieträger weiterhin ungefährdet gesichert ist. Dies ist keineswegs der Fall, denn

- der Peak Oil ist nicht zu vermeiden, seine Herauszögerung durch Fracking und durch forcierte, auch politisch bedingte Förderung einzelner Produzentenstaaten wird nicht von Dauer sein;
- auch der Peak Gas droht mittelfristig, denn es ist sehr fraglich, ob die Produktionszunahme der USA, bedingt durch den Fracking-Boom, lange anhalten wird, denn die neuen Bohrlöcher erschöpfen sich sehr schnell;
- die ausgewiesenen Reserven beim Erdöl sind faktisch unverändert und beim Erdgas tiefer als im Vorjahr;
- trotz grösseren Reserven wird auch eine weiter steigende Kohleförderung nicht in der Lage sein, allfällige Förderrückgänge bei den anderen fossilen Energieträgern zu kompensieren und zusätzlich eine weiterhin steigende Nachfrage zu befriedigen.

Ausserdem sind die drei folgenden Faktoren von Bedeutung, die mittelfristig zu einer kleineren Rolle der fossilen Energieträger führen werden:

- Mit dem Fracking wird in eine neue Technologie investiert, die sich kaum als nachhaltig erweisen wird. Irgendwann wird die ökonomische Rationalität realisieren, dass es vernünftiger ist, in neue, zukunftsfähige Technologien, die auf erneuerbaren Energien beruhen, zu investieren und dort entsprechendes Knowhow aufzubauen.
- Die konventionelle Erdölförderung kann in ihrer Gesamtheit kaum mehr gesteigert werden, so dass auch auf andere Arten von nichtkonventionellem Erdöl (Ölschiefer, Ölsande, Tiefseeöl, polares Erdöl) sowie auf Biotreibstoffe ausgewichen wird, was mit grossen Umweltzerstörungen, hohen Umweltbelastungen und Umweltgefährdungen sowie einem immensen Wasserverbrauch (z.B. Abbau der kanadischen Ölsande) verbunden ist.
- Das Verbrennen von fossilen Energieträgern führt nach wie vor zu einer unverminderten Zunahme des CO2-Eintrags in die Atmosphäre. Am 9. Mai des laufenden Jahres wurde erstmals der Wert von 400 ppm erreicht (in den letzten 800 000 Jahren, für die Messungen möglich sind, lag der Wert nie so hoch). Die Zunahme im Jahre 2012 war die zweitgrösste seit 1958! Die entsprechenden
Konsequenzen, zu denen die Klimaerwärmung mit ihren noch nicht vollständig absehbaren Auswirkungen gehört, werden früher oder später zu Gegenmassnahmen führen müssen.

Auch hier wird die ökonomische Rationalität, letztlich über den Preis, zu einer Korrektur führen. Es ist nicht verständlich, weshalb in Kenntnis der sich abzeichnenden Konsequenzen und im Wissen um die in mehrfacher Hinsicht hohe Schädlichkeit der fossilen Brennstoffe nicht rechtzeitig auf Alternativen umgeschwenkt wird, die eigentlich bereits bekannt sind.

Der Weltverbrauch an Primärenergie hat im Jahre 2012 um 1,8% (Vorjahr 2,5 %) zugenommen. China hat die USA bereits vor drei Jahren überholt und ist heute mit einem Anteil von 22,1% die Nation mit dem grössten Energieverbrauch (USA 17,7%, Russland 5.6%).

Die Entwicklung der prozentualen Anteile der einzelnen Energieträger an der Welt-Gesamtproduktion hat sich im Jahre 2012 konsolidiert. Der Anteil der fossilen Energieträger (Produktionszahlen) nimmt gerade auch wegen der Renaissance der Kohle seit rund 25 Jahren langsam wieder zu und betrug 2012 88.9%.

Beim Erdöl wurde das bisherige Produktionsmaximum des Vorjahres nachfragebedingt um 2,2% übertroffen. Dies ist insbesondere auf die Produktionssteigerung durch die USA, das Wiederansteigen der Förderung Libyens und des Iraks nach Ende der Kriegswirren und die nochmalige Förderzunahme von Saudi-Arabien zurückzuführen. Dieses Land ist der eigentliche Puffer bei der Versorgung des Weltmarktes mit Erdöl, indem es in der Vergangenheit die Produktion jeweils bedingt anpasste, mit dem zusätzlichen Effekt einer relativen Eindämmung der Preisschwankungen.

Zu beachten ist im Übrigen weiterhin die seit Jahren andauernde, an sich wenig spektakuläre, aber kontinuierliche Produktionszunahme von Kanada.

Der Erdölverbrauch nahm im Jahre 2012 um 0,9% zu. An dieser Zunahme partizipierten China, Indien und Japan zusammen mit 94%. Nach wie vor sind die USA mit Abstand das Land mit dem grössten Erdölverbrauch.

Beim Erdgas ist das Wachstum der Förderung von 1,9% vor allem auf Produktionssteigerungen der USA sowie von Katar, Norwegen und Iran zurückzuführen. USA, Russland und China wiesen auch bei dem um 2,2% gestiegenen Verbrauch die grössten Anteile auf. Von besonderer Bedeutung ist die Entwicklung in den USA. Hier nimmt die Förderung seit einigen Jahren wieder markant zu (um rund einen Viertel seit 2005) und erreichte im Jahre 2012 einen neuen Rekordwert. Verantwortlich dafür ist die zunehmende Förderung von nichtkonventionellem Erdgas (sogenanntes Schiefergas), die einen eigentlichen Boom erlebt. Mit diesem wird auch die Hoffnung verbunden, die Erdölabhängigkeit der USA zu reduzieren. Mit 425 Millionen Tonnen ist die USA jedoch weiterhin mit Abstand der weltweit grösste Erdölimporteur.


Der unter dem Aspekt des zu reduzierenden CO2-Ausstosses völlig unsinnige Rückmarsch in ein neues Kohlezeitalter wird vor allem von China angeführt, welches die Produktion nochmals gesteigert hat (+ 3,5%), und je nach beigezogener Datengrundlage für 47,5% bzw. 50,1% der Weltkohleförderung verantwortlich ist. Auch beim Verbrauch an Kohle liegt China mit 50,4% des Weltverbrauchs einsam an der Spitze. Neben China sind es vor allem Australien, Indonesien, Indien und Russland, die ihre Produktion ebenfalls mengenmässig gesteigert haben. In verschiedenen europäischen Staaten (Portugal, Spanien, Grossbritannien, Frankreich, Irland, Niederlande, Ukraine, Deutschland; Reihenfolge nach Prozentwert der Zunahme) wurde zur Deckung des Energiebedarfs wieder vermehrt auf Kohle zurückgegriffen. Als Konsequenz des momentanen Fracking-Booms beim Erdöl und Erdgas hat die Kohleförderung der USA um 7.5% abgenommen.

Autoren:

Josef Jenni
International anerkannter Solarpionier und Energiefachmann; El. Ing. HTL;
Gründer und Geschäftsführer Jenni Energietechnik AG, Oberburg BE
Christian Moser
Lic.phil.nat. (dipl. Geograph) / Politologe


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /