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Wirtschaftsforschungsinstitut: Pendlerpauschale nur noch für Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln

Anlässlich des großen Budget-Defizits wären umweltpolitische Maßnahmen sinnvoller, als das Geld den Ärmsten der Gesellschaft wegzunehmen. Ein oekonews-Interview mit Kurt Kratena, in Vertretung von Karl Aiginger

oekonews: Empfehlen Sie eine Angleichung der Mineralölsteuer bei Diesel? Was halten Sie von einer Erhöhung der Mineralölsteuer um 20%?

Der PKW-Gebrauch soll stärker besteuert werden, allerdings gibt es bei der MÖSt Grenzen. Das Ganze sollte in eine Reform der Gesamtbesteuerung des PKW eingebettet sein. Ausgangspunkt ist: In Österreich gibt es zu wenig variable, d.h. fahrleistungsabhängige PKW-Steuern und zuviel Bestandsteuern. Die Eckpunkte einer Reform sollten sein:
* NOVA: die Spreizung verstärken, aber die Belastung verringern, d.h. das gesamte Schema nach unten verschieben, sodass bei unter 100g CO2/km schon negative Steuern bezahlt werden (Förderung)

* KFZ-Steuer: abschaffen

* Fahrleistungsabhängige Steuer: je nach Antriebsart ca. 0,5 (Elektro), 1,5 (Hybrid, Gas) oder 3 (Benzin, Diesel) Cent/km. Überprüfung des km-Standes erfolgt jährlich bei der §57a Überprüfung ("Pickerl")

* Autobahn-Vignette: Umwandlung in fahrleistungsabhängige Maut + Erhöhung

oekonews: Was meinen Sie zum Vorschlag, das Geld, das derzeit für den Ausbau hochrangiger (Kfz-)Verkehrsnetze verwendet wird, auf den Bahnausbau umzuschichten?

Besser wäre: Ausbau öffentlicher Verkehr im Nahbereich plus: massive Ausweitung von Parkmöglichkeiten an den wichtigen Endstationen von U-Bahn und Regionalzügen.

oekonews: Was halten Sie von der Mehrwertsteuersenkung für Erneuerbare Energien auf 10%? Laut dem dritten Nationalratspräsidenten Hofer ist das mit der EU-MWST-Richtlinie machbar?

Gute Sache, wäre zu integrieren in eine endgültige Reform des Ökostromgesetzes. Alternativ: "negativer" CO2 - Preis pro t vermiedenes CO2, kann dann in den (auktionierten) Emissionshandel bzw. eine CO2-Steuer integriert werden.

oekonews: Empfehlen Sie einen Ausstieg aus EURATOM?

Nein, ist eine EU-Verpflichtung, für manche Länder ist Atomenergie mittelfristig unverzichtbar. Ausstieg wäre nur fair (und kein "free rider" Verhalten), wenn mehr als das Doppelte an Geld an Länder mit problematischen AKW zur Ausstiegshilfe überwiesen würde, aber dass erhöht das Budgetdefizit.

oekonews: Sind Sie der Meinung, dass künftig nur noch die Pendlerpauschale für Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bezahlt werden sollte? Das müsste einen dreistelligen Millionenbetrag in den nächsten Jahren bringen

Ja, unbedingt, Endziel sollte das öffentliche Jahresticket sein, das für jeden steuerlich gefördert wird und das man möglichst flexibel mit anderen Verkehrsarten (z.B.: Taxigutscheine) kombinieren können sollte.

oekonews meint

Auch wenn zB. bei der Pendlerpauschale oder bei einer kilometerabhängigen Maut interessante umweltpolitisch positive Lenkungsmaßnahmen angeschnitten wurden: Ganz einer Meinung sind wir da nicht mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut. Dass die Atomkraft beispielsweise verzichtbarer ist, als von manchen befürchtet, wurde klar in Deutschland gezeigt: Defakto über Nacht wurden acht Atomkraftwerke in Deutschland im Jahr 2011 vom Netz genommen - und niemand hat's bemerkt. Die Strompreise sind, dank der Erneuerbaren Energien, sogar ins Bodenlose gefallen. Außerdem hat niemand ein Recht, die Anrainerstaaten im Störfall zu verstrahlen. Das ist nicht fair. Eine umfassende Haftpflichtversicherung ist zudem sowieso in weiter Ferne. Ein sofortiger Ausstieg aus der Atomkraft wäre machbar und fair für alle Länder, die schon jetzt auf diese unsichere Technologie verzichten.

Auch dass sich das Wifo offenbar für eine Ökostromgesetzes-Novellierung ausspricht, verheisst nichts Gutes. Das derzeitige Ökostromgesetz ist das effektivste Gesetz zur Förderung der Ökoenergien - was u.a. zur Folge hat, dass die Strompreise sinken und die fossilen und atomaren Energien immer unwirtschaftlicher werden. Wer dieses Gesetz umfangreich novellieren möchte, möchte die umweltfreundlichen Energien offenbar stoppen. Wichtiger wäre hier: Die tatsächlichen Förderungen der Energieformen ehrlich darzustellen und die Subventionen für die fossilen und atomaren Energieformen sofort zu beenden, anstatt sie unter den Tisch zu kehren: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/foerderung-der-energiebranche-oettinger-schoent-subventionsbericht-1.1793957


Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /