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Energieeffizienzpaket: Millionen für fossile Energie?

Umweltschutzorganisationen sehen Notwendigkeit einer grundlegenden Überarbeitung des heute vorgestellten Pakets

Wien – Heute wurde das Energieeffizienzpaket von Wirtschaftsminister Mitterlehner ein zweites Mal in Begutachtung gesendet. Im Paket enthalten sind das Energieeffizienzgesetz selbst sowie das sogenannte KWK-Punkte-Gesetz.

Der Gesetzesentwurf des Wirtschaftsministers sieht vor, dass der Endenergieverbrauch in Österreich bis zum Jahr 2020 bei einem Wert von 1.100 Petajoule stabilisiert werden soll, wobei es sich dabei um ein indikatives Ziel handelt, wie es die EU-Richtlinie vorsieht. Gemäß den letzten verfügbaren Zahlen (2012) liegt Österreich derzeit leicht unter diesem Wert, weil der Energieverbrauch in den vergangenen Jahren erfolgreich vom Wachstum entkoppelt werden konnte. Dennoch sind in Zukunft weitere Maßnahmen notwendig, weshalb im Gesetz eine Reduktion um kumulierte 218 Petajoule bis 2020 vorgesehen ist.

Kunden beim Energiesparen unterstützen

Die Richtlinie sieht vor, dass die Energieeffizienz bei Endkonsumenten pro Jahr um 1,5 Prozent gesteigert werden soll. Nach Vorstellung des Wirtschaftsministers sollen sowohl nach 2008 gesetzte Maßnahmen ("early actions") Österreichs angerechnet werden, genau wie laufende Maßnahmen und Effizienzförderungen wie zum Beispiel die thermische Sanierung. Die Behandlung der strategischen Maßnahmen basiert auf einer Konkretisierung der Richtlinie durch die EU-Kommission im Herbst des Vorjahres und war im ersten Gesetzesvorschlag nicht enthalten.

Einen wesentlichen Beitrag müssen - wie in der EU-Richtlinie vorgesehen - die Energielieferanten leisten, indem sie 0,6 Prozent des gemittelten Energieabsatzes an ihre Endkunden über die Jahre 2010 bis 2012 bei sich selbst oder ihren Kunden als jährliche Effizienzmaßnahme darstellen können. 40 Prozent davon müssen bei Haushalten erbracht werden.

Durch die Einbeziehung der Energielieferanten sind alle Energieträger umfasst, also über Mineralölhändler und Tankstellen auch der Verkehr. Bereits in der Praxis erprobte Beispiele für mögliche Maßnahmen sind Gerätetauschaktionen, Stromsparpakete, LED Lampen-Aktionen, Einsatz von Standby-Killern, ein Technologie-Check für große Energieverbraucher oder Energieeffizienzgutscheine. Hingegen könnten über eine Verpflichtung der Netzbetreiber nur leitungsgebundene Energieträger (Strom und Gas) berücksichtigt werden, also würden zum Beispiel Heizöl und Kohle herausfallen. Zudem würde es keinen ausreichenden Anreiz geben, die kostenoptimalsten Effizienzmaßnahmen zu setzen: denn die Netzbetreiber unterliegen als natürliche Monopolisten keinem Wettbewerbsdruck, da ihre Kunden nicht wechseln können.

Sollten die Vorgaben nicht erfüllt werden können, haben die Energieversorgungsunternehmen die Option, einen externen Energieeffizienz-Dienstleister mit dieser Aufgabe zu betrauen. Damit kann die Verpflichtung möglichst kosteneffizient erfüllt werden und wird ein neuer Dienstleistungsmarkt mit zusätzlichen Arbeitsplätzen ermöglicht. Durch diesen neuen Ansatz entfällt auch die ursprünglich vorgesehene Ausgleichszahlung. Eine weitere Erleichterung ist, dass kleine Energielieferanten bis zu einer Endkundenabgabe von 70 Gigawattstunden pro Jahr die Möglichkeit haben, ihre 0,6-Prozent-Verpflichtung im Rahmen einer Branchenvereinbarung (koordinierte Aufteilung) zu erfüllen. Erst wenn sie das gemeinsame Ziel verfehlen, würde die individuelle Vorgabe in Kraft treten. Sehr kleine Lieferanten unter einer Endkundenabgabe von zehn Gigawattstunden sind vom Verpflichtungssystem komplett befreit.

Als weitere Maßnahme müssen, um der EU-Richtlinie zu entsprechen, große Unternehmen (ab 250 Beschäftigten) künftig entweder ein Energiemanagementsystem einführen oder alle vier Jahre ein Energieaudit machen. Diese Maßnahmen zeigen betriebliche Effizienzpotenziale auf, die im Anschluss - wenn technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar - umgesetzt werden können. Keine Verpflichtung gibt es für kleine und mittlere Unternehmen, wobei freiwillig durchgeführte Energieberatungen und deren Ergebnisse auf die Ziele der Richtlinie angerechnet werden können. Die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung von rund 16.000 Unternehmen über Sektorziele entfällt einerseits aufgrund des für die Erfassung notwendigen bürokratischen Aufwands und andererseits weil vor allem ETS-Unternehmen aufgrund des Zertifikatehandels und des internationalen Kostendrucks ihre Potenziale oft schon ausgereizt haben. "Das ist auch im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts", betont Mitterlehner.

Gemäß EU-Richtlinie muss der Bund in seinen Gebäuden der Zentralverwaltung jährlich ein Sanierungsziel von drei Prozent erreichen. Dafür können nicht nur thermische Sanierungen angerechnet werden, sondern auch Maßnahmen im Bereich der gebäudetechnischen Ausrüstung und des Betriebs wie zum Beispiel ein Energieeinspar-Contracting oder Energiemanagementmaßnahmen. Damit sind auch Effizienzmaßnahmen bei denkmalgeschützten Bundesgebäuden möglich. Als ausgegliederte Stelle fällt die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) nicht unter die von der EU-Richtlinie vorgegebene Definition der Zentralverwaltung, unterliegt aber den gleichen Regeln (z.B. bezüglich verpflichtender Audits) wie andere Unternehmen.

Kritik von GLOBAL 2000: Förderung für fossile Energie

Im Rahmen des KWK-Punkte-Gesetzest soll KWK-Technologie (Kraft-Wärme Koppelung wie z.B. Fernwärme) mit Millionen gefördert werden. In einer ersten Reaktion zum vorgestellten Paket zeigt sich GLOBAL 2000 kritisch: ‘Im Energieeffizienzpaket sind Millionen-Subventionen für fossile Energie enthalten, die die Haushalte und Unternehmen zahlen müssen, auch wenn sie nicht an die Fernwärme angeschlossen sind. Gleichzeitig macht man bei der so wichtigen Energieeffizienz nur Trippelschritte und wagt den großen Wurf nicht’, gibt sich Wahlmüller enttäuscht. Konkret ist im KWK-Punkte-Gesetz enthalten, dass so genannte KWK-Punkte an Haushalte und Unternehmen aufgeteilt werden, für die dann bezahlt werden muss: So sollen 15,3 Mio. Euro von den Unternehmen und 23,1 Mio. Euro von den Haushalten aufgebracht werden. Betroffen sind alle StromkonsumentInnen, es zahlen also auch jene mit, die nicht an Fernwärmeleitungen angeschlossen sind!

Kritisch sieht die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 auch die mangelnde Ambition des Energieeffizienzgesetzes selbst: So sind die Ziele im Gesetz nicht verbindlich verankert, sondern laut Aussagen des Wirtschaftsministers nur indikativ. Auch die Vorbildwirkung des Bundes ist höchst mangelhaft: Thermisch saniert werden sollen nur Gebäude der Zentralverwaltung. ‘Wirtschaftsminister Mitterlehner will offenbar nur Amtsstuben energetisch sanieren, Schulen und Krankenhäuser, wo der größte Bedarf wäre, bleiben aber außen vor. Dieses Gesetz bedarf insgesamt einer grundlegenden Überarbeitung’, so Wahlmüller in einer ersten Reaktion. Eine detaillierte Stellungnahme soll in den nächsten Wochen abgegeben werden.

Mitterlehners Entwurf verfestigt Abhängigkeit von Öl und Gas

"Die Eindämmung des Energieverbrauchs ist die wichtigste Maßnahme gegen die Energieabhängigkeit Österreichs und Europas von Gas und Öl. Daher brauchen wir ein zukunftsweisendes nationales Effizienzgesetz und vor allem ein klares Bekenntnis zu ambitionierten EU-Zielen bis zum Jahr 2030", fordert Julia Kerschbaumsteiner, Energiesprecherin von Greenpeace. Der Entwurf von Wirtschaftsminister Mitterlehner verfestige jedoch die Abhängigkeit Österreichs um viele weitere
Jahre. "Etwa die vorgesehene Förderung von Ölkesseln entspricht einer Retropolitik des letzten Jahrhunderts", warnt Kerschbaumsteiner.

Um eine europäische Energieunabhängigkeit sicherstellen, brauche es jetzt vor allem klare Zielvorgaben für das Jahr 2030, die verbindliche und ambitionierte Ziele für die Reduktion von CO2, den Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz beinhalten müssen. "Während seine ÖVP-Parteikollegen wie Minister Andrä Rupprechter und mittlerweile auch die EU-Abgeordneten Richard Seeber und Paul Rübig die Vorteile von verbindlichen Klima- und Energiezielen für den Wirtschaftsstandort erkennen, steht Mitterlehner auf der Bremse", so Kerschbaumsteiner.

Bundeskanzler Werner Faymann, der sich bereits im März für die Verfolgung von drei verbindlichen und ambitionierten Zielen ausgesprochen hat, müsse Konsens innerhalb der Regierung herstellen und damit sicherstellen, dass Österreich den richtigen Weg einschlägt, fordert die Energiesprecherin.

Die Industrie meint zum Energieeffizienzgesetz: Weitere Belastungen seien für Unternehmen kontraproduktiv.

Greenpeace kontert: Andere europäische Länder - wie etwa Dänemark - würden ambitionierte Effizienzmaßnahmen längst umsetzen und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen stärken.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /