© Schoenmayr / Polymerkongress in Wels zeigt neueste Trends
© Schoenmayr / Polymerkongress in Wels zeigt neueste Trends

Die Kunststoffindustrie im Wandel: Open Innovation, neue Rohstoffe und die polymere Recycling-Renaissance

Ein Bericht vom 3. internationalen Polymerkongress 2014 in Wels

© Schoenmayr /Interessante Vorträge beim Polymerkongress in Wels
© Schoenmayr /Interessante Vorträge beim Polymerkongress in Wels

Wels- Dieses Jahr wurden beim Polymerkongress 2014 in Wels wieder unzählige Experten primär aus der Kunststoffindustrie und von Interessensverbänden aus der Wirtschaft aber auch aus der Textil- und Maschinenbaubranche vom Kunststoff-Cluster eingeladen, um neue Errungenschaften sowie Trends vorzustellen und zu diskutieren.

Im Bildungshaus Schloss Puchberg waren sich diesbezüglich alle einig: Kunststoffe bieten unerschöpfliche Möglichkeiten und Chancen. Jedoch sind diese aktuell mit beträchtlichen ökologischen Herausforderungen verbunden. Hilfreich wäre laut KommR Ing. Leopold Katzmayer, Präsident Vereinigung Österreichischer Kunststoffverarbeiter (VÖK), dass endlich ein Deponieverbot erteilt wird, da dies eine zwingende und vor allem dringende Notwendigkeit ist. Die EU hat bereits Vorschläge vorgelegt, dass bis 2025 ein Deponieverbot erteilt werden soll, wodurch mindestens 10 000 000t für das Recycling frei werden. Und nun müssen für eine Anwendung der recycelten Kunststoffe die Richtlinien aufgelockert werden, welche aktuell (ver)hindernd wirken. ‘Man kann nicht so viele Blumentöpfe machen!’, schildert der Kunststoffexperte und Unternehmer Dr. Friedrich Kastner, wenn er über die Anwendungsbereiche von recycelten Kunststoffen spricht. ‘Man muss sinnvolle Anwendungen für recycelte Kunststoffe finden!’.

Und um sinnvolle Anwendungen zu finden, müssen endlich die Unternehmen die lohnenden Vorteile von Rezyklaten erkennen. Grundsätzlich liegt der Rezyklatpreis im Schnitt bei nur 60% im Vergleich zur Neuware, doch zahlreiche Unternehmen haben bereits den Marketingwert von Rezyklaten erkannt und zahlen sogar mehr dafür als für Neuware. Die Kunden geben nachhaltigeren Unternehmen den Vorzug und sind auch bereit mehr dafür zu zahlen. Laut einem bekannten Haushaltsreinigerproduzenten bis zu 4% mehr, und das nur für eine nachhaltigere Verpackung. Zusätzlich ist Nachhaltigkeit gut für den Aktienkurs, und große Fonds kaufen lieber nachhaltige Aktien. Erfreulicherweise wurde auch immer wieder die Benchmarkposition von Österreich in der Recyclingtechnologie hervorgehoben, wodurch sich Österreich als Recyclingpionier entwickeln könnte, wenn auch die Politik dringend notwendige, finanzielle Anreize schafft, z.B.: Steuervorteile für den Einsatz von Rezyklaten.

Doch nicht nur Kunststoffe sind eine Herausforderung beim Recycling, sondern auch Textilien, wie DI Günter Grabher erläutert. Besonders Faserverbundwerkstoffe, die zirka aus 60% Textilien und nur zu 40% aus der Kunststoffmatrix bestehen, sind äußerst schwer zu recyceln.


Abgesehen von der Recyclingthematik wurden auch neue Rohstoffe für Kunststoffe diskutiert, da die Zukunft des Plastikrohstoffes sehr von der Zukunft von Benzin abhängt, da Rohstoffe für die Kunststoffproduktion Nebenprodukte der Benzinproduktion sind. Als Alternativen zu fossilen Rohstoffen wurden zum Beispiel Zucker, Stärke, Holz, Algen, Bakterien, CO2, Abfallströme oder auch Orangenschalen genannt.

Da sich auch die Neukunststoffhersteller immer intensiver mit dem Thema der Nachhaltigkeit auseinandersetzen (müssen), wurde auch bei den klassischen Kunststoffen der ökologische Fußabdruck erörtert. Diesbezüglich berichtete Dr. Markus Schopf, Borealis Polyolefine GmbH, über die aussichtsreiche Zukunft der Polyolefine, im Speziellen Polypropylen (PP) und verweist auch auf den relativ geringen ‘Carbon Footprint’ von PP und Polyethylen (PE) sowie deren hohe Recyclingfähigkeit. Auch im Automobil wird beispielsweise PP verstärkt eingesetzt werden, was auch aus Sicht der Recycler lobenswert ist, sofern die Kunststoffe nicht in komplexen und sehr schwer recycelbaren Verbunden den Einzug ins Fahrzeug finden. Doch der Polymerkongress lieferte nicht nur Kunststoffwissen, sondern beleuchtete auch holistische Managementfragen.

‘Die Kunststoffindustrie muss auch offen sein für ‚Open Innovation‘’: Mit diesem vielversprechenden Ansatz mahnte Dr. Maximilian Rapp vor verschlossenen Türen und gleich denkenden Menschen in Unternehmen, denn echte und disruptive Innovationen entstehen zum Großteil außerhalb der Firmenmauern. Dabei lösen zum Beispiel Architekten Problemstellungen bei Proteinfaltungen in der Pharmazie. Und genau darauf müssen Unternehmen heute Wert legen: Auf die Vielfalt und Heterogenität unter den Arbeitnehmern. Verschiedene Ausbildungen, andere Denkweisen und neue Wege führen schlussendlich zu den großen Innovationen.

Weiterentwicklung und nachhaltiger Erfolg haben demzufolge eine Chance, wenn auch branchenübergreifende Partnerschaften geschaffen und Synergien zwischen Unternehmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen gebündelt werden. Und so könnte sich die Kunststoffindustrie in Österreich zum nachhaltigen Pionier entwickeln und den Weg zur Recycling-Renaissance antreten. Und das vor allen anderen.

GastautorIn: Mag. David Schönmayr für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /