© Österreichs Energie / Trendforum  ÜBER.REGULIERUNG – Wie viel Regulierung verträgt die E-Wirtschaft?
© Österreichs Energie / Trendforum ÜBER.REGULIERUNG – Wie viel Regulierung verträgt die E-Wirtschaft?

Energiemarkt und Regulierung im Brennpunkt

Im Rahmen des Oesterreichs Energie Trendforum wurde zum Thema "ÜBER.REGULIERUNG - wie viel Regulierung verträgt die E-Wirtschaft?" heiß diskutuert

"Wie viel Regulierung verträgt die E-Wirtschaft" - diese Frage stand im Zentrum des zweiten Trendforums 2015 von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft, das am Donnerstag stattfand.

Wolfgang Anzengruber, Präsident von Oesterreichs Energie, Walter Boltz, Vorstand E-Control, Peter Bußjäger, Direktor des Instituts für Föderalismus der Universität Innsbruck, Ulrich Schuh, Forschungsvorstand von Eco Austria und Matthias Strolz, Vorsitzender und Klubobmann NEOS diskutierten über den vorhandene Regulierungsbedarf und sinnvolle Grenzen der Regulierung. "Wir brauchen so viel Regulierung wie nötig und so wenig Regulierung wie möglich", steckte Anzengruber das Terrain ab.

Als "natürliches Monopol", so Anzengruber, müsse der Bereich der Stromnetze selbstverständlich reguliert werden. Doch mische sich die Regulierung zunehmend auch in den Wettbewerbsbereich, also in Erzeugung sowie Handel und Vertrieb, ein. Zwar brauche auch der Wettbewerb Normen und Regeln und zu Beginn der Liberalisierung habe die Trennung zwischen dem regulierten Netzbereich und dem weitgehend "freien" Wettbewerbsbereich gut funktioniert. Mittlerweile nehmen jedoch auch hinsichtlich Erzeugung, Handel und Vertrieb die "planwirtschaftlichen" Instrumente überhand, kritisierte Anzengruber. Statt den Energiebinnenmarkt weiterzuentwickeln, tendieren die EU-Mitgliedsstaaten immer mehr zu einer Renationalisierung ihrer Strommärkte.

Insbesondere in Österreich neigt die Regulierungsbehörde Energie-Control Austria (E-Control) aus Sicht von Oesterreichs Energie dazu, jene Spielräume auszufüllen, die andere Instanzen nicht besetzen. Die E-Control setze auch energiepolitische Maßnahmen, was definitiv nicht zu ihren Aufgaben gehöre: Anzengruber: "Der Regulator soll den Markt und dessen Funktionieren überwachen. Aber er macht auch Energiepolitik." Ein weiteres Problem sind Doppelgleisigkeiten: So obliegen beispielsweise der E-Control Angelegenheiten der Wettbewerbskontrolle, während es gleichzeitig eine Bundeswettbewerbsbehörde gibt. Dies führt zu Unklarheiten und zu Rechtsunsicherheit für die E-Wirtschaft.

E-Wirtschaft ist für Entbürokratisierung

Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, sieht die Überregulierung als problematisch für die Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörde und Branche. Die im Vergleich zu anderen Behörden starke mediale Präsenz schadet dem Vertrauen in den funktionierenden Markt." Schmidt verwies auf das Arbeitsprogramm der Bundesregierung, dem zufolge diese eine Entbürokratisierung, die "stärkere Konzentration der E-Control auf die Regulierungstätigkeit" sowie die Zusammenführung aller österreichischen Regulierungsbehörden von der E-Control über den Telekom-Regulator RTR bis zur Schienen-Control GmbH für den Eisenbahnbereich anstrebt. Speziell auf die Entbürokratisierung und die Konzentration der E-Control auf die Kernkompetenzen werde die E-Wirtschaft künftig verstärkt drängen, kündigte Schmidt an.

E-Control verweist auf europäische Dimension

E-Control-Vorstand Walter Boltz räumte ein, dass die Energiemärkte im Prinzip überreguliert sind. Allerdings sei dies nicht den Regulatoren anzulasten, sondern hier gelte eine europäische Dimension. Die EU-Mitgliedsstaaten hätten beschlossen, einen Energiebinnenmarkt zu schaffen. Die "einfachsten Mittel", um dies zu erreichen, nämlich die Einführung grenzüberschreitenden Wettbewerbs sowie die Aufteilung marktbeherrschender Unternehmen, hätten sie jedoch nicht angewandt. Boltz: "Deshalb gibt es nun eine große Zahl von Regeln und faktisch eine Überregulierung. Weil aber der Markt nach wie vor nicht wie gewünscht funktioniert, wird es vermutlich notwendig sein, noch mehr zu regulieren." Die E-Control setze keine Aktionen, die nicht gesetzlich gedeckt seien. Allerdings nehme sie ihre Kompetenzen "intensiv wahr."

Hohe Regulierungsdichte, eine Folge fehlenden Vertrauens

Peter Bußjäger, Direktor des Instituts für Föderalismus der Universität Innsbruck, verwies darauf, dass mit Regulierung häufig auch die Durchsetzung von Partikularinteressen verbunden ist. Übermäßige Kontrollen sieht er als "vermutlich nutzlos". Die Folge seien dann zusätzliche Bürokratie und Querulantentum. Bußjäger fügte hinzu, eine verstärkte Regulierungsdichte mache den Bestand an Regeln immer undurchschaubarer. Dies führe letztlich zu Unsicherheit und zu Steuerungsunfähigkeit, also zu genau jenen Problemen, die die Regulierung ja eigentlich lösen solle. Ulrich Schuh, Forschungsvorstand von Eco Austria - Institut für Wirtschaftsforschung, sieht Regulierung grundsätzlich als "nicht der Feind des Wettbewerbs, sondern als Voraussetzung für dessen Funktionieren." Allerdings müsse in tauglicher Weise reguliert werden, was gerade auch in Österreich schwerlich der Fall sei: "Die Politik sagt nicht, welche Ziele sie anstrebt, und sie beauftragt ihre Beamten nicht, die effizientesten Mittel zum Erreichen der Ziele zu wählen. Das ist der Grund für die Überregulierung." Zudem fehle es in Österreich an Vertrauen in den Markt und in den Wettbewerb.

Ausgewogenheit zwischen Kontrolle und Liberalität notwendig

Der Vorsitzende der NEOS, Matthias Strolz sieht Regeln für den Stromsektor als nötig an, es sei aber stets das Ausmaß zu evaluieren. Strolz kritisierte, dass Gesetze in Österreich zumeist immer noch von den Sozialpartnern oder von "Ministerialbürokraten" verfasst würden. Angesichts der neuen Rahmenbedingungen habe dies speziell im Energiebereich keinen Sinn mehr. Als Beispiel nannte Strolz das Energieeffizienzgesetz: "Die Lieferantenverpflichtung, die Energielieferanten zwingt, ihren Kunden weniger Energie zu liefern, verträgt sich nicht mit der Marktmetapher." Das Gesetz gehöre abgeschafft. An seine Stelle könne eine CO2-Steuer treten, so Strolz.

Videomitschnitte der Diskussion ab Montag auf www.oesterreichsenergie.at


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /