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Die Ausfuhr von australischem Uran nach Indien stößt auf Widerstand

Die Pläne, Uran aus Australien nach Indien zu exportieren, sind auf ihren bisher wohl massivsten Widerstand gestoßen, so der Report 151 des einflussreichen „Joint Standing Committees on Treaties“ (JSCOT) des australischen Bundesparlaments.

Nach gründlichen Beratungen und der Einbeziehung von Expertenkommentaren hat das Komitee eine Reihe von Empfehlungen für Bedingungen aufgelistet, an die sich Indien halten sollte, bevor es aus Australien Uran beziehen könne. Die bisherige Geschichte von Indiens Atomprogrammen und diverse Positionen im Zusammenhang mit den diplomatischen Beziehungen des Landes lassen jedoch vermuten, dass Indien diesen Bedingungen nicht zustimmen wird.

Vor allem die ersten drei von JSCOT formulierten Empfehlungen sind von besonderer Bedeutung. Die erste und die zweite Bedingung legen Indien nahe, dem internationalen Vertrag über ein umfassendes Verbot von Atomtests (CTBT) beizutreten, ebenso Verhandlungen über den Umgang mit spaltbarem Material und über die Beschränkung der Verbreitung von Nuklearwaffen im Rahmen des Indischen Sub-Kontinents aufzunehmen. Die dritte Empfehlung bezieht sich auf die Sicherheit und Wirksamkeit der Sicherheitsmaßnahmen und Grenzwerte bei nuklearen Einrichtungen mit dem Argument, dass eine Reihe wichtiger Kontrollmechanismen realisiert und deren Verlässlichkeit nachgewiesen werden müssten, bevor Uran verkauft werden könne. Wenn all diese Empfehlungen ernst genommen würden, wird es der australischen Regierung wohl unmöglich gemacht werden, ihr Uran nach Indien zu verkaufen.

Seit fast zwei Jahrzehnten weigern sich die wechselnden indischen Regierungen standhaft, den Vertrag zur Beendung von Atomtests (CTBT) zu unterzeichnen. Stattdessen haben sie ein einseitiges Moratorium auf die Durchführung dieser Tests angeboten. Definitionsgemäß kann ein solches Moratorium aber auch wieder einseitig rückgängig gemacht werden. Wie im Report 151 festgehalten, wird die indische Regierung wohl an dieser Position festhalten. Es gibt auch seit langem einen Druck von verschiedenen Seiten, einen oder mehrere Atomwaffentests durchzuführen: von Militärstrategen, Teilen der ehemaligen Belegschaft des Verteidigungsministeriums und sogar von einigen pensionierten Vorsitzenden der ‘Atomenergie-Kommission’. Im Jahre 2009 enthüllte ein führendes Mitglied von Indiens ‘Defense Research and Development Organization’, dass der Ertrag der 1998 getesteten Thermonuklearanlage viel geringer sei, als erwartet worden war. Er meinte, dass das bedeute, dass Indien sich keineswegs rasch zur Unterzeichnung des Atomteststopp-Abkommens drängen lassen solle.

Der Beschluss Nr. 1172 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ruft Indien und Pakistan dazu auf, ‘sofort ihre Aufrüstungsprogramme, die Bewaffnung und die Stationierung von Atomwaffen zu beenden; ebenso die Entwicklung von Raketengeschossen, die fähig seien, Atomwaffen zu transportieren und auch die Erzeugung jeglichen spaltbaren Materials für Atomwaffen’. Dennoch treiben beide Länder ihre Atomprogramme weiter voran und ignorieren Forderungen nach Beendigung ihrer Atom- und Raketenpläne. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob die Ausfuhr von Uran zur weiteren Herstellung von Kernspaltungs-Material verwendet wird. Dass Indien und Pakistan solche Aktivitäten beenden, scheint in absehbarer Zeit aus politischen Gründen unwahrscheinlich zu sein. Eine große Nachfrage nach Uran gibt es in Indien im Bereich der Seestreitkräfte. Das Land ist gerade dabei, sein erstes nukleares U-Boot in Betreib zu setzen. Einem Bericht zufolge steht ein weiteres U-Boot namens Arihant bereit; ein drittes wird gerade gebaut. Es heißt, diese U-Boote seien dazu konstruiert, bis zu 12 Raketengeschosse mit einer Reichweite von bis zu 750 Kilometern zu transportieren. Planer im Militär fordern bereits Mindestreichweiten von 3500 bis 5000 Kilometern. Der erste Test eines von einem U-Boot abgefeuerten Raketengeschoßes mit 3000 km Reichweite wurde letztes Jahr bereits durchgeführt. Im Februar dieses Jahres genehmigte die Regierung den Bau von sechs solchen atomar betriebenen Kampf-U-Booten. Um diese U-Boote zu betreiben, errichtet Indien gerade eine neue Uran-Zentrifuge (wobei betroffene Bewohner im Umkreis der Baustelle von ihren Grundstücken vertrieben werden), um seine Anreicherungskapazitäten signifikant auszuweiten. Um diese Pläne umzusetzen, werden große Mengen an Plutonium und angereichertem Uran notwendig sein; es ist also kaum vorstellbar, dass Indien in gutem Glauben, einem Abkommen zum Verbot von ihrer Herstellung zustimmen würde.

Man sollte sich auch bezüglich des Risikos schwerer Unfälle in indischen Atomanlagen Sorgen machen. Die meisten Werke des Landes waren bereits von kleineren oder größeren Unfällen betroffen. Zum Glück führte bisher keiner zu einer Katastrophe. Aber viele Unfälle entstanden dadurch, dass immer wiederkehrende Probleme und Warnungen übersehen wurden. Beunruhigend ist auch die Tatsache, dass der jüngste in Betrieb genommene Reaktor Koodankulam-I, das russische Modell eines Leichtwasser-Reaktors, seit seinem Start eine durchaus problematische Bilanz in Bezug auf Verlässlichkeit des Betriebes aufweist. Sicherheitsfragen standen im Zentrum eines intensiven lokalen Widerstandes gegen Atomkraftwerke in vielen Teilen Indiens.

Ein weiteres Problem, das durch den JSCOT-Bericht hervorgehoben wurde, ist die Tatsache, dass es keine unabhängige Regulatorbehörde gibt. In den vergangenen Jahren haben zwei indische Regierungsparteien eine Trennung zwischen Regulierung und der zu regulierenden Industrie vorgeschlagen, aber bislang ohne Erfolg. Dies war kein Zufall, sondern eine bewusste Entscheidung der Atomkraft-Lobby, die ihren Einfluss schon seit Jahrzehnten ausübt, mit Erfolg….. Der Versuch, im Zusammenhang mit dem Unfall in Fukushima und als Antwort auf verbreitete Sorgen deswegen, das Regulationssystem neu zu strukturieren, gelang aufgrund verschiedener Schwachpunkte nicht. Unter anderem auch deswegen, weil zur Bestellung der Mitglieder des entsprechenden Gremiums die führenden Vertreter des atomaren Establishments zu Rate gezogen worden waren.



Wenn man sich all dies vor Augen führt: die katastrophalen Auswirkungen eines möglichen atomaren Unfalls in Indien, oder der Einsatz von Atomwaffen, dann sieht man ein, dass die sofortige Beendigung der Produktion von Material zur Kernspaltung dringend nötig ist – ebenso wie die Verbesserung des Sicherheitsstandards und die Regulierung bei Atomkraftwerken.

Die Empfehlungen des ‘Joint Standing’- Komitees sind die geringfügigsten Vorsichtsmaßnahmen, bevor es zu einer Ausfuhr von Uran kommen kann. Die Frage bleibt: Wird die australische Regierung ihrer Verantwortung nachkommen?

Von M.V.Ramana, Programm für Wissenschaft und globale Sicherheit der Universität von Princeton, USA



Mehr dazu: www.aph.gov.au/Parliamentary_Business

Übersetzung und Bearbeitung aus dem Englischen: Ina Conneally, Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /