©  Krisztian Juhasz / Fischer, Seitinger & Plank  in Bruck an der Mur
© Krisztian Juhasz / Fischer, Seitinger & Plank in Bruck an der Mur

Die österreichische Energiewende braucht eine Strategie

Der österreichischer Biomasse-Verband feiert 20. Jubiläum und zeigt die Ausbaupotenziale auf

Bruck an der Mur - "Die Bioenergiebranche sichert aktuell in Österreich 19.500 Arbeitsplätze - vorwiegend im ländlichen Raum - und ist, mit einem Umsatz von rund 3 Milliarden Euro pro Jahr, auch zu einem unverzichtbaren Wirtschaftsfaktor geworden", freute sich Landesrat Johann Seitinger, anlässlich des 19. Biomassetages in Bruck an der Mur und gratulierte herzlich zum runden Jubiläum. "Seit mittlerweile 20 Jahren setzt sich der Österreichische Biomasse-Verband für eine effiziente, ressourcenschonende und nachhaltige Nutzung der Biomasse und damit für höchste inländische Wertschöpfung ein. Denkt man an geopolitische Veränderungen, so rückt auch das Thema Versorgungssicherheit immer mehr in den Mittelpunkt. Daher gilt es, für die Biomasse auch in Zukunft ein investitionsfreundliches Regelungsumfeld zu gewährleisten." meinte Seitinger.

Josef Plank, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes, ergänzte: "Ohne eine koordinierte Strategie zum Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung, zum Ausbau der erneuerbaren Energie und zur Reduktion des Energieverbrauchs sowie von Treibhausgasen kann das Projekt Energiewende nicht gelingen." Er fordert von der Bundesregierung die Erarbeitung einer Energiestrategie für Österreich mit folgenden 2030-Zielen: 60%-Anteil erneuerbarer Energien, Reduktion des Endenergieverbrauchs auf 940 PJ sowie der CO2-Emissionen um 60% im Vergleich zu 2005. Neben ordnungspolitischen Maßnahmen, wie dem sukzessiven Verbot besonders klimaschädlicher Energieträger, sowie der Forcierung des Ausbaus der Bioenergie-Nutzung wird die Einführung einer CO2-Steuer vorgeschlagen.

Energie-Musterland Schweden zeigt es uns bereits vor:

Außer im Transport und in einigen industriellen Sektoren konnten fossile Brennstoffe vor allem durch eine progressive CO2-Besteuerung seit 1991 weitgehend verdrängt werden.


Bis zu 40% Ausbaupotenzial bis 2030 vorhanden

Eine CO2-Abgabe bietet umfassende Anreize zur Senkung des Energieverbrauchs, zum effizienten Umgang mit Energie und zum forcierten Umstieg auf erneuerbare Energieträger. "Diese Maßnahme ist die einfachste, effizienteste und wirksamste Möglichkeit, fossile CO2-Emissionen zu senken und den Umstieg auf erneuerbare Energieträger zu bewerkstelligen", schilderte Plank. Zu den Prognosen: Das Umweltbundesamt hat 2015 ein Szenario erstellt, in dem nachgewiesen wurde, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 auf 940PJ reduziert werden kann; 2013 lag dieser bei 1.119 PJ. Unter diesen Voraussetzungen kann Bioenergie bis 2030 unter Ausnutzung der Potenziale 30% der benötigten Energie bereitstellen - alle Erneuerbaren 60%. Dadurch würden (bezogen auf 2005) rund 60% THG-Emissionen eingespart.

Der energetische Endverbrauch von Bioenergie hat sich in Österreich von 139PJ im Jahr 2005 um 56% auf 216PJ im Jahr 2013 erhöht. Der Wärmemarkt war 2013 mit einem Anteil von mehr als 80% das zentrale Einsatzgebiet für die Bioenergie, gefolgt von Biotreibstoffen mit 10% und der Ökostromerzeugung mit 8%. "Wenn es gelingt, die brachliegenden Rohstoffpotenziale aus der Forst- und Holzwirtschaft, der Landwirtschaft und aus dem Abfallsektor zu mobilisieren, ist eine Steigerung der Biomassenutzung um fast 40% bis 2030 möglich", ergänzte Plank. Etwa 44% des Ausbaupotenzials erschließen sich aus holzbasierten Energieträgern aus der Forstwirtschaft und Laugen. Der Rest stammt aus der Landwirtschaft und der Abfallwirtschaft sowie Kurzumtriebsflächen. Biogas könnte mit 23% des Ausbaupotenzials an Bedeutung gewinnen. Alle Prognosen können im Detail in der neuen Broschüre "Bioenergie 2030" nachgelesen werden.

Schweden machen es vor

Robert Fischer vom Schwedischen Biomasseverband zeigte den Werdegang des skandinavischen EU-Energie-Vorzeigelandes auf, denn Schweden hat seit einigen Jahren einen Anteil von über 50% an erneuerbaren Energien im Endenergieverbrauch. Bioenergie trägt dazu mit mehr als zwei Drittel der Erneuerbaren bei. Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 einen Transportsektor frei von fossilen Treibstoffen und bis 2050 einen Energiesektor basierend auf 100% erneuerbaren Energien zu schaffen. Bioenergie soll ihre schon heute starke Schlüsselrolle weiter ausbauen. Seit 1990 hat Schwedens Bruttonationaleinkommen (BNP) um 60% zugenommen, gleichzeitig wurden die THG-Emissionen um 25% gesenkt. Vor allem im Fernwärmesektor hat Schweden eine "Energiewende" vollzogen. Von 90% fossilen Brennstoffen in den 1970ern zu fast 90% nicht-fossiler Heizenergie heute. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war die Einführung der sukzessiv steigenden CO2-Steuer im Jahre 1991 mit 27 Euro/Tonne CO2eq. Heute liegt sie bei 120 Euro/Tonne. Haushalte und Dienstleistungssektoren waren von Anfang an der Steuer ausgesetzt, andere Industriesektoren genossen Reduktionen. Ab 2018 wird die volle CO2-Steuer in allen Sektoren fällig. Die große Herausforderung der Zukunft liegt im Strom- sowie Transportsektor. Die Erreichung der schwedischen Ziele scheint technisch möglich, wird aber vor allem durch EU-Richtlinien und durch derzeit niedrige Treibstoffpreise behindert. Ein wesentlicher Aspekt der Herausforderungen für den Elektrizitätssektor liegt im stark unterschiedlichen Strombedarfsprofil. "Ein Viertel der winterlichen Spitzenlast ist auf die große Anzahl von Direktstrom-und Wärmepumpenheizungen in Einfamilienhäusern zurückzuführen. Wärmepumpenheizungen verbrauchen zwar durch ihre guten Jahresarbeitszahlen jährlich wesentlich weniger Energie als Direktstromheizungen, müssen aber in den kältesten Wintertagen durch elektrische Zusatzheizungen ergänzt werden", begründete Fischer. Die aktuelle Regierung nimmt die Zukunft des Energiesystems sehr ernst und hat im März 2015 eine überparteiliche Energiekommission initiiert, deren Aufgabe es ist, eine Basis für eine breite politische Einigung über die langfristige Energiepolitik zu schaffen.

20 Jahre Österreichischer Biomasse-Verband - eine Erfolgsgeschichte

Am 20. April 1995 wird der Österreichische Biomasse-Verband als unabhängige Informations-, Diskussions- und Expertenplattform gegründet. Als Präsident fungiert Dr. Heinz Kopetz, als Geschäftsführer Prof. Dkfm. Ernst Scheiber. Nach der Gründung des Verbandes erfolgt die Ausgestaltung der ersten Ziele, die ersten Messeauftritte und Publikationen. 1999 werden unter der Leitung von Hermann Pummer Fach-Seminare für Installateure ins Leben gerufen. 2000 wird in der "Puchberger Erklärung" das Ausbauziel von 203PJ Bioenergie bis 2010 definiert. Zeitgleich wird eine großangelegte Informationskampagne zum Thema Heizen mit Holz gestartet. Mit 900 Teilnehmern wird die erste Mitteleuropäische Biomassekonferenz im Jahre 2005 in Graz ein unerwartet großer Erfolg. 2008 werden die Ausbauziele der Puchberger Erklärung erreicht und die Ziele in der Tullner Erklärung nachgeschärft. 2010 übernimmt Dr. Horst Jauschnegg den Vorsitz. 2011 werden neue Ziele für 2020 definiert und der Verband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) unter der Führung von Josef Plank ins Leben gerufen. 2012 organisieren sich mehr als 600 österreichische Anlagenbetreiber unter dem Dach des ÖBMV und gründen die Arbeitsgemeinschaft Biomasse-Nahwärme (ABINA). 2014 sprengt die Mitteleuropäische Biomassekonferenz mit mehr als 1.100 Teilnehmern alle Rekorde. Der ÖBMV startet die Werbekampagne "Gute Wärme wächst nach" im Zuge derer TV Spots und Informationsbeilagen in Qualitätszeitungen und ein umfangreiches Informationsportal im Internet erstellt werden. 2015 übernimmt Josef Plank die Präsidentschaft des Verbandes.

Umweltminister Andrä Rupprechter gratuliert: "Ich danke dem Biomasse-Verband, dass er sich aktiv in die Diskussion zu einer Neuausrichtung der Energiepolitik einbringt. Ich sehe den Biomasse-Verband als wichtigen Multiplikator um die Energiewende gemeinsam voranzutreiben und freue mich auf die weitere konstruktive Zusammenarbeit!"


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /