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Gestaltung und Rückgewinnung des öffentlichen Raums

Kleinteilige Gestaltung, Grünflächen, Wasser .. Wohnstrassen ohne Autos und mehr

Am 3.11. 2015 hielt Harald Jahn (www.tramway.at) auf Einladung der Gruppe ‘bewusst.nachhaltig’, Agenda 21 PLUS Wien Alsergrund, ein Referat zum Thema ‘Gestaltung und Rückgewinnung des öffentlichen Raums’.

Vergleiche mit Wien

Er verglich die Gestaltungen im öffentlichen Raum anhand von Beispielen in Wien (Nordbahnhof/Rudolf-Bednar-Park, historische Gestaltungen des Schwedenplatzes/Franz-Josefs-Kai, Christian-Broda-Platz, U2 Langobardenstraße/Ecke Tamariskengasse) mit Umsetzungen in anderen europäischen Städten (München -Ausführungen der Straßenbahn – Rasengleis, Freiburg Vauban im Breisgau, Paris, u.a.).

Defizite bei Gestaltungen in Wien

Im Vergleich mit Projekten in französischen Städten oder der autofreien Siedlung Vauban in Freiburg gibt es am Nordbahnhof mit dem Rudolf-Bednar-Park keine kleinteilig gestalteten Grünanlagen. Vor der Bikecity schotten sich Bewohner mit Holzwänden ab, weil sich vor ihren Fenstern ein Betonweg befindet. Am Nordbahnhof fallen breite Straßen, eine unmenschlich gestaltete Fußgängerzone, verspiegelte und somit nicht einsehbare Fensterscheiben (beim ‘Fetzenladen’), ... ins Auge.

Der Garagenaufgang am Christian-Broda-Platz ist schlecht gestaltet. Dem Platz mangelt es an Grün, Beschattung und einem Wasserspielplatz, ...

Das Umfeld der U2 Station Langobardenstraße/Ecke Tamariskengasse gleicht einer Betonwüste. Hier können sich Menschen nicht wohl fühlen.

Beispiele aus anderen Städten un Wien

Die autofreie Siedlung in Freiburg Vauban ist ein Vorbild: Autos dürfen dauerhaft nur in Garagen am Rand geparkt werden. CarSharing ist vorhanden, die Siedlung ist per Tram erschlossen. Die Straßen zwischen den Gebäuden sind Wohnstraßen ohne Gehsteige. Zwischen den Häusern gibt es Grünanlagen mit individuellen Gestaltungen (Backofen, …). Nahversorgung gibt es vor Ort, ...

In zahlreichen französischen Städten findet der Ausbau der Tram mit grünen Rasengleisen statt. Wasserspielplätze sowie Kunst findet sich in umgestalteten öffentlichen Raum. Auf gute Ausführungen und Kleinteiligkeit (Rückzugsmöglichkeiten) wurde geachtet.

In Paris wurde bzw. wird ein Bahnhof überbaut. Anstelle breiter Straßen gibt es einen einladenen Boulevard mit vielen Geschäften, Cafes und Restaurants. Es wurde auf gut gestaltete kleinteilige Strukturen und Brunnen geachtet. Die Erschließung erfolgt mit Bus und Tram. Galerien wurden als Zwischenlösung in noch nicht vermieteten Geschäften angesiedelt. Eine alte Güterhalle dient Start-Ups als Unternehmensplattform. Am Wiener Nordbahnhof hat man leider eine Halle für einen 0815 Discounter zur Verfügung gestellt bzw. in eine Parkhalle umgewandelt, …

In den Wiener Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit wurde auf optimale Nahversorgung, Grünraum, Kunst und Wasserspielplätze gesetzt.

Worauf kommt es an?

Fassaden, die Gestaltung der Straße, die Gestaltung von Plätzen und die Lenkung durch Gestaltung sollten im öffentlichen Raum Beachtung finden. Erdgeschosszonen sollten menschenfreundlich und einladend und nicht als Abstellplatz für Mistkübel, Kübel oder Räder missbraucht werden. ‘Segel’ und Arkaden können vor Hitze und Regen schützen.

Parks sollten kleinteilig und abwechslungsreich sein. Lichtspiele und Kunst im öffentlichen Raum sind auch im Sinn des Menschen.

Eine Stadt soll Möglichkeitsräume für alle Bevölkerungsschichten sowie für -gruppen in jedem Alter haben und gleichzeitig Rückzugsmöglichkeiten bieten.

Durch Neu- und Umgestaltungen in französischen Städten schafft man Abwechslungsreichtum in einzelnen Viertel und neue Identitäten. In Wien gibt es oftmals nur Einheitsbrei. Letztereres führt zu Isolation. "Verkommt Wien zu Allerweltsstadt?" "Warum sind Sehenswürdigkeiten in Paris oft auch im Neubaubereich zu finden?" so Fragen aus dem Publikum.

Diskussionen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

Von einem Platz wird erwartet, dass er sich primär für Begegnungen eignet. Zum Verweilen sollte es festes Mobiliar im Schatten von Bäumen oder bewegliche Stühle, mit denen man sich sein eigenes Plätzchen suchen kann, geben. Kunst kann zur Attraktivtät beitragen und Menschen zusammenführen. Es braucht Wasser und Grünfächen in einer Reichweite, die man anfassen oder begehen kann.

Cafes, Restaurants und Geschäfte können von guten Gestaltungen profitieren.

In der Praxis stößt man oft auf Umsetzungen, welche die Erkenntnisse vergangener Jahrzehnte zu menschenfreundlichen Gestaltung vermissen lassen. Unpersönliche Betonwüsten mit Anpflanzungen, die für niemanden mit Händen oder anderen Sinnen greifbar sind, stoßen ins Auge. Bei vielen Plätzen, die gegenwärtig umgesetzt werden, ist Grün wenig und Wasser gar nicht vorhanden. Kriterien wie geringer Pflegeaufwand und Sparen scheinen an der Tagesordnung zu stehen. Widerstandsfähige Materialien, etwas Grün, das wenig Pflege braucht, aber nutzlos ist, weil in keiner Weise greifbar. Auch darauf machte z.B. Roland Rainer schon vor Jahrzehnten aufmerksam. Gelernt hat man davon offenbar nicht.


Artikel Online geschaltet von: / wabel /