WirtschaftBlatt-Leitartikel: Die Preise müssen steigen, damit sie fallen - von Michael Laczynski

Preise für Energie lassen sich nicht in alle Ewigkeit regulieren

Die Entscheidung der chinesischen Regierung, die Preise für Benzin und Strom am Freitag überfallsartig nach oben schnalzen zu lassen, offenbart das ganze Ausmaß des Inflationsproblems. Schon die Ankündigung der Maßnahme am Vortag ließ den Rohölpreis um vier Dollar absacken. Zum Vergleich: Als Saudi-Arabien, seines Zeichens weltgrößter Ölproduzent, vor wenigen Tagen eine Ausweitung der täglichen Förderung um knapp 300.000 Barrel versprach, gab der Preis um einen mickrigen halben Dollar nach.

Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Gründe für die Preismisere liegt auf der Nachfrageseite: Viele Entwicklungsländer - allen voran China und Indien - halten die Energie- und Treibstoffpreise künstlich niedrig, um ihre Bevölkerungen bei der Stange und die Wirtschaft am Laufen zu halten. Doch wenn Strom und Sprit billig sind, steigt die Nachfrage nach Autos und Klimaanlagen. Nach Schätzungen der "Financial Times" sind jene Nationen, die ihre Energiepreise subventionieren, für ein Viertel des globalen Treibstoffverbrauchs verantwortlich - und zugleich für 100 Prozent der jüngsten Nachfragesteigerung. Im Klartext: Während Europa und ­Japan die Gürtel enger schnallen, konsumieren die Inder, Chinesen oder Venezolaner umso mehr.

Wenn zugleich das Angebot mit dem wachsenden Energiebedarf nicht Schritt hält und die Regulierung der Nachfrage über den Preis bei einem Teil der Marktteilnehmer außer Kraft gesetzt ist, müssen die Preise anderswo umso deutlicher steigen. Genau dies konnten wir zuletzt in jenen Ländern beobachten, die Preise nicht par ordre de mufti festsetzen - also auch hierzulande.

Aus dem chinesischen Beispiel ergeben sich zwei Lehren: Erstens lassen sich die Preise nicht in alle Ewigkeit regulieren - die Stützungs­maßnahmen werden teurer, je länger die Anpassung hinausgezögert wird. Und zweitens wird so eine Nachfrageblase erzeugt, die spätestens dann platzen muss, wenn das Geld für Subventionen alle ist. Daher ist der französische Vorschlag einer europaweiten Senkung der Mineralölsteuer sinnlos - das würde den Konsum nur anheizen.

An der Wahrheit führt kein Weg vorbei: Teure Energie bedeutet Wohlstandsverlust und lässt sich nicht wegzaubern. Das werden die chinesischen Verbraucher, die bis dato von der Außenwelt abgeschirmt wurden, nun am eigenen Leib erfahren. Längerfristig dürfte dann die Nachfrage nach dem Schwarzen Gold langsamer steigen, was für uns eine Entspannung an der Preisfront bedeutet. Doch damit dies passiert, müssen die Preise in China rauf.

Rückfragehinweis: WirtschaftsBlatt

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OTS0032 2008-06-23/09:14



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /